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Eine Frage von WochenWann wir mit einem Mittel gegen Corona rechnen können

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Das Robert-Koch-Institut rechnet damit, dass es schon bald ein Medikament gegen das Coronavirus gibt.

  1. Das Robert-Koch-Institut rechnet damit, dass es schon bald ein Medikament gegen das Coronavirus gibt.
  2. Aktuell wird es in einer großen Studie getestet. Ende April sollen erste Ergebnisse vorliegen.
  3. HIV-Pillen, gezähmte Viren und Malariamittel – welche Medikamente und Impfstoffe die Hoffnungsträger gegen die Epidemie sind

Köln – Patient Null hatte Glück, seine Ärzte hatten die Fachliteratur aufmerksam gelesen. Als der erste Corona-Infizierte der USA eine Lungenentzündung entwickelte, erinnerten sie sich offensichtlich an einen Fachartikel aus Wuhan. In der zentralchinesischen Stadt, in der Sars-CoV-2 vermutlich auf den Menschen übersprang, hatten Wissenschaftler wenige Wochen zuvor versucht, das Wachstum des Erregers im Labor zu hemmen.

Mittel gegen Ebola könnte helfen

Als besonders erfolgreich bei den Zellexperimenten hatte sich Remdesivir erwiesen. Ursprünglich hatte das Pharmaunternehmen Gilead Sciences die Substanz gegen Ebola-Viren entwickelt. Da es sich dort nicht bewährte, probierte man das Mittel auch gegen andere Viren aus. Und stellte fest: Waren Mäuse mit MERS, einem engen Verwandten des aktuellen Corona-Virus infiziert, schien es tatsächlich die Vermehrung zu bremsen.

Elf Tage nachdem der 35-Jährige die ersten Symptome entwickelt hatte, entschieden sich seine Ärzte in Everett, im Bundesstaat Washington, das Medikament in einem Heilversuch auch ihrem Patienten in die Vene zu infundieren. Am nächsten Tag war das Fieber weg, berichten sie in der Fachzeitung New England Journal of Medicine, inzwischen ist er geheilt entlassen.

Spätestens damit hat sich Remdesivir trotz fehlender Zulassung unter den medikamentösen Hoffnungsträgern gegen die aktuelle Epidemie eine Favoritenstellung eingehandelt. Ein einzelner gesunder Heilversuch sei allerdings noch wenig aussagekräftig, sagt Isabella Eckerle-Meyer vom Zentrum für Emerging Viral Diseases der Uniklinik Genf. „Gerade bei einer Erkrankung wie Covid-19, die in vielen Fällen mild verläuft, lässt sich schwer sagen, war es der Zufall oder das Medikament, das zu der Heilung führte.“

Ergebnisse Ende April erwartet

Eine Antwort könnten nur große, wissenschaftliche Studien liefern. Die wurden nun begonnen: Seit Anfang Februar wird das Medikament in China bei 760 Infizierten getestet. Schon Ende April sollen erste Ergebnisse vorliegen. Wahrscheinlich einer der Gründe dafür, dass das Robert-Koch-Institut am Freitag verkündete, bereits auf einen Einsatz von Medikamenten in den nächsten Wochen zu hoffen. Die werden sehnsüchtig erwartet. Denn bislang steht die Menschheit dem Erreger am Patientenbett mit mehr oder weniger leeren Händen gegenüber.

Das einzige, was die Ärzte Betroffenen bislang anbieten können, ist sogenannter Supportive Care, sprich Hilfe bei dem Versuch, selbst mit dem Erreger fertig zu werden. Das Angebot reicht von fiebersenkenden Mitteln bis zur Gabe von Sauerstoff; im Notfall kann eine sogenannte extrakorporale Membranoxygenierung als künstliche Lunge die ausgefallene echte ersetzen.

Mit Medikamenten gegen den Erreger selbst tut man sich dagegen schwer, das gilt überhaupt für Viren: Nur für zehn virale Erkrankungen sind bisher Arzneimittel zugelassen - die meisten gegen HIV. Weil die Erreger die Zellmaschine des Körpers für die eigenen Zwecke umprogrammieren, erklärt die Virologin, sei es ausgesprochen schwer, die Eindringlinge anzugreifen ohne gesunden Zellen zu schaden.

Damit bleiben nur die paar Enzyme, die das Virus selber mitbringt, um mit diesen Werkzeugen seine Nachkommen zu produzieren. Remdesivir liefert dem Viren-Enzym RNA-Polymerase zum Beispiel falsche Bausteine, so dass der Erreger sein Erbgut nicht mehr vervielfältigen kann. Kaletra, Hoffnungsträger Nummer zwei, richtet sich mit seinen zwei Wirkstoffen Lopinavir und Ritonavir gegen Proteasen. Auf diese Enzyme sind die Viren angewiesen, um während ihrer Reproduktion Eiweiße zurechtzuschneiden. Eigentlich ist die Substanz zur HIV-Therapie zugelassen, weil der Inhalt des Werkzeugschranks bei vielen Viren aber sehr ähnlich ist, soll Kaletra nun auch gegen Corona helfen.

Potentielle Heilmittel werden in mehr als 80 Studien getestet

Das Mittel hat bereits gegen SARS bewiesen, dass es in Kombination mit dem AIDS-Wirkstoff Ribavirin die Vermehrung von Mitgliedern der Familie der Corona-Viren bremsen kann . Allerdings waren das nur vorläufige Ergebnisse. Insofern könnte es sich jetzt sogar als Vorteil erweisen, dass enge Verwandte des aktuellen Erregers wie SARS und MERS die Welt schon vorher in Schrecken versetzten. Bis dahin hatte die Wissenschaft die Corona-Viren als vermeintliche Erkältungserreger völlig vernachlässigt.

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In der Molekularbiologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene der Uni Rostock werden jeden Tag mehr als 50 Proben auf das Virus Sars-CoV-2 getestet.

In insgesamt mehr als 80 Studien werden aktuell noch andere potentielle Heilmittel getestet: Dazu zählen neben Kaletra das Malariamittel Chloroquin, das sich ebenfalls in Zellkulturen bewährt hat, traditionelle chinesische Heilmittel wie die Forsythienfrucht Lian Qiao, Stammzellen oder Interferon-Botenstoffe, die zu den körpereigenen Waffen gegen Viren zählen.

Zu klären bleibt auch noch: Wann soll man die Mittel geben – und wem? Bislang sprächen die Daten dafür, dass ernsthafte Symptome erst in Woche zwei auftreten, erklärt Isabella Eckerle. Ab diesem Zeitpunkt scheint vor allem ein überreagierendes Immunsystem die Lunge anzugreifen. Das bedeutet, Anti-Viren-Mittel würden vor allem früher und damit zu einem Zeitpunkt helfen, in der die Patienten mit ihren Erkältungssymptomen schlechter zu erkennen sind.

Antikörper im Bioreaktor herstellen

Auch deshalb lässt das Pharmaunternehmen Roche nun Tocilizumab in China testen, mit dem ließen sich die Abwehrzellen wieder etwas beruhigen. Im Gespräch ist außerdem Baricitinib, ebenfalls ein Rheumamittel. Solange man noch nichts Besseres hat, steht auch die Möglichkeit im Raum, sogenanntes Convalescent plasma zu geben. Dazu würde man Überlebenden ihre Corona-Antikörper aus dem Blut filtern, um sie dann wiederum Kranken zu infundieren. Als Mittel der letzten Wahl hat sich das bereits bei SARS bewährt, und wird nun ebenfalls getestet.

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Weil man so viele Überlebende erst einmal finden muss, versucht das US-Unternehmen Regeneron solche Antikörper gleich selbst im Bioreaktor herzustellen. Gegen Ebola-Erreger hat sich das Verfahren bereits bewährt, allerdings waren die im Blut auch auch leichter zu erwischen als Corona-Viren in den Atemwegen. Aktuell bastelt das Unternehmen noch an seinen Modellen.

Mit einer Impfung ginge man solchen Problemen aus dem Weg, menschliche Abwehrzellen sind überall zu finden. Auch an dieser Front hat die Wissenschaft alle Ressourcen mobilisiert, inaktivierte Viren, DNA-Vakzine, was sich bislang bewährt hat, wird ausprobiert. Als einer der vielversprechendsten Ansätze gilt der von Gerd Sutter von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und seinen Kollegen vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung. Ursprünglich hatten die einen Impfstoff gegen den MERS-Erreger entwickelt. Auf diese Erfahrung kann man nun setzen und hat damit schon einmal ein großes Problem bei der Impfstoff-Entwicklung gelöst: Gegen welche Struktur richtet man die Vakzine?

Sutters Gruppe hat sich für den Stachel entschieden, mit dem MERS und Sars-CoV-2 an den Körperzellen andocken, das sogenannte S-Glykoprotein. In den letzten sieben Jahren haben er und seine Kollegen ein harmloses Pockenimpfvirus namens MVA mit den Bauplänen für das S-Protein ausgerüstet und es im vorletzten Jahr in Hamburg 24 jungen Menschen gespritzt. Mit Erfolg: Das Immunsystem reagierte wie gewünscht und es gab auch keine bedenklichen Nebenwirkungen. Das gleiche Verfahren ließe sich laut Sutter auch jetzt nutzen, wenn man die Gene fürs MERS-Protein gegen die für den Corona-Stachel auswechselt. Mit ähnlich rekombinanten Viren will auch das Pharmaunternehmen Sanofi sein Glück versuchen.

Am längsten dauern Studien mit Patienten

Es gibt noch zwei weitere Favoriten: Die Firma Inovio Pharmaceuticals setzt auf eine DNA-Impfung mit bloßen Erbgutstücken. Letztendlich ist der Mechanismus ähnlich wie bei Sutters Ansatz: Gesunde Zellen sollen mit der neuen Bauanleitung Corona-Proteine produzieren und durch diese vorgetäuschte Infektion das Immunsystem stimulieren. Die Firma Moderna Therapeutics ist mit einem Rekord ins Rennen eingestiegen: 42 Tage nachdem das entschlüsselte Genom von Sars-CoV-2 der Welt vorlag, hatte sie schon einen Impfstoff konstruiert. Nächsten Monat will man Freiwilligen sogenannte Messenger-RNA-Stücke spritzen. Sie sollen den Körperzellen direkt die Pläne für wirksame Antikörper liefern. Bislang sind in der Medizin aber noch keine DNA- oder RNA-Impfstoffe in Verwendung.

Mit solchen Rekorden werde man den Krieg allerdings leider nicht gewinnen, sagt Gerd Sutter. Denn mit Abstand am längsten dauern die Studien mit Patienten. Hier hat der Impfstoff gegen Ebola 2016 Bestmarken gesetzt: Innerhalb eines Jahres waren die drei Prüfphasen abgeschlossen, bis zur Zulassung zogen dann allerdings weitere drei Jahre ins Land. Zudem hat dieses Vorbild bewiesen: Früher oder später findet die Wissenschaft auch gegen den gefährlichsten Erreger ein Gegenmittel.