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Verdacht der ManipulationTwitter als Sprachrohr des Pentagons missbraucht?

Lesezeit 3 Minuten
Das Twitter-Logo ist auf dem Unternehmenssitz in San Francisco zu sehen.

Das Twitter-Logo auf dem Unternehmenssitz in San Francisco.

Die US-Regierung soll verschleiert über ein Netzwerk von Konten Meinungen manipuliert haben. Twitter soll darüber Bescheid gewusst haben, aber dennoch nichts unternommen haben.

Das Management des Kurznachrichtendienstes hatte nie einen Zweifel daran gelassen: Twitter unternehme erhebliche Anstrengungen, um verdeckte Propagandakampagnen staatlicher Akteure auf seiner Plattform zu erkennen und zu vereiteln, so die Sprachregelung. Doch hinter den Kulissen hat der Social-Network-Riese Konten und Online-Personen des US-Militärs offenbar direkt genehmigt und intern sogar geschützt.

Demnach habe der Kurznachrichtendienst auf Wunsch der Regierung in Washington eine Reihe von Social-Media-Konten auf seine sogenannte Whitelist gesetzt, schreibt Lee Fang, Investigativreporter bei „The Intercept“. Die Tweets galten damit als besonders seriös und vertrauenswürdig, was wiederum deren Verbreitung und Wirkmacht beflügelt haben könnte. Das Pentagon habe das Netzwerk von Konten, zu dem auch von der US-Regierung erstellte Nachrichtenportale und Memes gehören, vor allem zur Meinungsbildung im Jemen, in Syrien, im Irak, in Kuwait genutzt – aber auch darüber hinaus.

„Absichtliche Manipulation“

„Die fraglichen Konten standen anfangs offen mit der US-Regierung in Verbindung. Doch dann scheint das Pentagon seine Taktik geändert und begonnen zu haben, seine Verbindung zu einigen dieser Konten zu verbergen“, schreibt Lee Fang weiter. Er sieht in dem Vorgehen einen „Schritt in Richtung einer absichtlichen Manipulation der Plattform“, die Twitter öffentlich stets abgelehnt hat. Obwohl die Führungskräfte des Konzerns über die Konten Bescheid gewusst hätten, seien sie nicht abgeschaltet worden, sondern über Jahre hinweg aktiv geblieben – einige bis heute.

„The Intercept“ beruft sich bei den Enthüllungen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren ab 2017 beziehen, unter anderem auf interne Twitter-E-Mails, zu denen man jüngst für einen kurzen Zeitraum Zugang im Archiv erhalten habe. Nach dem Kauf von Twitter durch Elon Musk hatte der Tech-Milliardär damit begonnen, Zugang zu den Dokumenten des Unternehmens zu gewähren. Seine Idee dahinter: „alles Schlechte, was Twitter in der Vergangenheit getan hat, aufdecken“.

Die Akten, die auch Aufzeichnungen enthalten, die unter Musks Besitz entstanden seien, böten einen beispiellosen, wenn auch unvollständigen Einblick in die Entscheidungsfindung eines Social-Media-Konzerns, so „The Intercept“. Die Enthüllungsplattform beruft sich auch auf Gespräche mit ehemaligen Twitter-Mitarbeitern, die aber anonym bleiben wollen.

„Es ist zutiefst besorgniserregend, wenn das Pentagon daran arbeitet, die öffentliche Meinung über die Rolle unseres Militärs im Ausland zu formen, und noch schlimmer, wenn private Unternehmen dabei helfen, dies zu verschleiern“, sagte Erik Sperling, Geschäftsführer von Just Foreign Policy. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für diplomatische Lösungen in ausländischen Konflikten ein.

In der Vergangenheit hatte sich Twitter stets verpflichtet, staatlich unterstützte Desinformations- und Propagandabemühungen zu unterbinden, ohne jedoch explizit eine Ausnahme für die USA zu machen. Noch 2020 sagte der damalige Twitter-Sprecher Nick Pickles vor dem Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses, das Unternehmen unternehme „aggressive Anstrengungen“, um „koordinierte Plattformmanipulationsbemühungen“ zu unterbinden, die staatlichen Stellen zugeschrieben würden.

Sonderregeln für US-Militär

So hatte Twitter 2018 beispielsweise die massenhafte Sperrung von Konten verfügt, die mit Propagandaaktivitäten der russischen Regierung in Verbindung standen. „Zwei Jahre später brüstete sich der Konzern damit, fast 1000 Konten wegen Verbindungen zum thailändischen Militär gesperrt zu haben“, so Lee Fang. Auf die Propaganda des US-Militärs wurden die scharfen Regeln indes offenbar nicht angewandt.