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Rentiere gegen KlimaschutzWarum Greta Thunberg nun gegen Windräder protestiert

Lesezeit 3 Minuten
Greta Thunberg bei ihrer Ansprache gegen die Windkraftanlage

Greta Thunberg bei ihrer Ansprache gegen die Windkraftanlage

Die norwegische Volksgruppe der Samen protestiert und erhält prominente Unterstützung. Der Protest begann bereits vergangene Woche mit der Blockade des Energie- und Ölministeriums.

Mit einer grauen Strickmütze und einem Lächeln auf den Lippen ließ sich Greta Thunberg am Donnerstag von zwei norwegischen Polizistinnen wegtragen – eine Szene vom Protest der Samen gegen die norwegische Regierung in Oslo. Dabei protestierte die schwedische Klima-Aktivistin ausgerechnet auf Seiten der indigenen Volksgruppe gegen den Bestand einer Windkraftanlage auf der Halbinsel Fons. Der Grund: die klimafreundliche Energieform würden die Rentierzucht beeinträchtigen.

Der Protest begann bereits vergangene Woche mit der Blockade des Energie- und Ölministeriums. Am Donnerstag wurden von den samischen Aktivisten dann insgesamt sechs Ministerialgebäude versperrt, sodass dort geplante Sitzungen in anderen Gebäuden abgehalten werden mussten. Die meisten der protestierenden Samen in der traditionellen blau-roten gekleideten Tracht sind Teenager.

Der Streit um die Windkraftanlagen nahe der mittelnorwegischen Stadt Trondheim dauert schon lange, bereits vor dem Bau protestierten die Samen dagegen, und selbst die Vereinigten Nationen schalteten sich in die Auseinandersetzung ein. Die Organisation bat die norwegische Regierung 2018 das Projekt zu stoppen, bis die Rechtslage klar ist. Das Land ignoriert diese Empfehlung. Die Windkraftanlagen Roan und Storheia, konnten 2019 und 2020 in Betrieb genommen werden.

Vor Gericht Recht bekommen

Die 151 Turbinen würden nun jedoch die zweitausend Rentiere von sechs samischen Familien stören. Vor dem Obersten Gericht in Norwegen wurde den Familien im Oktober 2021 per Urteil Recht gegeben: die Windkraftanlagen wären eine Menschenrechtsverletzung, die Entscheidung für den Bau ungültig. Die Samen verweisen seitdem auf das Urteil und verlangen einen Abriss der Anlagen.

Dass die Regierung nicht handele, bestärkt viele des indigen Volks, dass sie weiterhin als Norweger zweiter Klasse gelten. In den Zwanzigerjahren wurden sie offiziell als „minderwertige Rasse“ angesehen, bis in die Sechziger ihre Sprache in den norwegischen Schulen verboten. „Die Trauer und das Trauma gehen über Generationen“, sagte unter Tränen Aina-Sööfe Gaebpien-Njaita, eine Samin, die aus Nordnorwegen angereist war gegenüber den norwegischen Medien.

Die Regierung unter dem Sozialdemokraten Jonas G. Störe , welche die Baugenehmigung für die Anlagen erteilte, verweist indes darauf, dass sie nicht der Besitzer ist, dies sei das Unternehmen „Fosen Vind“.

Minister sucht Dialog mit Demonstranten

Öl- und Energieminister Terje Aasland will eine Lösung finden, ohne, dass die Anlagen abgerissen werden. Er suchte auch diese Woche den Dialog mit den Sitz-Blockierern. „Ich respektiere uneingeschränkt die Rechte der indigenen Völker“, betonte er. Diese allerdings halten die Aussagen des Ministers jedoch für „inhaltslos“ und verlangen eine Unterredung mit dem Premierminister. Der will jedoch erstmal mit den offiziellen Vertretern des Samischen Parlaments sprechen.

Bürgerliche Politiker warnen derweil, dass der Streit eskalieren könne und die Klimapolitik leiden würde. Norwegen, ein Großexporteuer von Erdgas wie Erdöl, speist die Steckdosen seiner Bürger vornehmlich mit Strom aus Wasserkraft und Windkraft. Doch der Strombedarf in dem Land steigt. Die norwegische Energiekommission hat kürzlich vorgeschlagen, bis zum Jahr 2030 40 Terawattstunden (TWh) zusätzlichen Stroms zu erzeugen. Dazu soll unter anderem die Windkraft ausgebaut werden, im Meer wie an der Küste. Weitere Konflikte mit der samischen Urbevölkerung sind mit solchen Plänen somit vorprogrammiert.

Auch gibt es den Plan, in Nordnorwegen die Städte Narvik und Bodö mittels einer Eisenbahn zu verbinden, wobei diese Strecke auch durch Rentiergebiet führen würde.

Mit Greta Thunberg haben die Demonstranten indes prominente Unterstützung an ihrer Seite . „Wir können keinen fairen Klimawandel haben, wenn wir weiterhin Gebiete indigener Völker ausbeuten und kolonisieren“, sagte diese auf einer Kundgebung.

Das gibt neue Energie: Die Aktivisten planen, in den kommenden Tagen alle Ministerien zu blockieren.