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Was darf in den Sarg?10 Fragen rund um Tod und Bestattung, die viele sich nicht zu stellen trauen

Lesezeit 6 Minuten
Ein Sarg mit Blumen in einem geöffneten Grab

Das Thema Tod ist für viele Menschen ein Tabu. Dabei gibt es so viele Fragen, die man besser früher als später beantworten sollte.

Was muss man als Erstes tun, wenn jemand gestorben ist? Was darf in den Sarg? Kann eine Trauerfeier bunt sein? Eine Bestatterin klärt auf.

Wenn es um den Tod geht, ist die Sprachlosigkeit groß. Viele Menschen beschäftigen sich erst mit dem Thema, wenn es sie direkt und akut betrifft. Dann aber stürzen unzählige Fragen auf einmal auf sie ein. „Viele wissen gar nicht, was sie rund ums Sterben und Bestatten tun dürfen“, sagt Trauerbegleiterin und Bestatterin Sarah Benz, „dabei gibt es so vieles, was sie entscheiden und mitgestalten können.“ Mit ihrem Buch „Sarggeschichten“ möchten sie und Co-Autorin Katrin Trommler allen Mut machen, sich aktiv mit den vielfältigen Aspekten rund um den Tod zu beschäftigen. „Wenn jemand stirbt, fühlen wir uns ohnmächtig – können wir aber etwas tun und gestalten, sind wir nicht mehr ganz so hilflos.“

Wir haben Sarah Benz ein paar ungewöhnliche Fragen rund ums Sterben gestellt, die sie im Wortlaut beantwortet:

Frage 1: Kann man erkennen, dass ein Mensch bald stirbt?

Ich begleite oftmals Sterbende oder deren Zugehörige*, wenn Menschen schon vor dem Tod mit mir Kontakt aufnehmen, und bekomme mit, dass manche viel länger leben, als sie erwartet haben. Andere glauben, sie hätten noch Monate und dann geht es plötzlich ganz schnell. Manchmal werden Sterbende auch ein, zwei Tage vorher noch einmal ganz wach, als ginge es ihnen besser – und dann sterben sie. Der Tod lässt sich eben nicht kontrollieren. Es kann allerdings körperliche Anzeichen geben, dass er nahe ist, zum Beispiel stellt sich zum Schluss eine bestimmte Atmung ein und die Extremitäten werden etwas blasser, weil die Durchblutung sich in die Mitte des Körpers zurückzieht.

*Statt des Begriffs „Angehörige“, mit dem nur Blutsverwandte und angeheiratete Verwandte gemeint sind, verwende ich hier den Begriff „Zugehörige“, um alle Menschen einzuschließen, für die diese Person wichtig war, also auch Freunde und Freundinnen oder eine Wahlfamilie.

Frage 2: Wenn jemand im Sterben liegt – sollte man offen darüber sprechen?

Hat jemand das Bedürfnis, darüber zu sprechen, sollte das ernst genommen werden. Ich finde es sinnvoll, einen bewussten Abschiedsprozess zu gestalten und noch Dinge sagen zu können, die einem auf dem Herzen liegen. Ein solches Gespräch lässt sich aber niemandem aufzwingen. Menschen haben auch ein Recht darauf, etwas ruhen zu lassen oder eine Situation zu verdrängen, selbst wenn es für das Gegenüber schwierig sein kann.

Sarah Benz (l.) und Katrin Trommler, die Autorinnen des Buches „Sarggeschichten“

Sarah Benz (l., mit Co-Autorin Katrin Trommler) arbeitet als Bestatterin, Trauerbegleiterin, Notfallseelsorgerin und Dozentin. Sie gründete 2015 das Filmprojekt „Sarggeschichten“ und setzt sich für mehr Selbstbestimmung in der Abschied- und Trauerkultur ein.

Frage 3: Was muss man als Erstes tun, wenn jemand zu Hause gestorben ist?

War es ein normaler absehbarer Tod, müssen Zugehörige erst einmal gar nichts machen. Sie dürfen dort sitzen, erstmal durchatmen, wahrnehmen, was passiert ist und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Wenn sie wollen, können sie den toten Menschen anfassen und streicheln. Es ist wichtig, zwischendurch mal etwas zu trinken, damit ihr Kreislauf nicht absackt.

In den ersten Stunden nach dem Tod sollte man dann den behandelnden Palliativ- oder Hausarzt anrufen, damit der Totenschein ausgestellt wird. Falls man vorher noch kein Bestattungsunternehmen ausgewählt hat, sollte man sich überlegen, welches infrage kommt und dieses kontaktieren. Danach haben Zugehörige noch Zeit. Je nach Bundesland muss der Verstorbene in den ersten 24 bis 48 Stunden abgeholt werden. Der genaue Abholzeitpunkt lässt sich mit den Bestattenden vereinbaren. Die Zugehörigen haben das Recht, zu bestimmen, wann sie bereit sind, den Verstorbenen herzugeben.

Frage 4: Wie versorgt man den Körper eines gerade verstorbenen Menschen?

Man kann den Verstorbenen mit einer dünnen Decke zudecken. Wenn die Augen nicht ganz zu sind und man sie schließen möchte, kann man das vorsichtig mit der Hand oder mit einem Wattebausch mit warmem Wasser tun. In unserem Buch zeigen wir auf vielen Bildern, was man bei einer Totenfürsorge alles machen kann. Wenn sie möchten, dürfen Zugehörige den verstorbenen Menschen selbst waschen oder anziehen. Das sollte aber in den ersten fünf, sechs Stunden nach dem Tod geschehen, bevor die Totenstarre eingetreten ist. Diese zu spüren, kann hilfreich sein für die Zugehörigen, weil sie besser begreifen können, dass der Mensch gestorben ist.

Frage 5: Wie (lange) können Trauernde Abschied nehmen?

Wenn die tote Person nicht mehr zu Hause sein kann, ist es möglich, sie im Bestattungsinstitut, in einer Kapelle oder in einem kommunalen Raum noch einmal aufzubahren, damit Zugehörige kommen und Abschied nehmen können. Bei einer solchen Abschiednahme kann es verschiedene Rituale geben. Man kann einfach Zeit verbringen, noch etwas sagen, was wichtig ist oder etwas in den Sarg legen. Manche schneiden etwa eine Haarsträhne des Toten ab oder nehmen einen Handabdruck. Den kann man einfach mit Stempelfarbe und einem Blatt Papier machen.

Frage 6: Hilft es Angehörigen, den verstorbenen Menschen noch einmal zu sehen?

Meiner Erfahrung nach, ja. Das Sehen, Zuwenden und Versorgen kann hilfreich sein für den weiteren Trauerprozess. Es gibt aber auch Menschen, die das nicht wollen und das sollte man akzeptieren.

Frage 7: Was darf mit in den Sarg gelegt werden?

Bei einer Erdbestattung dürfen nur Dinge hinein, die verrotten können. Bei Feuerbestattungen sind Schuhe mit dicken Sohlen, Lederjacken oder Flaschen schwierig. Erlaubt sind aber viele andere Dinge, zum Beispiel Bilder, Briefe, Kuscheltiere, Holzschatullen oder Schlagzeugstöcke. Viele geben ihren Verstorbenen auch Essen mit in den Sarg, sozusagen für den Weg. Ich hatte schon einmal eine Frau, die ihrem Mann seinen Lieblings-Naschbeutel hineingelegt hat.

Frage 8: Darf man die Urne eines Verstorbenen auf den Kamin stellen oder im Garten vergraben?

Nein, das ist in Deutschland verboten. Es gibt zum einen die Friedhofspflicht: Särge oder Urnen müssen auf einem Friedhof oder in einem Friedwald beziehungsweise in der See bestattet werden. Zum anderen ist es gesetzlich untersagt, die Asche aufzuteilen.

Frage 9: Kann eine Trauerfeier auch bunt und laut sein?

Natürlich! Wichtig ist, dass der Abschied zum verstorbenen Menschen passt und nicht einfach nur ein Schema abgearbeitet wird, weil Trauerfeiern angeblich so ablaufen sollten. Zugehörige sollten genau überlegen, wie sie eine Trauerfeier gestalten wollen. So vieles ist möglich. Ich habe schon unheimlich schöne Beerdigungen erlebt, bei denen Urnen farbig bemalt und Klamotten bunt waren, berührende Reden gehalten und Seifenblasen gepustet wurden, Kinder schief Musik gemacht oder Zugehörige gejodelt haben. Es muss auch nicht immer Erde auf Sarg oder Urne geworfen werden. Manchmal passen Kaffeebohnen, gefaltete Vögelchen, Gewürze oder Gummibärchen besser zu der verstorbenen Person.

Menschen berichten mir häufig, wie froh sie waren, sich bei der Trauerfeier etwas getraut zu haben, zum Beispiel die Urne des Opas gehalten, das Lieblingslied der verstorbenen Mutter gesungen oder einen roten Pulli getragen zu haben, weil es eben die Lieblingsfarbe der Tante war. Manche setzen solche Dinge aus Angst vor der Reaktion des Umfelds nicht um und bereuen das dann nachträglich.

Frage 10: Was sagt man zu Menschen, die gerade jemanden verloren haben?

Die Worte selbst sind nicht so wichtig, sondern die Haltung und die Gefühle, die man vermittelt. Trägt man Mitgefühl in sich, dann wird der trauernde Mensch das merken. Die Botschaft kommt an, auch wenn die Worte nicht perfekt sind. Viele schweigen, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollen – das aber ist besonders blöd, da sich Trauernde dadurch oft ausgeschlossen fühlen.

Buchtipp: Sarah Benz/Katrin Trommler: „Sarggeschichten – Warum selbstbestimmtes Abschiednehmen so wichtig ist“, Mosaik Verlag, 321 Seiten, 22 Euro