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Riesling, Muskateller, Merlot?Wein für Anfänger: Wie finde ich heraus, was ich mag?

Lesezeit 5 Minuten
Kirsche, Beeren, Pflaume: Wer gerne rote Früchte mag, dürfte an Rotwein Gefallen finden.

Kirsche, Beeren, Pflaume: Wer gerne rote Früchte mag, dürfte an Rotwein Gefallen finden.

Für Wein gilt, was auch für Mode und Sex gilt: Wenn wir wissen, was uns gefällt, haben wir mehr Freude daran. Zwei Expertinnen geben Tipps, wie wir in Sachen Wein unseren eigenen Geschmack finden.

Wein ist eine Welt für sich. Oder wussten Sie schon nach den ersten Gläschen, welcher ihr Favorit ist? Wer bloß eine vage Idee hat, ob er oder sie am liebsten Rot, Rosé oder Weiß im Glas hat, fühlt sich von der Frage schnell eingeschüchtert. So viele Rebsorten! So viele Fachbegriffe - Terroir, Barrique, Tannine - die einem anfangs nichts sagen!

Doch das Austesten kann richtig Spaß machen. Und es wäre so schön, wenn man aus voller Überzeugung Sätze sagen könnte wie: „Ich mag trockenen Riesling, insbesondere, wenn er Aromen von Zitrusfrüchten oder Pfirsich mit sich bringt.“ Kurz: genau zu wissen, was man mag. 

Wie genau findet man das heraus? Klar ist: Verschiedenes auszuprobieren ist ein Muss. Bei sich selbst zu bleiben, auch: „Wichtig ist wirklich, sich nicht von außen beeinflussen zu lassen. Geschmack ist wirklich persönlich“, sagt Yvonne Heistermann, Präsidentin der Sommelier-Union Deutschland. 

Gibt es typische Anfänger-Weine?

Zumindest gibt es eine typische Karriere des Eintrinkens, wie Yvonne Heistermann immer wieder beobachtet. Nur bei den wenigsten erfolgt der Einstieg über Rotweine „mit ihren Tanninen, also Gerbstoffen, die etwas herber schmecken“. 

Stattdessen sind bei vielen zu Beginn fruchtige, unkomplizierte Weißweine gefragt. „Ein wunderbarer leichter Weintyp mit wenig Alkohol ist beispielsweise ein halbtrockener Riesling Kabinett. Ein „Kabi“ macht auch Einsteigern viel Spaß!“, sagt Yvonne Heistermann. 

Wer neu in der Weinwelt eintaucht, hat oft auch Freude an Tropfen, die vergleichsweise viel Restzucker mitbringen. Das überrascht nicht: Unsere Geschmacksvorlieben sind schließlich auf Süße ausgerichtet. Mit der Zeit verändern sich die Vorlieben bei so manchem aber. Dann werden auf einmal Weine mit weniger Restzucker spannend - etwa ein trockener Riesling. 

Und wenn man von Anfang an doch lieber Rot in seinem Glas sieht? Als typischen Einsteiger-Rotwein nennt Yvonne Heistermann einen Spätburgunder. Er hat weniger Tannine als andere Rotweine und bringt fruchtige Noten von Erdbeere, Kirsche oder Brombeere mit. Später kann man sich an kraftvolle Rebsorten wie Syrah herantasten. Oder an Barrique-Weine, die im Eichenfass gelagert haben.

Ich möchte das Ganze mit mehr Struktur angehen. Was kann ich tun?

„Arbeiten Sie sich an den allerwichtigsten Rebsorten der Welt entlang“, schlägt Verena Herzog vor, die Sommeliers ausbildet und Wein-Seminare gibt. Dazu zählen etwa Chardonnay, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon oder Merlot. Für eine dieser Rebsorten kann man sich entscheiden und Weine aus unterschiedlichen (Welt-)Regionen probieren. 

Wer lieber den Fokus auf deutsche Weine legen möchte, dem rät Verena Herzog, sich auf die Burgunder-Rebsorten oder Riesling zu fokussieren und sich durch die hiesigen Weinregionen zu kosten. 

Aber welche Rebsorte ist denn nun ein vielversprechender Ausgangspunkt? Wem Weine zusagen, bei denen die Fruchtaromen fast schon aus dem Glas springen, der kann sich auf Sauvignon Blanc, Muskateller oder Gewürztraminer konzentrieren, „lautere Weine“, wie Verena Herzog sie nennt. Wer doch lieber eine lebendige Säure und ein frisches Mundgefühl beim Weintrinken mag, könnte mit Riesling - oder ebenfalls mit Sauvignon Blanc - glücklich werden.

Und dann heißt es: probieren, probieren, probieren. „So kann man lernen: Was ist der Charakter dieser Rebsorte? Und wie ändert er sich beispielsweise, wenn die Rebsorte im Stahltank oder im Barriquefass ausgebaut wurden?“, sagt Verena Herzog. Mit der Zeit fallen dabei immer mehr Erkenntnisse ab, was man lieber mag - und was weniger. 

Der direkte Vergleich ist dabei besonders hilfreich: „Was ich immer ganz toll finde, damit die Unterschiede auf der Zunge und am Gaumen deutlich werden: dass man zwei, drei Flaschen Wein kauft, die mit Freunden gemeinsam genießt und so für sich herausarbeitet: Was mag ich denn jetzt lieber?“, sagt Verena Herzog. 

Schritt für Schritt kann man so im Restaurant, in der Weinbar oder in der Weinhandlung klarer formulieren, was man gerne hätte. 

Was hilft mir dabei, Wein bewusster wahrnehmen?

- Aromen wie Vokabeln üben 

Kirsche, Pfirsich, Heu: Die Aromen eines Weines nehmen wir über unseren Geruchssinn wahr, nicht über unsere Zunge. Benennen können wir aber nur, was wir kennen. 

Grund genug, mit offener Nase durch den Alltag zu gehen: Wie riecht die Paprika oder die Orange, die ich gerade schnippele? Oder die Ananas aus der Dose, die ich gerade geöffnet habe? Wie riecht die Apfelblüte im Garten, wie das frisch geschnittene Gras? „Das ist wie Vokabeln lernen. Man speichert auf Dauer immer mehr Gerüche ab und kann die dann schnell abrufen. Das ist einfach Training“, sagt Yvonne Heistermann. 

- Sich Früchte und Co. dazulegen

Orientierung in der Welt des Weines: Die bieten Weinführer, also Bücher, in denen unter anderem typische Aromen verschiedener Rebsorten beschrieben sind. Sie kann man beim Weintrinken versuchen nachzuvollziehen, wie Verena Herzog rät. 

Zum Beispiel beim Cabernet Sauvignon: „Da kann man sich dann eine Brombeere oder eine Brombeermarmelade, eine Pflaume, Kirsche oder einen Apfel hinlegen“, sagt die Sommelière und Dozentin. Immer mit der Frage: Kann ich das im Wein wiederfinden? „Das macht nicht nur Spaß, sondern trainiert auch die Nase und den Gaumen“, sagt die Expertin. 

- Von Experten lernen

Weiterbringen können einen auch Seminare und Verkostungen, die sich an Wein-Einsteiger richten. „Da vergleicht man jungen mit gereiftem Weißwein, den fruchtigen Rotwein mit dem mit Holzeinfluss aus dem Barrique“, erklärt Yvonne Heistermann. „Man probiert also Kontraste und kann sich dadurch selbst mehr schulen.“ Auch das hilft, um weiter herauszuarbeiten, was einem gefällt. 

Verena Herzog hat noch einen weiteren Tipp: Wer etwa in die Weinhandlung geht, kann dort fragen: „Was erwarten Sie an Aromen in dem Wein? Was kann ich auf der Zunge erwarten, wenn ich den trinke?“ Das kann man dann abgleichen, wenn man mit Freunden und einem Gläschen Wein dann abends in der Sonne sitzt. 

Welchen Fehler sollte ich auf meiner persönlichen Weinreise nicht machen?

Sie haben Ihre Erfahrungen gemacht, ihre Lieblinge gefunden? Wie toll! Beide Expertinnen raten dazu, sich dennoch Offenheit zu bewahren. Pauschalisierungen wie beispielsweise „Wein aus Italien schmeckt mir nicht“ sind nämlich tabu. Schließlich gibt es in dem Land mehr als 1000 Rebsorten, die Chance, dass doch etwas dabei ist, was einem schmeckt, ist also hoch. „Ich kann jedem nur raten: offenbleiben, einfach probieren, immer wieder. Es gibt immer wieder positive Überraschungen“, sagt Verena Herzog. (dpa)