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„Ich will weniger Kontakt“Wie man ein unangenehmes Gespräch mit einem Freund führt

Lesezeit 10 Minuten
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Eine gute Freundschaft muss manchmal viel aushalten. 

Köln – Ein gutes Gespräch mit Freunden kann viele Wunden heilen. Im besten Fall unterstützen Freunde die eigene Meinung, sprechen Mut zu und zeigen Verständnis. Doch auch unter besten Freunden gibt es manchmal Themen, die gar nicht so leicht anzusprechen sind: Wie sagt man der besten Freundin, dass man keine Lust auf einen gemeinsamen Urlaub hat? Wie dem Kumpel, dass man einen Fehler gemacht hat? Oder gar, dass man Hilfe braucht? Wir haben eine Expertin gefragt und geben Hilfe für sieben mögliche Situationen.

Kommunikationsexpertin Isabel García ermutigt Menschen dazu, Situationen direkt anzusprechen, die einem nicht passen. In ihrem Buch „Wie sage ich eigentlich…? 30 Tipps für schwierige Gespräche“ gibt sie Ratschläge, wie Sie unangenehme Gespräche beginnen und zu Ende bringen können. 

Wie sage ich einem Freund, dass ich anderer Meinung bin?

Gerade während der Corona-Pandemie gingen Meinungen über die Maßnahmen stark auseinander – auch unter Freunden. Genau diese Situation beschreibt Isabel García in ihrem Buch. Wenn Ihnen die Freundschaft wichtig ist, lehnen Sie ein Gespräch, bei dem ihre Meinungen auseinander gehen, nicht kategorisch ab. „Nur um es klarzustellen: Überzeugen Sie Ihre Freunde bitte nicht von Ihrer Meinung, sondern zeigen Sie nur, dass Sie eine andere Meinung haben. Es gibt nicht die eine Wahrheit“, sagt die Kommunikationsexpertin.

Zeigen Sie über Worte Verständnis für die Meinung Ihres Freundes. Statt über die negativen Aspekte des Themas zu reden, versuchen Sie positive Aspekte zu widerholen. Trennen Sie im Gespräch immer den Menschen, der Ihnen wichtig ist, und sein Verhalten. Es gibt Gründe, warum der oder die andere so denkt. Das Zauberwort dabei ist „noch“, zum Beispiel: „Ich kann noch nicht ganz nachvollziehen, warum dich die Todeszahlen jeden Morgen so sehr interessieren.“ Machen Sie aber ruhig deutlich, dass Sie nicht ständig über dieses Thema reden möchten.

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Zeigen Sie Verständnis, aber bleiben Sie auch klar.

Drei hilfreiche Sätze„Ich kann nachvollziehen, dass du gern mit mir über deine Sicht reden möchtest, leider habe ich eine komplett andere Meinung zu dem Thema und würde mich freuen, wenn du dir – nur für dieses Thema – einen anderen Gesprächspartner suchst.“

„Wir leben in einer Demokratie und da ist es okay, wenn der eine dies denkt und der andere das denkt. Ich würde mich freuen, wenn wir beide akzeptieren könnten, dass wir zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen haben.“

„Ich verstehe, dass du Angst hast. Und das tut mir auch leid. Doch gleichzeitig möchte ich mit dir nicht jeden Tag über Tote reden. Das zieht mich runter und ich brauche meine Kraft in diesen Zeiten für eine gesunde Psyche.“

Wie sage ich einem Freund, dass ich weniger Kontakt möchte?

Bevor sie direkt eine gute Freundschaft beenden, könnten Sie auch erst einmal weniger Kontakt zu dieser Person haben. Überlegen Sie sich zunächst eine Sache, die Sie ehrlich an Ihrem Freund oder Ihrer Freundin wertschätzen. Sie brauchen es nicht auszusprechen, nur daran denken. Schon der Gedanke verändert Ihre Haltung im Gespräch und sie bleiben auf Augenhöhe. Denn Ihre innere Haltung wirkt sich auf Mimik, Körpersprache, Stimme und Wortwahl aus. Sagen Sie dann, dass Sie weniger Kontakt wollen.

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Kommunikationsexpertin Isabel García mag es, Klarheit in Aussagen zu bringen.

Sprechen Sie aus, welche Ihrer Grundbedürfnisse in der Freundschaft nicht erfüllt sind. „Fühlen Sie sich von ihm nicht gesehen? Würden Sie sich wünschen, dass ihr Freund mal genau hinschaut und von allein erkennt, dass er Sie gerade mit Gedanken zumüllt, die Sie überhaupt nicht interessieren? Würden Sie sich freuen, wenn er selbst merken würde, wie aufdringlich er stets nach einem neuen Treffen fragt?“

Machen Sie sich aber auch Gedanken über die Bedürfnisse Ihres Freundes. Vielleicht wäre er gerne ihr allerbester Freund und mag einfach gerne viel Zeit mit Ihnen verbringen. Heben Sie diese unterschiedlichen Bedürfnisse im Gespräch heraus und sagen Sie: „Über diese Unterschiede zu reden ist kein Angriff“, sagt García. Sagen Sie aber niemals so etwas wie „Du nervst“ oder „Hör auf mich ständig anzurufen.“

Drei hilfreiche Sätze„Wir haben unterschiedliche Bedürfnisse und unterschiedliche Ansichten von dieser Freundschaft.“

„Ich kann mir im Moment kaum vorstellen, was meine Aussage bei dir auslöst. Magst du mir sagen, was du gerade denkst?

„Ich merke, dass dich diese Gedanken gerade sehr beschäftigen. Ich persönlich interessiere mich nicht so sehr für das Thema XX und würde mich viel lieber mit dir über XY unterhalten. Wäre das okay für dich?“

Wie sage ich einer Freundin, dass sie Hilfe braucht?

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Ein schwieriges Gespräch mit guten Freunden zu führen ist nie einfach.

Einer Freundin zu sagen, dass Sie der Meinung sind, dass sie einen Psychotherapeuten aufsuchen sollte, ist nie einfach. Überlegen Sie sich deshalb vorab, warum Ihnen das so wichtig ist. Wollen Sie sich die immer gleichen Geschichten nicht mehr länger anhören oder geht es Ihnen wirklich darum, dass es Ihrer Freundin besser geht? Wenn letzteres der Fall ist, sind Sie auf Augenhöhe, und das sollte der Ausgangspunkt für ein solches Gespräch sein. Isabel García beschreibt in ihrem Buch zum einen die Situation, dass die Beziehungen der Freundin immer scheitern und sie deswegen vielleicht Hilfe braucht und zum anderen, dass die Freundin nicht konfliktfähig ist.

García rät in diesem Fall, die Situation anzusprechen. Sie können Sätze wie „Könnte es sein, dass du dich von einem Männertyp angezogen fühlst, der gar nicht zu dir passt?“ sagen. Wenn sie Beispiele nennen, argumentieren Sie sachlich. Wenn Sie selbst mal beim Therapeuten oder Tipps gelesen haben, bieten Sie Ihrer Freundin Ihre Hilfe an. Geben Sie aber nur Tipps, wenn sie diese auch hören möchte.

Drei hilfreiche Sätze„Ich denke, es könnte sehr hilfreich sein herauszufinden, warum deine Beziehungen nicht so lange halten. Ich fände es schlau, wenn du mal mit einem Coach oder einem Therapeuten darüber sprichst.“

„Ich habe das Gefühl, dass sich alles in dir wehrt und du nicht zu einem Therapeuten gehen möchtest. Und gleichzeitig bin ich der Meinung, dass es dir sehr helfen könnte. Und ich möchte, dass es dir gut geht.“

„Ich könnte mir vorstellen, dass der Gedanke für dich völlig absurd ist, zu einer Therapie zu gehen, könntest du dich mit einem Coach eher anfreunden?“

Wie sage ich einer Freundin, dass ich einen Fehler, der die Freundschaft betrifft, gemacht habe?

Sie haben ein Geheimnis Ihrer Freundin weitererzählt und müssen jetzt mit ihr darüber reden. „Sagen sie einfach nur ‚Es tut mir leid‘, viel mehr gibt es nicht zu sagen“, sagt Isabel García. Entschuldigen sollten Sie sich nicht, denn das bedeutet, dass jemand Sie von der Schuld entbinden soll. „Doch dazu ist Ihre Freundin vielleicht noch nicht in der Lage.“

Stehen Sie zu Ihrem Fehler und suchen Sie keine Ausreden. Im Beispiel von García ist das Geheimnis, dass die Freundin fremdgegangen ist. Selbst in so einem Fall sollten Sie die verbalen Angriffe Ihrer Freundin aushalten, wenn sie Sätze wie „Du hast meine Ehe auf dem Gewissen“ sagt. „Zu einem kleinen Teil tragen Sie die Verantwortung für diese verfahrenen Situation“, auch wenn Ihre Freundin fremdgegangen ist, sagt die Kommunikationsexpertin.

Natürlich sind Sie nicht alleine verantwortlich. Wenn Ihnen der Mensch wichtig ist, seien Sie sich bewusst, dass jeder Fehler macht. Überlegen Sie also genau, welcher Wunsch hinter der Wut Ihrer Freundin steckt, eben die Angst, dass ihr Mann sie verlässt. Versuchen Sie also Lösungen zu finden.

Drei hilfreiche Sätze„Was meinst du, unter welchen Voraussetzungen könnte er dir verzeihen?“

„Was bräuchtest du von mir, damit du mir wieder vertrauen kannst?“

„Wie könnte ich das wiedergutmachen?“

Wie sage ich einem Freund, dass ich nicht beim Umzug helfen möchte?

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Haben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie Ihrem Freund nicht beim Umzug helfen.

Auch wenn Ihr Freund Ihnen schön öfters beim Umzug geholfen hat ist es okay, nein zu sagen, wenn Sie keine Zeit oder Lust haben. Stoppen Sie deshalb als erstes Ihr schlechtes Gewissen und denken Sie nicht die ganze Zeit daran, wie egoistisch Sie sind. Gehen Sie aber grundsätzlich auf das Gespräch ein und setzen Sie sich mit dem Umzug auseinander, schließlich sind sie ja immer noch befreundet. Zeigen Sie über ihre Worte Verständnis und versuchen Sie, mit Sätzen wie „Hast du vielleicht im Bekannten- oder Kollegenkreis jemanden, der auch einen LKW-Führerschein hat?“ mögliche Lösungen zu finden.

Nennen Sie Ihrem Freund den wahren Grund, warum Sie nicht beim Umzug helfen. Die Kommunikationsexpertin rät zudem dazu, Wörter wie „kann“ und „möchte“ nicht zu nutzen, sondern das Wort „werde“, also „Ich werde dir nicht helfen“. Es ist eine klare Entscheidung, beim Umzug nicht zu helfen, „und das ist okay“, sagt García. „Ihr Freund hätte anders entschieden, doch Sie sind nicht ihr Freund und jeder Mensch setzt Prioritäten anders.“ Sicherlich wird Ihr Freund enttäuscht und vielleicht sogar wütend sein, Sie sollten das Gespräch solange weiterführen, wie es ihr Freund braucht.

Drei hilfreiche Sätze„Du warst bei jedem meiner Umzüge dabei und hättest es mehr als verdient, wenn ich dir nun helfe. Doch ich werde es nicht tun. Ich habe starke Rückenprobleme und kann weder etwas tragen noch stundenlang im Lkw sitzen.“

„Ich kann verstehen, wenn es für dich gerade eine große Enttäuschung ist, gleichzeitig will ich meine Entscheidung nicht ändern. Ich will endlich mal wieder ein Wochenende mit meinen Kindern verbringen, das ist mir sehr wichtig.“

„Ich kann mir vorstellen, dass du im Moment noch nicht weißt, wie du den Umzug nun wuppen sollst. Falls dir bis morgen keine gute Lösung eingefallen ist, dann ruf mich wieder an und wir überlegen gemeinsam.“

Wie sage ich einem Freund, dass ich nicht mit ihm in den Urlaub fahren will?

Isabel García bezieht sich in ihrem Beispiel zwar auf eine Liebesbeziehung, doch auch in Freundschaften kann es die Situation geben, dass man nicht mit der Freundin in einen bestimmten Urlaub fahren will. Wenn Sie lieber im Urlaub entspannen wollen, Ihre Freundin Sie aber nach einem Abenteuerurlaub fragt, kann Ihnen auch dieser Tipp helfen. Nehmen Sie erst einmal das Angebot für einen gemeinsamen Urlaub an. „Natürlich dürfen Sie sich gegen diesen Urlaub entscheiden und somit die Erwartungen Ihrer Freundin enttäuschen. Allerdings erst, nachdem Sie der Idee eine reelle Chance gegeben haben“, sagt Isabel García.

Zeigen Sie über Worte Verständnis. Sie können zum Beispiel sagen: „Du möchtest einen Abenteuerurlaub machen?“, „Wie bist du auf diesen Urlaub, am Ende sogar mit Fallschirmsprung, gestoßen?“ oder „Was reizt dich an Neuseeland?“ Emotional macht es einen großen Unterschied, ob Sie die Wortwahl Ihrer Freundin nutzen, denn es wirkt sich unbewusst positiv auf Ihre Freundin aus. Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie nicht in den Urlaub fahren wollen, bleiben Sie bei Ihrer Absage herzlich.

Zwei hilfreiche Sätze„Ich mache immer gerne Urlaub mit dir, doch bei diesem möchte (oder werde) ich nicht mitkommen.“

„Ich weiß, dass du Abenteuer liebst. Ich liebe dagegen Entspannung im Urlaub. Bisher haben wir das gut miteinander verbinden können, doch bei diesem speziellen Angebot wird es wohl nicht möglich sein. Deshalb bleibe ich hier.“

Wie sage ich einem Freund, dass ich wegziehe?

Halten Sie sich vor Augen, wie stark Ihre Freundschaft ist, wie viele Krisen sie schon gemeinsam gemeistert haben. „Konzentrieren Sie sich darauf, wie viel Spaß Sie schon hatten. Denken Sie an die vielen gemeinsamen Urlaube und lustige Pannen“, sagt Isabel García und rät: „Um auf Nummer sicher zu gehen, könnten Sie sich schon überlegen, wie sie den engeren Kontakt zur Ihrer Freundin halten können.“ Sie könnten sich gegenseitig besuchen oder mal wieder Briefe schreiben.

Falls Ihre Freundin weinen sollten, können Sie die ausführliche Erklärung verschieben, aber nicht das Treffen verkürzen. „Seien sie da. Halten Sie die Gefühle aus.“

Drei hilfreiche Sätze„Einerseits möchte ich vor Freude in die Luft springen, andererseits werde ich dich sehr vermissen, und das macht mich traurig.“

„Ich habe leider keine Idee, wie du dich damit fühlst. Magst du es mir sagen?“

„Was wünscht du dir von mir, um mit diesem Umzug besser klarzukommen?“

Buch-Tipp: „Wie sage ich eigentlich…? 30 Tipps für schwierige Gespräche“, Isabel García, Vandenhoeck & Ruprecht Self Verlag, 294 Seiten, 23,00 Euro