Verband: „Familien für Bereitschaftspflege sind Mangelware”
Karlsruhe – Jugendämter suchen immer wieder Familien, die bereit sind, kurzfristig ein Kind aufzunehmen. Zwar beobachtet der Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien (PFAD) in ländlichen Regionen sogar teils eine größere Bereitschaft als nötig, spontan ein Kind in Not aufzunehmen.
Vor allem in größeren Städten sei der Bedarf jedoch groß. Generell gelte: „Familien für Bereitschaftspflege sind Mangelware”, betonte Carmen Thiele vom Bundesverband.
Sei es, weil Mutter und Vater sich trennen, zu sehr im Job eingespannt, überfordert oder krank sind, ein Suchtproblem haben oder Kinder durch einen Unfall zu Waisen wurden - es sind keineswegs nur Gewaltexzesse oder so schreckliche Fälle wie der bei Freiburg über Jahre missbrauchte Neunjährige, in denen das Jugendamt einschreitet.
Wenn es so weit kommt, muss es oft sehr schnell gehen. Dafür gibt es Pflegeeltern in Bereitschaft. Immer auf Abruf zu sein, auf Erwerbstätigkeit zu verzichten, sich jedes Mal auf ein Kind neu einzustellen und es dann nach kurzer Zeit wieder abgeben zu müssen - „das ist nicht einfach. Da wird Familien ganz schön was abverlangt”, weiß Thiele.
Das Bundesfamilienministerium sieht in der Rekrutierung von geeigneten Familien eine große Herausforderung: Diese müssten nicht nur flexibel, sondern angesichts der akuten Krisen- und Gefahrensituation der Kinder auch sehr belastbar sein - und ein „ausbalanciertes Nähe-Distanz-Verhältnis” zum Kind aufbauen können.
Jugendämter nahmen in Deutschland allein 2016 rund 84 200 Kinder in Obhut, darunter sind nach vorsichtiger Schätzung des Bundesfamilienministeriums rund 15 000 in Bereitschaftspflege. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) waren das 6600 Inobhutnahmen mehr als 2015 (plus 8,5 Prozent.) Ein Grund für den Anstieg sind auch Einreisen unbegleiteter Flüchtlinge. (dpa)