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ErkältungswelleHelfen Hühnersuppe und Inhalieren? Das sagt die Wissenschaft

Lesezeit 9 Minuten
Tee trinken

Nicht zu viel erwarten: Ein heißer Tee kann bei Erkältung gut tun - ein Arzneimittel ist er eher nicht.

Köln – Milch mit Honig, Zwiebelsäckchen, Wadenwickel: Omas Geheimwaffen bei Erkältungen haben sich ins Gedächtnis eingebrannt. Doch was ist dran? Wir haben sie gemeinsam mit dem Mediziner Ralf Suhr von der Stiftung Gesundheitswissen einem Faktencheck unterzogen. Das Ziel der Stiftung ist, die Gesundheitskompetenz der Menschen in Deutschland zu stärken. Denn Studien belegen, dass das Gesundheitswissen in Deutschland im internationalen Vergleich unterentwickelt ist.

Zur Person

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Dr. med. Ralf Suhr ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen.

Dr. med. Ralf Suhr ist Mediziner und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen, die 2015 vom Verband der Privaten Krankenversicherung mit Sitz in Köln und Geschäftsstelle in Berlin gegründet wurde. (Foto: Laurence Chaperon)

Suhrs Fazit: „Es ist zwar verständlich, dass wir genau wissen wollen, mit welchen Hausmitteln wir unserem Körper etwas Gutes tun oder eben nicht, aber die wissenschaftliche Beweislage ist doch an vielen Stellen recht dünn, weshalb konkrete Empfehlungen schwierig sind.“ Was aber noch lange nicht heißt, dass Milch mit Honig oder Hühnersuppe wirkungslos sind. Gut ist, was hilft und Linderung verschafft. Aber Obacht, tritt nach einigen Tagen keine Besserung ein, sollte zwingend ein Arzt aufgesucht werden, um abzuklären, ob es sich „nur“ um eine Erkältung oder eine echte Grippe handelt.

Wadenwickel bei Fieber

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Mit unserer Serie „Gesund durchs Jahr“ legen wir den Schwerpunkt ganz auf Ihre Gesundheit. Jeden Monat gibt es dazu ein Schwerpunktthema, zu dem jede Woche ein neuer Artikel erscheint. Im Oktober geht es um Erkältungskrankheiten und Grippe.

Bei Erkältungen kann es zu erhöhter Temperatur kommen – Fieber ist eine normale Reaktion im Heilungsprozess. Wenn man unter der hohen Temperatur leidet, können Wadenwickel die Hitze senken, sie beruhen auf dem Prinzip der Verdunstungskälte: Der Körper gibt mit ihrer Hilfe mehr Wärme ab, wodurch das Fieber leicht gesenkt wird. „Wickel sollten aber nicht bei kalten Füßen oder Beinen, bei Schüttelfrost oder wenn man friert angewandt werden“, rät Suhr. Auch bei Harnwegsinfektionen und Durchblutungsstörungen sind die Wickel tabu. Einen wissenschaftlichen Nachweis über die Wirkung der Wickel gibt es laut Suhr bisher nicht.

Hausmittel bei Erkältungen: So geht's

Der perfekte Wadenwickel

Achtung: Für einen Wadenwickel müssen Hände und Füße warm sein. Wenn man sich kalt anfühlt oder friert, sind Wickel tabu.

Das braucht's: Eine Schüssel mit lauwarmem Wasser (die Temperatur sollte etwa zehn Grad unter der Körpertem,eperatur liegen), 4 Stofftücher (2 Geschirrtücher aus Baumwolle, 2 große Frotteehandtücher), Apfelessig

So geht's: 1 Glas Apfelessig ins Wasser mischen, für jedes Bein ein Geschirrhandtuch ins Wasser tunken und leicht auswringen. Beide Unterschenkel mit je einem feuchten Tuch straff und faltenfrei umwickeln - vom Knöchel bis zur Kniekehle. Anschließend jeweils ein trockenes Tuch um das nasse legen. Ein Handtuch als Unterlage verhindert, dass Sofa oder Bett nass werden. Die innere Schicht des Wickels wechseln, wenn sie sich körperwarm anfühlt.

Ohrsäckchen mit Kamille

1. 3-4 Esslöffel getrocknete Kamillenblüten auf ein Stück Gaze (Verbandsstoff) oder dünnes Stofftaschentuch geben.

2. Das Stofftuch mit den Kamillenblüten zu einem quadratischen Päckchen falten. Es sollte so groß sein, dass das Ohr vollständig bedeckt wird.

3. Einen Kochtopf zwei, drei Finger breit mit Wasser befüllen und erhitzen, bis es zu dampfenbeginnt. Dann das Kamillenpäckchen in ein Küchensieb geben und etwa fünf Minuten über dem Wasserdampf erwärmen.

4. Das Kamillesäckchen auf das Ohr legen und mit Watte oder Wolle bedecken. Das Ganze mit einer Mütze, einem Schal oder Stirnband befestigen. Dabei sollte man den Kopf auf die Seite betten, damit der Wickel nicht verrutscht. Wenn das Wärmegefühl nachgelassen hat, sollte die Kompresse wieder entfernt werden und das Ohr noch für ein, zwei Stunden warm abgedeckt bleiben.

Richtig gewickelt bei Halsschmerzen

Das braucht's: Eine Schüssel mit 45 Grad warmem Wasser, ein Leinen-/Baumwolltuch (Geschirrtuch) mit mindestens doppelter Halsbreite sowie ein Handtuch (Frottee) und einen Schal

So geht's: Das Tuch ins Wasser und es dann auswringen, dass es noch nass ist, aber nicht mehr tropft. Das Innentuch anschließend so einschlagen, dass es ungefähr handbreit ist, dann möglichst Faltenfrei um den Hals legen. Nun das Handtuch über das Innentuch legen, so dass es das Innentuch oben und unten überdeckt. Das Handtuch mit Verbandsklammern oder Pflasterstreifen befestigen. Abschließend den Schal um den Wickel schlingen und rund 30 Minuten tragen - am besten im Liegen und mit warmgehaltenen Füßen.

Mit Dampf und Salz inhalieren

1. Befüllen Sie einen Kochtopf mit 1,5 Liter Wasser und bringen Sie es zum Kochen. Lassen Sie das Wasser dann auf 45 Grad Celsius abkühlen, damit keine Verbrühungsgefahr besteht.

3. Füllen Sie das Wasser in eine große Schüssel ohne scharfen Rand.

4. Geben Sie drei gestrichene Teelöffel Salz hinzu. So erreichen Sie das optimale Verhältnis von 9 Gramm Salz pro Liter.

5. Beugen Sie sich mit dem Gesicht über die Schüssel und legen ein Handtuch über den Kopf, dass der Dampf nicht entweichen kann. Atmen Sie ruhig ein und aus für zehn bis 20 Minuten. Wiederholen Sie die Inhalation drei Mal täglich, morgens, mittags, abends.

Hühnersuppe gegen die Erkältung

Man könnte schwören, die Überlieferung der Hühnersuppe als Wundermittel gegen Erkältungen sei Jahrtausende alt – und wahr. Doch ist sie mehr als köstlich und wärmend? „Wir empfinden Hühnersuppe bei Erkältungen als wohltuend, weil sich durch die Wärme die Blutgefäße weiten und das Gewebe besser durchblutet wird“, sagt Suhr. Außerdem liefere sie wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink und Cystein, das Schleimhäute abschwellen und Entzündungen hemmen soll. Studien an der Universität von Nebraska haben gezeigt, dass Hühnersuppe bestimmte weiße Blutkörperchen, so genannte Neutrophile, blockiert, die für Entzündungsprozesse verantwortlich sind und bei Virusinfektionen und grippalen Infekten freigesetzt werden.

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Viele Menschen schwören auf Hühnersuppe bei Erkältungen. Hilft sie wirklich?

„Die Effekte der Kraftbrühe wurden allerdings nur im Reagenzglas, nicht am Menschen, getestet“, räumt Suhr ein. Die Ergebnisse der Labortests lieferten zwar Anhaltspunkte für eine antientzündliche Wirkung, Belege für die Wirksamkeit der Suppe beim Menschen gebe es aber nicht. Ernährungswissenschaftler geben zudem zu bedenken: Die Suppe ist ein heterogener Mix aus verschiedenem Gemüse, Fett und Hühnerfleisch, der es kaum ermöglicht, nachzuweisen, welche Wirkung die verschiedenen Komponenten auf die Immunabwehr haben.

Wunderwaffe Vitamin C

Vitamin C ist ein sogenanntes Antioxidans, das freie Radikale, die bei einer Aktivierung des Immunsystems vermehrt gebildet werden, bekämpfen soll. Es war der zweifache Nobelpreisträger und Chemiker Linus Pauling, der in den 70er Jahren für Vitamin C als Allheilmittel warb. Inzwischen ist aber bekannt, dass eine Erkältung durch die Einnahme von Vitamin C in der Regel nicht besser wird. Eine „Cochrane“-Übersichtsarbeit (Review) aus dem Jahr 2010 hat gezeigt: Die vorbeugende Einnahme von mindestens 0,2 Gramm Vitamin C pro Tag führt im Allgemeinen nicht zu einem Rückgang von Erkältungen. Aber sie verlaufen milder und sind auch schneller vorbei. Ob Vitamin C etwas ausrichten kann, wenn man bereits erkältet ist, konnte nicht nachgewiesen werden. Cochrane ist ein internationales Netzwerk, das in seinen Reviews die wissenschaftliche Faktenlage zu einer konkreten Fragestellung aus der Medizin zusammenstellt – frei von kommerziellen Interessen.

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Heiße Milch mit Honig

Honig zählt zu den ältesten Hausmitteln bei Husten. „Die wissenschaftlichen Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit von 2020 weisen darauf hin, dass Honig tatsächlich bei akutem Husten helfen kann“, sagt Suhr. Die Wissenschaftler hatten 14 Studien analysiert, die die Wirkung von Honig, Placebos und Standardmedikamenten, wie Hustenlöser und –stiller untersuchten. Sie kamen zu dem Schluss, dass Honig bei Husten und Erkältungen besser wirkt als die Standardbehandlung. Nicht untersucht wurde dabei, ob das auch in Kombination mit Milch gilt. Suhr warnt: „Kinder unter einem Jahr dürfen keinen Honig zu sich nehmen. Denn er kann Bakterien enthalten, die schlimmstenfalls mit Lähmungen verbundene Vergiftungserscheinungen auslösen können.“

Kamillesäckchen für die Ohren

„Warme Ohrenwickel mit Kamillenblüten werden von vielen Menschen als schmerzlindernd empfunden“, bestätigt Suhr. Nach der Anwendung sollte man aber darauf achten, das Ohr weiter warmzuhalten. Einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis zu diesem Hausmittel gebe es bisher nicht.

Feucht-warme Wickel bei Halsschmerzen

Ein feucht-warmer Halswickel soll die Durchblutung ankurbeln und so den Heilungsprozess bei Halsschmerzen und Heiserkeit unterstützen. Suhr: „Er ist vor allem dann empfehlenswert, wenn die Entzündung schon etwas länger andauert.“ Bei akuter Halsentzündung mit starken Schmerzen könne auch ein kalter Halswickel Linderung bringen. Aber auch hier konnte laut Suhr eine systematische Recherche keine Studien zum Thema identifizieren. „Daher kann keine wissenschaftlich fundierte Aussage getroffen werden, ob dieses Hausmittel Halsschmerzen oder Erkältungssymptome lindern kann.“

Gurgeln bei Halsschmerzen

Wenn man bei einer Entzündung im Rachen Halsschmerzen hat, sind in der Regel die Schleimhäute ausgetrocknet. Eine althergebrachte Methode ist das Gurgeln mit Salzwasser, Salbei- oder Kamillentee, denn Salz und Kamille wird eine desinfizierende und entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. „Allerdings hat sich bei wissenschaftlichen Analysen herausgestellt, dass die Wirkstoffe beim Gurgeln nur die Oberfläche der Schleimhaut erreichen. Die Entzündung in den tieferen Regionen bleibt davon unberührt“, sagt Suhr. Zudem gebe es keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege, dass Gurgeln gegen Halsentzündungen wirkt. Die Schmerzen, also die Symptome der Entzündung, könnten durch Gurgeln aber möglicherweise gelindert werden.

Nasenduschen bei Schnupfen

Salzwasser-Duschen und auch –Sprays sollen die Symptome bei Infektionen in Hals, Nase und Nebenhöhlen lindern. Suhr: „Eine Studie zeigte tatsächlich, dass Nasenspülungen einen leicht positiven Effekt haben können.“ Allerdings sei die Aussagekraft wegen Mängeln bei der Planung und Durchführung eingeschränkt. Deshalb lässt sich auch hier keine Empfehlung für oder gegen eine Nasenspülung aussprechen. Suhrs Rat: „Um zu verhindern, dass die Schleimhaut durch die Nasendusche geschädigt wird, sollte sie maximal eine Woche lang eingesetzt werden.“ Bei stark entzündeten und vereiterten Nasennebenhöhlen sind Nasenspülungen tabu, da wegen geschwollenen Schleimhäuten die Gefahr besteht, dass die Kochsalzlösung nicht mehr richtig abfließen kann.

Dämpfe inhalieren

Das Inhalieren von heißem Wasserdampf mit oder ohne Salz und Kamille befeuchtet die Schleimhaut in den Atemwegen und soll den Schleim verflüssigen und Erkältungsviren außer Kraft setzen. Damit unterstützt die Methode die natürliche Reinigungsfunktion der Schleimhaut, die bei der Abwehr von Krankheitserregern eine wichtige Rolle spielt. „Studien haben aber gezeigt, dass sich die Erkältungssymptome weder mit einer Inhalation per Gerät noch über dem Wasserbad wesentlich verbessert haben“, sagt Suhr.

Inhalieren

Inhalieren mit ätherischen Ölen ist nichts für Kinder. 

Ob Inhalieren mit Zusatzstoffen wie Salz oder Kamille effektiver ist, sei bisher noch nicht systematisch erforscht. „Für Kinder ist eine klassische Dampfinhalation über dem Wasserbad aufgrund der Verbrühungsgefahr nicht geeignet. Außerdem dürfen bei ihnen Zusätze von Mitteln, die ätherische Öle enthalten, nicht verwendet werden. Sie können zu schweren Atemproblemen führen“, warnt Suhr. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte empfiehlt Düsen- oder Ultraschallvernebler.

Knoblauch beugt Erkältungen vor

Knoblauch soll vor Vampiren schützen, und wenn es nach der Oma geht, auch vor Erkältungen, wegen der darin enthaltenen Antioxidantien. Wer täglich eine rohe Zehe esse, Knoblauch im heißen Wasser trinke oder Knoblauchtabletten verzehre, würde Erkältungen vorbeugen, denn der Knolle werden antibakterielle und antivirale Eigenschaften zugeschrieben. Doch laut einer Cochrane-Analyse existiert bislang nur eine einzige Studie, deren Qualität ausreichend sei und die eine vorbeugende Wirkung einer dreimonatigen Behandlung mit Allicin-, also Knoblauchtabletten belege.