Der Fall von Söldnerchef Jewgeni Prigoschin zeigt unmissverständlich, mit welcher Art von Staat wir es in Russland zu tun haben. Können wir uns auf irgendeine Zusage von Wladimir Putin verlassen?
Was aus dem Fall Prigoschin zu lernen ist„In der Hölle werden wir die Besten sein“
Camorra-Paten sind unschuldige Waisenknaben im Vergleich zu den Leuten, die in Moskau das Sagen haben oder gerne hätten. Der Tod, vermutlich: die Liquidation, des Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin wirft ein grelles Schlaglicht auf Diktator Wladimir Putin und seine Paladine. Putin hatte jahrelang auf diesen Berufsverbrecher gesetzt, bis der ihn durch seinen Aufstand herausforderte. Fensterstürze, vergifteter Tee, Mord durch chemische Kampfstoffe oder Schüsse im Berliner Tiergarten: Putin und seine Entourage agieren im Inneren ebenso kriminell wie im Ausland.
„Wir kommen alle in die Hölle, aber in der Hölle werden wir die Besten sein“ — diese Worte Prigoschins hat sein getreuer Propagandakanal Greyzone sozusagen als sein Vermächtnis verbreitet. Aufgezeichnet wohl kurz vor dem Schicksalsflug, Teil eines von Todesahnung geprägten Dialogs mit seinem Vize Dmitri Utkin.
Ahnten die beiden, welchen Wert das Versprechen Putins hatte, ihr Leben zu schonen? Prigoschin sollte eigentlich gewusst haben, was für ein Lügner der Kremlchef ist. Er hat ja lang genug für ihn gearbeitet.
Beobachter in westlichen Staaten sollten aus dem schauerlichen Geschehen eines lernen: Mit Putin-Russland wird es nie Normalität geben. Natürlich muss man mit der russischen Führung sprechen, was ja auch regelmäßig geschieht. Aber man muss wissen, womit man es zu tun hat: mit staatlich verfasster Bandenkriminalität und nicht mit Politikern, auf deren Unterschrift unter ein Abkommen — beispielsweise einen derzeit ohnehin unrealistischen Waffenstillstand in der Ukraine — man sich verlassen könnte.
Gegen solche Leute hilft nur festes und klares Auftreten: Weitere Unterstützung der Ukraine bei der Befreiung jener Gebiete, in denen russische Truppen schwerste Besatzungsverbrechen begehen, unter dem aktuellen Befehlshaber Waleri Gerassimow nicht anders als unter dem abgesetzten Prigoschin-Freund Sergej Surowikin. Und konsequente Stärkung der eigenen Abwehrfähigkeiten. Leider weckt unsere Regierungskoalition schon wieder Zweifel an ihrer diesbezüglichen Entschlossenheit, indem sie das Zwei-Prozent-Ziel bei Rüstungsausgaben aufweicht. Solche Signale des Wankelmuts kommen in Moskau als Ermutigung zu weiteren Gewalttaten an.