Gerade an Weihnachten werden Konflikte in Trennungsfamilien besonders sichtbar. Was kann man tun, wenn die Absprachen nicht klappen?
In Sachen LiebeMein Ex-Mann übertreibt es mit Weihnachtsgeschenken für unsere Kinder
Mein Mann und ich sind seit mehreren Jahren getrennt. Unsere beiden Kinder leben bei mir und gehen jedes zweite Wochenende zu ihrem Vater und dessen neuer Partnerin. Dort dürfen sie offenbar viel mehr als bei mir und bekommen auch alles. An Weihnachten wird es immer besonders sichtbar. Mein Ex und seine Familie überhäufen die Kinder mit Geschenken. Ich habe schon häufiger vorgeschlagen, dass wir das absprechen, aber das klappt einfach nicht. (Gerti, 49 Jahre).
Die Situation, die Sie beschreiben, kennen viele Familien, in denen die Eltern getrennt sind. Am Ende sind es leider die Kinder, an denen die Eltern eigene Gefühle „abarbeiten“. Vielleicht ist es erstmal gut, zu verstehen, was Ihren Mann möglicherweise dazu bringt, den Kindern sehr viele Freiheiten zu gewähren und sie mit Geschenken zu überhäufen.
Sehr viele Eltern, die sich trennen, haben ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kindern und probieren, das mit materiellen Zuwendungen und vielen Zugeständnissen auszugleichen. Manche haben die heimliche Hoffnung, so den Schmerz wiedergutmachen zu können, den die Kinder durch die Trennung erleiden müssen und den die Eltern verursacht haben. An dieser Stelle nur kurz zur Klärung: Diese Rechnung geht nicht auf!
Die Treffen mit dem Vater sind etwas Besonderes
Dazu kommt, dass Ihr Mann die Kinder nicht im Alltag sieht, sondern nur jedes zweite Wochenende. Die Treffen sind also immer etwas Besonderes. Da möchte er gerne, dass es harmonisch ist. Und er möchte sich als guter Vater präsentieren. Möglicherweise ist er sich unsicher über die Zuneigung der Kinder zu ihm, und er handelt in der Hoffnung, dass die Kinder gerne zu ihm kommen und ihm zeigen, dass sie ihn lieben. Also, er möchte von ihnen eine Bestätigung ihrer Zuneigung. Und noch einmal: Auch diese Rechnung geht nicht auf.
Ihre Seite sieht anders aus: Sie leben Alltag mit den Kindern. Das bedeutet, neben den schönen Momenten mehr stressige Situationen mit ihnen zu durchleben als der Vater – etwa wenn es um Aufstehen, Aufräumen, Schule, Handy- und Computernutzung und so weiter geht. Da versuchen Sie, Regeln aufzustellen. Das Besondere soll dabei eben auch besonders bleiben. Jetzt erleben Sie das Verhalten ihres Mannes an dieser Stelle eben auch als Konkurrenz. Auch Sie möchten von den Kindern geliebt und geschätzt werden.
Die Kinder spüren die Konkurrenz zwischen Vater und Mutter
Die Kinder wiederum lieben es natürlich, wenn sie alle 14 Tage etwas dürfen, was sie bei Ihnen nicht dürfen. Und sie lieben Geschenke. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber auch: Die Kinder lieben beide Elternteile, und sie spüren die Konkurrenz zwischen Vater und Mutter. Sie spüren, dass es bei den großzügigen Geschenken des Vaters gar nicht um sie geht, sondern darum, dass der Vater auf diese Weise auch sein schlechtes Gewissen ausgleichen möchte. Und sie spüren die – vielleicht unbewusste – Tendenz der Eltern, um die Kinder zu konkurrieren. Also: Die Geschenke sind in gewisser Weise nicht ehrlich.
Jetzt kommt Weihnachten, und da spitzt sich die Situation zu. Auch Sie wünschen sich Harmonie, möchten den Kindern mit schönen Geschenken eine Freude machen. Aber Sie haben vielleicht ein geringeres Budget als ihr Ex-Mann, oder Sie haben andere Vorstellungen, was für die Kinder angebracht ist. Darüber haben Sie schon häufiger mit ihm gesprochen, aber er ist nicht einsichtig.
Die Sicht der Kinder einnehmen
Was also tun? Gut ist, dass Sie mit Ihrem Mann über die Kinder sprechen können, auch wenn Sie sich in manchen Dingen uneins sind. Ich kann mir mehreres vorstellen. Vielleicht schauen Sie darauf, wie Sie miteinander sprechen. Wie kann es gut gehen im Sinne der Kinder, und wie können eigene Kränkungen aus dem Gespräch herausgehalten werden?
Das heißt, dass Sie in einem erneuten Gespräch konsequent die Sicht der Kinder einnehmen und verdeutlichen: Der jetzige Zustand sorgt dafür, dass die Kinder hin- und hergerissen sind. Sie können die Großzügigkeit des Vaters nur eingeschränkt genießen, eben weil sie spüren, dass es da nicht hauptsächlich um sie geht. Und weil sie spüren, dass die Eltern sozusagen auf ihrem Rücken ihre eigene Fehde austragen.
Machen Sie ganz konkrete Vorschläge, was die Kinder zu Weihnachten bekommen sollten und was vielleicht auch an ihren und seinen Geschenken zusammenpassen würde. Wenn das mündlich nicht gut geht, probieren Sie es schriftlich. Eine andere Möglichkeit ist es auch, außenstehende Personen zu bitten, die Kinderseite an ihren Mann heranzutragen. Wichtig ist Ihre Haltung Ihrem Mann gegenüber: „Ich möchte nicht gegen dich argumentieren, sondern ausschließlich für unsere Kinder.“
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