Die Berichte über ein Treffen von Rechtsradikalen in einer Potsdamer Villa und die „Remigration“-Fantasien sehen Menschen als Weckruf aus der eigenen Lethargie.
StudieDemos sind ein Weckruf aus der empfundenen Lethargie
Die derzeitigen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus vermitteln den Teilnehmern einer Studie des Kölner Rheingold-Institutes zufolge ein Gefühl von Handlungsmacht und Zusammengehörigkeit. „Die Menschen haben das Gefühl, sie stecken in einem krisenhaften Alltag fest“, so der Psychologe und Rheingold-Gründer Stephan Grünewald. Der bald zwei Jahre währende Krieg in der Ukraine, die immer wieder aufflackernde Corona-Pandemie und das Dauerthema Migration würden als Krisen mit „Zombie-Qualität“ empfunden, weil sie einfach nicht totzukriegen seien. Das Resultat sei ein Ohnmachtsgefühl.
Befreiender Weckruf
In dieser Situation seien die Berichte über ein Treffen von Rechtsradikalen in einer Potsdamer Villa und die dort diskutierten „Remigration“-Fantasien als Weckruf aus der eigenen Lethargie erlebt worden. Viele Menschen hätten es als befreiend erlebt, jetzt plötzlich mit der Teilnahme an den Demonstrationen ein Zeichen setzen zu können. „Man erlebte auf einmal eine ungeheure Zusammengehörigkeit, es war toll, wenn man auf diese Plätze kam und sah: Man ist nicht alleine, man ist Teil einer kraftvollen Bewegung.“ Viele, die bei der Bundestagswahl vielleicht SPD, Grüne oder FDP gewählt hätten, aber inzwischen mit der Ampel fremdelten, hätten den Eindruck, nun wieder eine politische Heimat gefunden zu haben.
AfD-Sympathisanten, die noch nicht fest in der AfD verwurzelt seien, können Grünewald zufolge angesichts der Massenbewegung durchaus ins Grübeln kommen und sich vielleicht von der AfD abkehren, während klassische Protestwähler sich durch die Demos eher ausgegrenzt fühlten. Überzeugte ideologische AfD-Wähler zweifelten an, dass es die Demos überhaupt in diesem Umfang gebe und sähen in der Berichterstattung darüber einen Beleg für die „Gleichschaltung“ der Medien. (dpa)