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Tipps von Kölner DrogenexpertenWie Sie mit Ihrem Kind an Karneval über Alkohol reden sollten

Lesezeit 5 Minuten
Sessionsauftakt des Kölner Karneval auf der Zülpicher Straße

Jedes Jahr überschätzen jugendliche Karnevalisten beim Alkoholkonsum ihre Grenzen. Frühzeitige Prävention durch die Eltern kann dagegen helfen. (Symbolbild)

Viele Eltern sind besorgt, dass oder wie viel ihre Kinder an Karneval trinken. Ein Kölner Drogenexperte erklärt, was Eltern tun können.

In den Tagen des Straßenkarnevals wird man ihnen zwangsläufig wieder begegnen: Menschen, die teilweise schon seit den Morgenstunden viel zu viel getrunken haben, sich kaum noch auf den Beinen halten können – im schlimmsten Fall sogar vom Notarzt versorgt werden müssen. Besonders oft sind das Jugendliche, die die Auswirkungen des Alkohols noch nicht gut einschätzen können.

Viele Eltern machen sich daher Sorgen um ihren Nachwuchs, sind sich unsicher, wie sie den eigenen Kindern am besten einen gesunden, verantwortungsvollen Umgang mit dem Alkohol beibringen können. Ralf Wischnewski ist Leiter der Fachstelle Suchtprävention der Kölner Drogenhilfe und kennt die Nöte von Eltern. Er und seine Kollegen sind regelmäßig in Schulen und Jugendzentren unterwegs, sprechen mit Jugendlichen, sind bei Elternabenden anwesend und unterstützen Lehrer mit Informationen und Unterrichtsmaterialien. Doch damit Drogenprävention gelingt, müssten auch die Eltern dazu beitragen. Ihnen möchte Wischnewski acht Tipps aus seiner praktischen Erfahrung mit auf den Weg geben.

Tipp 1: Ersten Konsum herauszögern

Ein Bierchen zum 14. Geburtstag unter Aufsicht der Eltern? Im Italien-Urlaub auch ein Gläschen Wein für die Kinder unter 16? Davon rät Wischnewski Eltern dringend ab. Stattdessen gelte es, den ersten Alkoholkonsum möglichst lange heraus zu zögern und ihn so eben nicht zu normalisieren. Die Forschung belege: „Je später der Einstieg, desto früher der Ausstieg.“

Tipp 2: Aufklären

Informationen über die Risiken von Alkoholkonsum seien nicht schwer zu finden. Dennoch sieht Wischnewski es auch als Aufgabe der Eltern, mit ihren Kindern über den Reiz und das Risiko von Alkohol zu sprechen. Dabei gehe es nicht nur um die gesundheitlichen Auswirkungen auf den eigenen Körper oder um Suchtgefahren. Schließlich enthemme der Konsum auch, was immer wieder zu Schlägereien und zu gefährlichen Situationen im Straßenverkehr führt. Und: „Alkoholkonsum, Feierlaune und räumliche Enge können dazu führen, dass die ausgelassene Stimmung für Belästigungen oder sexuelle Übergriffe ausgenutzt wird.“

Wischnewski begrüßt daher die gemeinsame Kampagne von Kölner Polizei, Cheerleadern und Karnevalsvereinen, die sich gegen sexualisierte Gewalt an Karneval richtet und eindeutig klarstellt: „Niemand hat das Recht, mich zu bedrängen oder anzufassen! Egal, was ich anhabe und wie ich feiere.“

Tipp 3: Zuhören und reden

Wichtig ist laut Wischnewski, dass Eltern Interesse zeigen für das, was ihre Kinder machen. Das bedeute, mit ihnen zu reden, aber vor allem auch ernsthaft zuzuhören: Welche Pläne hat das Kind? Wo, wann und mit wem ist es unterwegs? Wie verhält man sich am besten, wenn eine Situation außer Kontrolle gerät? Das seien wichtige Fragen, die man vorher besprechen solle. Sie sorgen nicht nur dafür, dass Eltern besser einschätzen können, was ihr Kind macht, sondern auch dafür, dass das Kind merkt, dass sich die eigenen Eltern dafür interessieren.

Tipp 4: Grenzen setzen

Kinder brauchen beim Thema Alkohol passende und verbindliche Grenzen. Eltern sollten daher mit ihren Kindern reden, diese Grenzen gemeinsam als Familie festlegen und durchsetzen. Das bedeute auch, dass es vorher abgesprochene Konsequenzen geben muss, wenn Grenzen überschritten werden. Wie diese genau aussehen, sollten sich Eltern gut überlegen. Schließlich sei es ein Problem, wenn die Angst vor solchen Folgen dazu führt, dass Kinder ihre Eltern oder andere Menschen nicht mehr um Hilfe bitten, wenn es wegen Alkoholkonsums zu kritischen Situationen kommt. Außerdem sei es wichtig, Kinder zu loben, wenn sie sich an die Regeln halten.


Die Drogenhilfe Köln stellt jugendlichen und erwachsenen Betroffenen von missbräuchlichem Drogenkonsum sowie ihren Angehörigen eine breite Palette von Hilfsangeboten zur Verfügung. So gibt es eine Ansprechstelle für Eltern und Jugendliche und am 4. März einen digitalen Elternabend zum Thema jugendlicher Alkoholkonsum.


Tipp 5: In Kontakt bleiben

Auch wenn der Karneval begonnen hat, sollen Eltern laut Wischnewski unbedingt Kontakt zu ihren Kindern halten. Es gehe dabei nicht darum, sie rund um die Uhr zu überwachen. Doch es sei gut, wenn sich Kinder zu vereinbarten Uhrzeiten bei den Eltern melden. Auch wenn man selbst in der jecken Zeit unterwegs ist, sollte man immer für das Kind erreichbar sein.

Tipp 6: Elternnetzwerk knüpfen

Eine Clique könne ein Schutzraum für Kinder sein. Doch nur dann, wenn die Freunde des Kindes auch verantwortungsvoll handeln. Wenn Eltern diesen Freunden nicht vertrauen, sollten sie die anderen Eltern kontaktieren und auch mit ihnen Verabredungen treffen. Ein solches Elternnetzwerk könne Kinder schützen und den Eltern mehr Sicherheit geben.

Tipp 7: Ruhe bewahren

Und wenn das eigene Kind trotz allen Redens und aller Vorkehrungen alkoholisiert nach Hause kommt? Dann gelte trotzdem, die Ruhe zu bewahren, sagt Experte Wischnewski. In Panik auszubrechen, helfe nicht. Stattdessen sollten Eltern klären, in welchem Zustand sich das Kind befindet. Ob es also einfach nur etwas angetrunken ist oder eine wirkliche gesundheitliche Gefahr besteht. Wenn das Kind nicht ansprechbar ist und es mögliche Anzeichen einer Alkoholvergiftung gibt, sollte man den Notarzt rufen.

Tipp 8: Danach mit dem Kind über das Erlebte sprechen

Egal, ob das Kind nun wohlbehalten nach Hause gekommen ist oder stark betrunken: Es sei wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen, was passiert ist: „Über das, was gut gelaufen ist, was Probleme bereitet hat und wie man es beim nächsten Mal anders machen kann“, erklärt Wischnewski. Hier sollten Eltern auch offen ansprechen, dass sie sich Sorgen gemacht haben. Damit schaffe man die besten Bedingungen für einen guten Umgang mit dem Alkohol und so auch für einen schönen Karneval für die ganze Familie. Und das ist ja das Wichtigste.