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Kölner Mediziner klärt aufLaut Studie erkranken mehr Jüngere  – was man über Darmkrebs wissen sollte

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mitarbeiter zeigt im Institut der Pathologie der Universitätsklinik Charité in Berlin an einem Computerbildschirm auf eine Darstellung einer eingescannten Probe eines Stück Gewebes aus dem Dickdarm, das bei einer Operation entnommenen wurde. (Symbolbild)

Kaum eine andere Krebsart kann bei Untersuchungen so einfach identifiziert werden wie der Darmkrebs. (Symbolbild)

Darmkrebs ist eine der am häufigsten Krebsarten. Ein Kölner Chirurg beantwortet die wichtigsten Fragen zu Vorsorge und Behandlung der Krankheit.

Laut einer neuen Studie nimmt in verschiedenen europäischen Ländern die Zahl der Darmkrebserkrankungen unter jungen Menschen zu. Auch die Sterberate unter den 25- bis 49-Jährigen ist zuletzt gestiegen. Eine besorgniserregende Nachricht, die wir uns von Dr. Sebastian Twirdy einordnen lassen. Er ist leitender Oberarzt in der allgemeinen Chirurgie des Cellitinnen-Krankenhaus St. Franziskus in Köln-Ehrenfeld. Er ist spezialisiert auf chirurgische Eingriffe im Darm und koordiniert das Darmkrebszentrum der Klinik.

Wie verbreitet ist Darmkrebs in Deutschland?

Porträt von Dr. Sebastian Twyrdy. (Archivbild)

Dr. Sebastian Twyrdy ist auf die Behandlung von Darmkrebs spezialisiert.

„Wir verzeichnen in Deutschland pro Jahr etwa 60.000 Neuerkrankungen mit Darmkrebs“, erklärt Twyrdy. Eine enorme Zahl, mit der der Darmkrebs zu den am weitesten verbreiteten Krebsarten gehört. „Wir messen das aufgeteilt nach Geschlechtern. Bei den Frauen ist der Darmkrebs hinter dem Brustkrebs an zweiter Stelle. Bei den Männern belegt er nach Prostata- und Lungenkrebs Platz drei.“ Der Chirurg selbst führt pro Jahr 60 bis 80 operative Eingriffe wegen Darmkrebs durch.

Wer erkrankt an Darmkrebs?

Grundsätzlich lassen sich laut Sebastian Twyrdy zwei unterschiedliche Typen von Darmkrebs-Erkrankten unterscheiden. Bei einer sehr kleinen Gruppe Menschen ist die Erkrankung auf das Erbgut zurückzuführen: „Fünf Prozent sind mit einem genetischen Defekt verbunden.“ Wenn das betroffene Gen aktiv in Erscheinung tritt, könne eine Darmkrebserkrankung bereits in jungem Alter auftreten. Der verantwortliche Gendefekt werde außerdem in der Familie weitergegeben. Wenn also ein noch junger Verwandter an Darmkrebs erkrankt, sollten die Familienmitglieder rechtzeitig alle Vorsorgetermine wahrnehmen.

Die meisten Darmkrebserkrankungen treten aber ohne genetischen Defekt und im fortgeschrittenen Alter auf: „Wenn man in der Familie kein genetisches Risiko trägt, dann ist die Wahrscheinlichkeit von Darmkrebs vor dem 50. Lebensjahr wirklich sehr gering“, sagt der Chirurg.

Was sind Risikofaktoren und wie kann ich diese reduzieren?

Die kürzlich veröffentlichte Studie zeigt jedoch, dass auch bei Menschen unter 50 Darmkrebs immer öfter vorkommt. Mediziner Twyrdy sagt: „Junge Menschen machen etwa fünf bis zehn Prozent der Erkrankten aus.“ Tendenziell stiegen die Zahlen in den letzten Jahre an. Woran das liegt, können Experten aber noch nicht abschließend sagen.

Klar sei laut Twyrdy jedoch, dass neben Gendefekt und Alter auch die eigene Lebensweise die Gefahr erhöhen kann, an Darmkrebs zu erkranken. Risikofaktoren sind zum Beispiel Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, Übergewicht. Eine fleischreiche Ernährung vor allem mit Rindfleisch und zu wenig Ballaststoffen könne die Entstehung von Darmkrebs begünstigen. In Weltregionen wie Ostasien, wo Menschen sich tendenziell anders ernähren, treten Darmkrebserkrankungen wesentlich seltener auf.

Wie entsteht Darmkrebs?

„Zu 95 Prozent entwickelt sich der Darmkrebs aus den sogenannten Polypen.“ Dabei handele es sich um Gewebeansammlungen, die sich im Inneren des Darms aus der Darmschleimhaut herausbilden. Polypen seien bei ihrer Bildung extrem klein, könnten aber auf bis zu fünf Millimeter anwachsen. Was genau die Polypenbildung hervorruft, wird laut Twyrdy noch immer erforscht. Aus jedem einzelnen Polypen entwickele sich aber „mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit“ ein bösartiger Tumor und damit eine Darmkrebserkrankung. Wie lange das dauert, sei lediglich eine Frage der Zeit. Zumeist gehe es um mehrere Jahre.

Wie kann man Darmkrebs frühzeitig erkennen?

Von außen sieht man einem Menschen nicht an, dass sich in seinem Körper ein Tumor bildet. Und auch der Erkrankte selbst wird das nicht bemerken: „Am Anfang gibt es erstmal gar keine Beschwerden. Was sein kann ist, dass ein Polyp blutet.“ Das zeige sich durch Blut im Stuhl. Allerdings könne das auch ein Zeichen für einen bereits entwickelten bösartigen Tumor sein.

Die beste Chance, frühzeitig herauszufinden, ob sich im eigenen Darm Polypen bilden, sei daher, zur Vorsorge zu gehen. Die Standardmethode lautet Darmspiegelung (Koloskopie). Bei dieser wird ein etwa fingerdicker, biegsamer Schlauch mit einer kleinen Kamera über den After in den Enddarm eingeführt. Dieses Koloskop wird dann durch den gesamten Dickdarm vorgeschoben. Über einen Bildschirm kann der Arzt oder die Ärztin sehen, ob sich an der Darmwand Polypen bilden. Keine schöne Vorstellung, aber in den letzten Jahren haben sich verschiedene neue Techniken verbreitet, die die Darmspiegelung weniger unangenehm machen. Auch eine Kurznarkose sei mittlerweile möglich.

Bei Darmkrebs in der Familie übernimmt die Krankenkasse die Vorsorge altersunabhängig

Die Alternative zur Darmspiegelung sind Tests auf Blutspuren im Stuhl. Diese Spuren sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Laboruntersuchungen können sie aber sichtbar machen. Ab dem 50. Lebensjahr können Männer wählen: Ihre Krankenkasse zahlt entweder einen jährlichen Test des Stuhls oder zwei Darmspiegelungen, die in einem Abstand von mindestens zehn Jahren stattfinden müssen. Frauen können ab 50 Jahren erstmal nur einen jährlichen Test des Stuhls in Anspruch nehmen. Ab 55 Jahren übernimmt die Krankenkasse auch bei ihnen einen jährlichen Test des Stuhls oder zwei Darmspiegelungen in einem Abstand von mindestens zehn Jahren.

Wer Darmkrebserkrankungen in der Familie hat, kann die Vorsorge altersunabhängig von der Krankenkasse übernehmen lassen. Menschen, die ernsthafte Symptome einer Darmkrebserkrankung zeigen, können und sollten aber ohne Sorge um die Finanzierung jederzeit zum Arzt gehen, sagt Twyrdy: „Bauchschmerzen oder Blut im Stuhl sind jeweils ein guter Grund zur Darmspiegelung zu gehen und das wird dann auch altersunabhängig übernommen.“ Wer unter 50 Jahren alt ist, keine Darmkrebsfälle in der Familie hat und auch keine Symptome zeigt, muss die Vorsorge selbst bezahlen. Eine Darmspiegelung kostet zwischen 300 und 450 Euro, wobei noch zusätzliche Kosten für Laboruntersuchung und Anästhesie anfallen können.

Wie kann man Darmkrebs behandeln?

Werden Polypen bei der Darmspiegelung entdeckt, können diese direkt bei der Untersuchung entfernt werden. Das ist der große Vorteil der Darmspiegelung, erklärt Sebastian Twyrdy. Wenn sich bereits ein fortgeschrittener Tumor gebildet hat, ist in den allermeisten Fällen eine Operation am Darm unumgänglich. Auch eine Chemotherapie könne sinnvoll sein, sei alleine aber selten erfolgversprechend.

Wie groß die Heilungschancen sind, hänge stark von der Größe des Tumors ab. Weil mittlerweile mehr Menschen zur Darmkrebsvorsorge gehen, gelinge es, mehr Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und damit auch erfolgreich zu behandeln. Der Appell von Twyrdy ist daher eindeutig. Alle, die zur Altersgruppe Ü50 gehören, sollten zur Darmkrebsvorsorge gehen: „Jede Krebserkrankung, die gar nicht erst auftritt, ist die beste.“