Ungarns Regierungschef Orban verlässt vorzeitig den Nato-Gipfel, um Donald Trump zu treffen. Die beiden Populisten inszenieren sich als Friedensstifter.
Ungarn provoziert Partner erneutOrban verlässt Nato-Gipfel für Trump-Besuch
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat sich nach dem Nato-Gipfel in Washington mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump getroffen. „Wir haben darüber gesprochen, wie wir Frieden schaffen können“, erklärte Orban am Donnerstagabend (Ortszeit) in Onlinenetzwerken und veröffentlichte ein Bild des Treffens. Der Besuch fand in Trumps Privatresidenz Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida statt. Orban reiste dafür bereits vor Ende des Jubiläumstreffens aus Washington ab.
Orban auf „Friedensmission“ - Partner irritiert
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte im Vorfeld von „Irritationen“ in der Europäischen Union (EU) angesichts eines möglichen Treffens von Orban und Trump gesprochen. Für die Außenpolitik sei der EU-Außenbeauftragte zuständig, sagte sie am Donnerstag.
Orban, dessen Land derzeit für sechs Monate den rotierenden EU-Ratsvorsitz inne hat, hatte erst kürzlich mit einem Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau breite Kritik ausgelöst. Außerdem besuchte er China. Die Reisen beschrieb Orban später angesichts des Krieges in der Ukraine als „Friedensmission“.
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„Viktor Orban hat weder ein Mandat von der Allianz noch von der Europäischen Union, irgendeine Art der Verhandlungen zu führen“, sagte der finnische Präsident Alexander Stubb beim Nato-Gipfel. „Er kann es in seinem eigenen Namen tun. Aber ich bin grundsätzlich nicht damit einverstanden, das zu tun. Ich sehe einfach nicht den Sinn darin.“
Orbans „Friedensmission“ sorgte vor allem in Brüssel für Aufregung, weil der Kreml den Moskau-Besuch für seine Propaganda ausschlachtete.Bundeskanzler Olaf Scholz erteilte allerdings Forderungen nach Konsequenzen wie zum Beispiel einem vorzeitigen Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft eine Absage. „Solche Überlegungen gibt es nicht“, sagte er vor der Presse nach dem Gipfel. „Wichtig ist, dass sich alle darüber klar sind, der ungarische Ministerpräsident agiert als solcher“ und nicht im Rahmen der Aufgaben der EU-Ratspräsidentschaft, fügte Scholz hinzu.
Ungarn provoziert bei Nato-Gipfel
Die ungarische Regierung hat den Nato-Partnern zum Abschluss des Bündnisgipfels in Washington Doppelmoral und Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen. „Wir werden weiterhin für Dialog und diplomatische Kanäle eintreten, da die derzeitige Strategie der letzten zweieinhalb Jahre ein totaler Fehlschlag war“, sagte Außenminister Peter Szijjarto nach Angaben eines Sprechers in einer Sitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Szijjarto vertrat dort Regierungschef Viktor Orban, der sich bereits auf dem Weg zu Donald Trump befand.
Konkret kritisierte Szijjarto, dass es inkonsistent sei, dass die Nato den Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu verhandeln.
„Sie wollen, dass Israel mit einer terroristischen Organisation verhandelt, um eine Sicherheitskrise zu lösen, während die diplomatischen Kanäle für den Ukraine-Krieg geschlossen sind“, sagte er.
Verdacht von Geheimverhandlungen
Als ebenfalls inkonsistent kritisierte Szijjarto, dass auf EU-Länder wie Ungarn Druck ausgeübt werde, die nukleare Zusammenarbeit mit Russland zu beenden, während der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im Bereich Uran, zunehme. Dabei stellte er auch die Frage, ob es vielleicht Geheimverhandlungen gebe.
Zu dem Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Szijjarto, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen könnte. Es sei deswegen wichtig, die Mitgliedschaft genau zu prüfen.
Nato-Partner widersprechen
Von Sitzungsteilnehmern hieß es nach dem Gipfel, Ungarn sei bei der Diskussion isoliert gewesen. Mehrere Alliierte hätten auch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit den Einlassungen des ungarischen Außenministers nicht einverstanden seien.
Die Reise von Orban zu Trump hatte bei dem Gipfel schon vor der Rede seines Außenministers für Diskussionen gesorgt. Der frühere US-Präsident, der nach seiner Abwahl vor vier Jahren nun wieder bei der Präsidentschaftswahl antritt, gilt wie Orban als offen für Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach einem Treffen im März hatte Orban Trump als „Präsidenten des Friedens“ bezeichnet, während der Amerikaner den Ungarn als „besten Führer“ überhaupt rühmte.
Orban veröffentlichte auf X ein Foto von dem Treffen, das in Trumps Anwesen Mar-a-Lago stattfand, und schrieb dazu: „Friedensmission 5.0 (...) Wir haben über Wege zum #Frieden diskutiert. Die gute Nachricht des Tages: Er wird es lösen!“
Orban ist ein Anhänger Trumps, er hatte den Ex-Präsidenten bereits Anfang März in Mar-a-Lago getroffen. Die ungarische Ratspräsidentschaft hat Orban unter das Motto „Make Europe Great Again“ (Macht Europa wieder groß!) gestellt - eine Anlehnung an Trumps Slogan „Make America Great Again“.
Sowohl Orban als auch Trump haben Vorbehalte gegen die Rolle der Nato-Länder bei der Unterstützung der Ukraine geäußert. Beide lehnen Waffenlieferungen an Kiew ab, da diese aus ihrer Sicht den Krieg befeuern. (dla mit afp/dpa)