Typische ElternfragenDarf ich den Schnuller meines Kindes ablecken?
- Was kann man noch vom Boden essen? Darf ich den Schnuller ablecken? Eltern kleiner Kinder haben unzählige Fragen.
- Der Wissenschaftsjournalist Aeneas Rooch ist selbst Vater und sucht nach wissenschaftlich fundierten Antworten.
- In seinem Buch „Mein wasserdichtes Baby“ geht er 14 typischen Elternfragen auf den Grund. Wir beantworten drei davon.
Köln – Mit Kindern im Haus erlebt man immer wieder kuriose Dinge und komische Situationen. Hinter den typischen Fragen des Alltags verbergen sich manchmal faszinierende Antworten: Ist es gesund, wenn Eltern den Schnuller ablecken? Kann man Lebensmittel, die weniger als fünf Sekunden auf dem Boden lagen, wirklich noch essen? Wieso hat Babykacke so viele verschiedene Farben? Der Wissenschaftsjournalist Aeneas Rooch setzt sich in seinem Buch „Mein wasserdichtes Baby. Verblüffende Phänomene aus dem Babyversum wissenschaftlich erklärt“ mit verschiedenen Fragen aus dem Eltern-Alltag auseinander. Wir beantworten drei davon.
Sollen Eltern heruntergefallene Schnuller ablecken?
Manche Eltern heben einen heruntergefallenen Schnuller auf und stecken ihn sich zum Säubern selbst in den Mund. Ist das gesund?
Forscher aus Schweden haben die Eltern von rund 180 Säuglingen gefragt, wie sie mit Schnullern umgehen, haben den Speichel der Kinder analysiert und schließlich einmal nach eineinhalb Jahren und dann wieder nach drei Jahren nachgeschaut, ob die Kinder Anzeichen von Allergien, Neurodermitis oder Asthma zeigten. Bei dieser Untersuchung kam heraus, dass etwa ein Drittel der Eltern tatsächlich Babyschnuller ableckte. In diesen Fällen zeigte sich, dass die Kinder andere Bakterien im Mund trugen als die Kinder, deren Eltern nicht am Schnuller geleckt hatten. Wenn Eltern Schnuller ablecken, verändern sie damit also offenbar die Bakteriengemeinschaft im Mund des Kindes. Die schwedischen Wissenschaftler entdeckten, dass die Kinder mit den abgeleckten Schnullern tatsächlich seltener Allergien entwickelten als die anderen. Diese schwedische Studie gibt aber nur Anhaltspunkte für diese These.
Im Jahr 2018 befasste sich ein Forscherteam aus Detroit erneut mit abgeleckten Schnullern. Die Wissenschaftler haben Mütter gefragt, wie sie die Schnuller ihrer Kinder reinigten. Die meisten benutzten dazu Wasser und Spülmittel, einige desinfizierten die Schnuller, einige leckten sie auch ab. Die Wissenschaftler untersuchten auch, wie viel Immunglobulin E die Babys in ihrem Blut hatten, ein Antikörper, der wahrscheinlich Allergien und Asthma verursacht. Tatsächlich fand sich bei Kindern mit abgelutschten Nuckeln weniger davon. Doch auch diese Studie ist wissenschaftlich nicht aussagekräftig.
Fazit: Die Wissenschaft bietet derzeit nur eine unbefriedigende Antwort auf die Schnullerfrage. Studien liefern zwar Hinweise darauf, dass abgeleckte Schnuller das Allergierisiko senken könnten, aber es könnte eben auch etwas ganz anderes sein.
Wie lange kann man bedenkenlos vom Boden essen?
Wer kleine Kinder hat weiß: Beim Essen landet ein Großteil unter dem Tisch. Viele Eltern geben ihren Kindern Lebensmittel, die nicht allzu sehr beschmutzt sind, zurück, achten dabei aber penibel auf die Zeit. Die „Fünf-Sekunden-Regel“ besagt, dass man heruntergefallene Nahrungsmittel bedenkenlos essen kann, solange sie nur weniger als fünf Sekunden auf dem Boden gelegen haben. Die etwas strengeren Eltern befolgen die Drei-Sekunden-Regel. Die Begründung für beide Regeln ist, dass Bakterien und Krankheitserreger auf dem Boden eine Weile brauchen, bis sie auf einen heruntergefallenen Keks geklettert sind. Stimmt das wirklich?
Die Highschool-Schülerin Jillian Clarke ist im Jahr 2003 genau dieser Frage nachgegangen. Während eines Praktikums bei einer Mikrobiologie-Forschungsgruppe an der University of Illinois kaufte sie glatte und raue Fußbodenkacheln, sterilisierte sie, besiedelte sie mit den typischen Darm-Bakterien und legte anschließend Gummibärchen und Kekse auf ihnen ab. Sie wartete fünf Sekunden, holte Kekse und Gummibärchen wieder hoch und untersuchte sie unter dem Mikroskop. In allen Fällen waren die Bakterien von den Kacheln auf die Süßigkeiten übergegangen. Da der Versuch keine belastbare wissenschaftliche Arbeit ist, reicht das noch nicht als Beweis.
Das könnte Sie auch interessieren:
Im Jahr 2014 haben sich Biologie-Studenten aus Birmingham ebenfalls mit der Fünf-Sekunden-Regel beschäftigt. Dazu schmierten sie verschiedene Bakterien auf unterschiedliche Fußböden und zählten jeweils nach, wie viele von ihnen nach drei und nach 30 Sekunden auf Toast, Nudeln und klebrige Kekse übergegangen waren. Hier zeigte sich, dass das Ergebnis tatsächlich von der Zeit abhängt. Nach drei Sekunden waren weniger Bakterien auf dem Essen zu finden als nach 30 Sekunden. Die Studenten haben auch herausgefunden, dass es vor allem eine Frage der Fußbodenart ist, wie viele Bakterien aufs Essen springen: Auf glatten Oberflächen wie Laminat und Kacheln haben es Bakterien leicht, auf Teppich hingegen tun sie sich schwer.
Zwei Jahre später haben die Mikrobiologen Robyn Miranda und Donald Schaffner von der Rutgers University in New Jersey die Frage endgültig wissenschaftlich wasserdicht geklärt. Im Fachmagazin „Applied and Environmental Mikrobiology“ kommen sie zu dem Schluss, dass die Fünf-Sekunden-Regel falsch ist. Die Mikrobiologen legten ihren Versuch genau so aus wie ihre Vorgänger. Sie fanden heraus, dass beim Bakterien-Transfer auf heruntergefallene Lebensmittel alles eine Rolle spielen kann: die Art des Essens, die Liegedauer auf dem Fußboden und dessen Beschaffenheit. Eine einfache Regel, die alle Fälle abdeckt, war nicht auszumachen. Die Wissenschaftler schließen aus ihren Messungen zwar, dass der Bakterientransfer auf die Speisen umso größer ist, je länger sie auf dem Boden liegen. Manche Lebensmittel wie zum Beispiel die Wassermelone sind allerdings sofort mit der vollen Dosis Bakterien verseucht, sobald sie auf dem Boden landen. Die Regel ist also Unsinn.
Auch Miranda und Schaffner fanden heraus, dass der beste Fußboden, um Essen aufzuheben und noch zu essen, Teppich ist. Bakterien versickern in den rauen Fasern und bleiben an ihnen hängen.
Fazit: Die Fünf-Sekunden-Regel ist Unsinn. Ob ein verzehrtes Lebensmittel, das zuvor auf dem Boden gelegen hat, krank macht, hängt davon ab, kommt auf den Boden und die Bakterien an, die sich dort herumdrücken. Mit manchen wird unser Körper gut fertig, von anderen reicht eine kleine Menge für Fieber und Durchfall.
Warum hat Babykacke so viele verschiedene Farben?
Wenn das Baby in die Windel gemacht hat, sieht der Stuhl jedes Mal anders aus, Konsistenz und Farbe sind verschieden. Das große Geschäft der Babys ist mal grün, mal schwarz, mal gelb, mal beige, mal orange. Das liegt daran, dass das Verdauungssystem des Babys noch nicht ausgereift ist. Es muss sich erst noch entwickeln und ändert sich von Tag zu Tag – und entsprechend aus das, was raus kommt.
Das erste, was Babys ein, zwei Tage nach der Geburt in die Windel machen, ist schwarz-grün und heißt Kindspech. Es ist noch nichts Verdautes, sondern eine Mischung aus Fruchtwasser, Galle, Haaren und Zellen der Darmschleimhaut. Wenn das Baby beginnt, Milch zu trinken, nimmt sein Darm die Arbeit auf. Er wird nach und nach von Bakterien bevölkert und verdaut die zugeführte Nahrung. Von jetzt an produziert der Darm echten Stuhl, der zu Anfang oft noch grün oder gelb ist – ein Zeichen dafür, dass im Darm des Babys alles in Ordnung ist. Die Farben zeigen an, dass die Leber ihre Arbeit tut und Galle produziert. Galle färbt den Babystuhl gelb bis grün, vor allem dann, wenn wie etwas zu schnell wieder ausgeschieden wird.
In den weiteren Monaten zeigen sich mit Gelb, Orange und Braun in der Windel vor allem Herbsttöne. Die Farben stammen von unterschiedlichen Darmbakterien. Dass sie immer wieder verschieden sind, obwohl das Baby in den ersten Monaten nichts anderes als Milch zu sich nimmt, zeigt an, dass sich im Babydarm eine Menge tut. Hier entsteht ein ganz eigenes Verdauungssystem.
Fazit: Babystuhl hat so viele verschiedene Farben, weil sich der Darm und seine Bakterien im ersten Jahr erst noch entwickeln müssen.