In Sachen LiebeHilfe, mein Mann will jeden Sonntag bei seiner Mutter essen
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer neuen Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die erfahrenen Psycholgen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
- In unserer ersten Folge: ein ungeliebtes Sonntagsritual bei der Schwiegermutter.
Bei meinem Partner (35 Jahre) und mir (36 Jahre) gehört das gemeinsame Mittagessen bei seiner Mutter zum Sonntagsritual. Nach zwei Jahren stört mich das zunehmend. Aber wie soll ich das ändern, ohne als die böse Schwiegertochter dazustehen?
Was mir bei Ihrer Frage als erstes durch den Kopf geht, ist die Gegenfrage: Was stört Sie an diesem Ritual?
Vielleicht kocht die Schwiegermutter nicht lecker, oder es geht bei diesen Mittagessen ziemlich langweilig zu. In beiden Fällen hätten Sie wahrscheinlich schon früher etwas gesagt, und nicht – beispielsweise - zwei Jahre lang als Vegetarierin brav Königsberger Klopse gegessen. Also geht es wahrscheinlich um etwas kniffeligeres, nämlich um einen unterschwelligen Konflikt in dem Beziehungsgefüge zwischen Ihrem Partner, seiner Mutter und Ihnen.
Und ich setze Sie bewusst an die letzte Stelle, da Sie vielleicht den Eindruck haben, in diesem Dreieck die schwächste Position einzunehmen. Bisher hatten Sie möglicherweise gehofft, dass die Situation sich bessert, wenn Sie mitspielen, doch diese Hoffnung schwindet nun.
Leseraufruf
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Ihre Sorge, als die „böse Schwiegertochter“ dazustehen, wenn Sie Ihren Unmut äußern, verweist darauf, dass Ihre Schwiegermutter in diesem Gefüge die Definitionsmacht hat. Ihre Befürchtung ist ja nicht, dass Ihr Partner Ihnen Vorwürfe macht, sondern dass Sie im Ansehen der Schwiegermutter sinken. Hier vermute ich den Ursprung Ihrer Unzufriedenheit. Sie spüren, dass Ihr Partner im Rahmen des Sonntagsrituals ein stückweit wieder in die Rolle eines Kindes seiner Mutter gegenüber gerät. Beide genießen das möglicherweise.
Die Mutter kann ihren Sohn verwöhnen, und der Sohn fühlt sich durch die Aufmerksamkeit, vielleicht auch Bewunderung der Mutter bestätigt und aufgewertet. Das passiert allerdings auf Ihre Kosten, Sie fühlen sich wie das fünfte Rad am Wagen.
Alle profitieren
Nun möchten Sie etwas an der Situation ändern. Das finde ich gut, und ich möchte Sie darin bestärken – denn letztlich können davon alle profitieren. Außerdem verlassen Sie damit die Position eines Kindes und nehmen die Situation in die Hand. Wenn Mutter und Sohn gemeinsam in alte Rollen verfallen, liegt das ja häufig daran, dass einer oder beide davor zurückscheuen, sich derzeitigen Lebensanforderungen zu stellen.
Die Anforderung an Ihre Schwiegermutter ist, ihren erwachsenen Sohn loszulassen und sich andere Lebensinhalte zu suchen. Das sagt sich leicht und kann doch ein sehr schmerzlicher Prozess sein. Das darf auch sein. Ihr Partner wiederum steht an der Schwelle dazu, sich noch mehr auf das Gesamtpaket Ihrer Liebesbeziehung einzulassen. Das Paket enthält Fragen, wie Sie beide leben möchten und was Sie jeweils von der Beziehung erwarten. Dabei werden bestimmt Konflikte aufkommen, vielleicht schon ganz konkret bei der Frage, was Sie denn sonntags unternehmen möchten, wenn Sie nicht bei der Schwiegermutter am Mittagstisch sitzen. Aber dann gibt es Konflikte zwischen Ihnen beiden, zwischen zwei Erwachsenen, die sich lieben. Da gehören sie auch hin, da können sie gelöst werden, und Ihre Partnerschaft kann daran wachsen. Also: Ran an den Mann!