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Frage des TagesScheitert Erdogan mit der Invasion in Syrien?

Lesezeit 3 Minuten
Erdogan afp

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan

  1. Mit unserer „Frage des Tages“ greifen wir aktuelle gesellschaftliche und politische Fragen auf und geben Antworten.
  2. Diesmal: Die Türkei will eine Sicherheitszone an der türkisch-syrischen Grenze einrichten. Erste Angriff auf die kurdisch YPG sind erfolgt.
  3. Die drei wichtigsten Gründe, warum der türkische Präsident mit der Militäraktion scheitern könnte.

Istanbul – Das türkische Militär hat seine Offensive gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien fortgesetzt und erste Geländegewinne erzielt – Dennoch sind die Erfolgsaussichten des Präsidenten gering. Die türkische Regierung betrachtet die Militärintervention in Syrien als legitimes Mittel, um kurdische Extremisten im Nachbarland zu bekämpfen und die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland zu ermöglichen. Doch ist es das wirklich? Die drei wichtigsten Gründe dafür, dass die Militäraktion der Türkei in Syrien scheitern dürfte.

Erstens – Unrealisitsche, politische Ziele

Die Türkei verfolgt mit dem Einsatz völlig unrealistische politische Ziele. Zwar hat die Türkei ein berechtigtes Interesse daran, sich vor der kurdischen Terrororganisation PKK und deren Ableger YPG zu schützen. Doch der Einmarsch wird das PKK-Problem nicht lösen. Ohne politische Initiativen zur Lösung der Kurdenfrage wird die Wirkung des Angriffs rasch verpuffen. Westlich vom derzeitigen Einsatzgebiet hält die Türkei seit mehr als drei Jahren syrisches Gebiet besetzt, ohne dass Ankara diese Gegenden bisher dauerhaft befrieden konnte.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit mehrere Millionen Syrer aus der Türkei in neue Dörfer in der angestrebten „Sicherheitszone“ in Syrien gebracht werden können, wie Ankara das anstrebt. Die meisten Syrer in der Türkei kommen aus anderen Gegenden des Bürgerkriegslandes und werden kaum freiwillig in ein Gebiet ziehen, das ihnen fremd ist. Ohne Frieden in ganz Syrien werden die allermeisten Flüchtlinge in der Türkei bleiben wollen.

Zweitens – Türkei isoliert sich

Ankara hat sich mit der Militäraktion international isoliert: US-Politiker arbeiten sogar an Sanktionen gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan persönlich. Die türkische Regierung wurde von den überwiegend negativen Reaktionen kalt erwischt. Er habe nicht gewusst, dass die kurdischen Extremisten im Ausland so beliebt seien, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu voller Enttäuschung.

Wegen der Kritik des Westens fehlt auch die Unterstützung, die für die Umsiedlung syrischer Flüchtlinge in die geplante „Sicherheitszone“ nötig wäre. Die EU ließ die Türkei bereits wissen, dass sie sich nicht an den geschätzten Kosten von 23 Milliarden Euro für das Projekt beteiligen wird.

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Die Türkei kann auch nicht darauf hoffen, von anderen Staaten bei der Befriedung besetzter Gebiete in Syrien unterstützt zu werden. Auch Russland und der Iran, mit denen die Türkei in Syrien zusammenarbeitet, haben bisher keine Unterstützung für den Angriff erkennen lassen.

Insbesondere die Zukunft des IS wird darüber entscheiden, ob die türkische Syrien-Mission am Ende international als Erfolg oder Misserfolg gewertet wird. Sollte die Terrormiliz wegen der türkischen Militäraktion seine Macht wieder ausbauen können und Gefangene befreien, wird Ankara international am Pranger stehen.

Drittens – Unlösbare Probleme

wird Erdogans Regierung ihre innenpolitischen Probleme mit Hilfe des Syrien-Feldzugs nicht lösen können. Manche Beobachter erwarten, dass sich der Präsident mit einem relativ kurzen Einmarsch zufrieden geben wird, um sich vor den Wählern als erfolgreicher Feldherr zu präsentieren und vorgezogene Neuwahlen auszurufen.

Die meisten Türken nehmen die Intervention allerdings nur als notwendiges Übel hin, von Kriegsbegeisterung ist nichts zu spüren. Wichtiger für die meisten Wähler ist die schlechte Lage der Wirtschaft – und da hilft der Krieg nicht, im Gegenteil: Die türkische Lira verliert wegen der US-Sanktionsdrohungen an Wert. Zudem hat Erdogan hohe Erwartungen an eine baldige Rückführung von Millionen Flüchtlingen geweckt, die er kaum erfüllen kann. Die Syrien-Intervention könnte sich für den Präsidenten als Bumerang erweisen.