In Zeiten internationaler Turbulenzen ist das US-Repräsentantenhaus mit sich selbst beschäftigt. Gelingt es einem Hardliner, das oberste Amt zu besetzen?
Vertrauter von Donald TrumpJordan verliert erneut Wahl für Chefposten im US-Parlament
Nach zwei ergebnislosen Wahlgängen zur Nachbesetzung eines mächtigen Chefpostens im US-Parlament geht die Hängepartie im Repräsentantenhaus weiter. Der Republikaner Jim Jordan scheiterte bei der Wahl zum Vorsitzenden der Kongresskammer auch im zweiten Anlauf. Aufgrund von Gegenstimmen aus seiner eigenen Fraktion verfehlte der Vertraute des früheren US-Präsidenten Donald Trump bei der Abstimmung am Mittwoch erneut die nötige Mehrheit. Das Repräsentantenhaus ist damit vorerst weiter politisch großteils lahmgelegt. Denn bis ein neuer Vorsitzender bestimmt ist, liegt die Gesetzgebungsarbeit dort weitgehend brach.
Jordan hatte bereits am Dienstag im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Zahl an Stimmen in der Parlamentskammer erreicht. Bei dem Votum am Mittwoch bekam der 59-Jährige 199 Stimmen aus seiner Fraktion und damit noch eine Stimme weniger als am Tag zuvor. Es ist unklar, ob es ihm gelingen wird, noch ausreichend Skeptiker aus den eigenen Reihen auf seine Seite zu ziehen.
US-Parlament: Der Hardliner Jordan
Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus nur eine knappe Mehrheit. Die Fraktion stellt derzeit 221 Sitze in der Parlamentskammer, die Demokraten von US-Präsident Joe Biden haben 212 Sitze. Jordan kann sich daher nur sehr wenige Abweichler leisten. Aus den Reihen der Demokraten kann er nicht mit Unterstützung rechnen.
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Der Abgeordnete aus Ohio gehört zum rechten Rand der Fraktion und ist seit Jahren ein ergebener Getreuer Trumps. Er gehörte dem Verteidigerteam bei Trumps erstem Amtsenthebungsverfahren an und stand auch im zweiten Impeachment-Verfahren gegen den damaligen Präsidenten wegen der Kapitol-Attacke vom 6. Januar 2021 stramm an dessen Seite. Inzwischen leitet Jordan den einflussreichen Justizausschuss, der sich auch mit Ermittlungen gegen Präsident Biden beschäftigt.
Vor nicht allzu langer Zeit schien es noch undenkbar, dass ein Hardliner wie Jordan überhaupt für den mächtigen Posten an der Spitze der Parlamentskammer infrage kommen könnte. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses kommt in der staatlichen Rangfolge der USA an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize. Jordans Aufstieg vom rechten Rebellen am äußersten Rand seiner Partei zum offiziellen Kandidaten für die mächtigste Rolle in der Kongresskammer zeigt, wie weit die republikanische Fraktion nach rechts gerückt ist und welchen Einfluss Trump und dessen Gleichgesinnte auf die Partei haben.
USA: Die zerrüttete republikanische Fraktion
Die republikanische Fraktion ist extrem zersplittert und nur schwer auf einen Nenner zu bringen. McCarthy hatte es im Januar erst im 15. Wahlgang auf den Vorsitzenden-Posten geschafft. Nach seiner Abwahl bestimmte die Fraktion zunächst den rechtskonservativen Steve Scalise zum möglichen McCarthy-Nachfolger. Doch Scalise konnte sich in den eigenen Reihen nicht die nötige Mehrheit sichern und zog seine Kandidatur noch vor einer Abstimmung im Plenum zurück.
Das Gezerre der Republikaner und die Lähmung des Parlaments kommen angesichts großer internationaler Konflikte in der Ukraine und in Israel, mit denen sich das US-Parlament eigentlich beschäftigen müsste, zur Unzeit - nicht nur für die USA. Das Repräsentantenhaus hat unter anderem über weitere Hilfen für Kiew zu entscheiden, wie auch über einen Bundeshaushalt insgesamt. Vorerst ist nur ein Übergangshaushalt bis Mitte November beschlossen, in dem keine Unterstützung für die Ukraine enthalten ist.
Patrick McHenry: Der Plan B
Vorerst fungiert der Republikaner Patrick McHenry als Übergangs-Vorsitzender im Repräsentantenhaus. Er ist aber eigentlich nur für formelle Aufgaben vorgesehen, etwa die Organisation der Wahl eines Langfrist-Vorsitzenden. Mehrere Abgeordnete brachten ins Gespräch, McHenry für einen befristeten Zeitraum mit weiteren Befugnissen auszustatten, falls sich die Suche nach McCarthys Nachfolger länger hinziehen sollte. Dies soll legislative Arbeit ermöglichen und verhindern, dass es Mitte November zu einem als „Shutdown“ bezeichneten Stillstand der Regierungsgeschäfte kommt, falls bis dahin kein neuer Bundeshaushalt beschlossen ist. Ob diese Idee tatsächlich mehrheitsfähig wäre, ist aber offen. (dpa)