Joachim Gerhardt ist Pfarrer an der Lutherkirche in Bonn. Er hat sich Gedanken gemacht dazu, was wir aus der Tierwelt lernen können.
Das Wort zum SonntagWas wird vom Igel lernen können
Kennen Sie das Tier des Jahres? Jedes Jahr verleiht die Deutschen Wildtierstiftung diese Ehrung einem Tier, das Würdigung verdient und häufig auch besonders bedroht ist.
2024 ist es der Igel. Tierexperten sehen mit Sorge, dass sein Bestand schleichend abnimmt. Die allermeisten dieser putzig-stacheligen Insektenfresser leben heute in der Stadt, in Vorgärten und Parks, neunmal so viele wie auf dem Land. Aber auch in der Stadt hat es das Tierchen schwer. Immer mehr Flächen werden versiegelt und in Gärten gibt es zu viele sterile Stein- und Schotterflächen.
Der Igel braucht Schutz und Lebensraum und wird darum zu Recht geehrt. Auch weil er, wie ich finde, eine geradezu geistliche Fähigkeit hat: Er kann sich einigeln, also sich schützen, ohne dabei andere anzugreifen. Wer kann das noch? Viele – auch Menschen – agieren ja gerne nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Und bevor ich einstecke, teile ich lieber aus. Leben im Kampfmodus. In der Politik, der Familie, im Kollegenkreis...
Es ist nicht überliefert, ob Jesus einen Igel kannte, aber die Fähigkeit sich einzuigeln passt zu seinem Rat: „Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“ (Matthäus 5, 39).
Nicht Gewalt mit Gewalt begegnen.
Aussteigen aus dem Teufelskreis von Rache und Vergeltung. Wer kämpfen will, bitte ohne mich!
„… dem halte ich auch die andere Wange hin“. Bei einem Igel ist das, wenn ich mir das vorstelle, besonders wirksam.
Und wir? Ich habe keine Stacheln, aber eine Haltung einem Igel gleich kann viel bewirken. Wir sollten dieses wunderbare Tier achtsam erhalten und dankbar von ihm lernen, wie man Konflikte löst, ohne damit gleich wieder neue zu schaffen und damit gut durchs Leben kommt.