- „Ich habe alle Anforderungen erfüllt. Jetzt liegt es am Gericht, ob ich der Regisseur meines Lebens sein darf.“
- So äußerte sich Harald Mayer, einer der sechs Kläger vor dem Verwaltungsgericht in Köln.
- Die 7. Kammer gaab die Entscheidung über ein generelles Verbot von Medikamenten zur Selbsttötung an das Bundesverfassungsgericht weiter.
Köln – Ein generelles Verbot von Medikamenten zur freiwilligen Selbsttötung im schweren Krankheitsfall könnte nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Zu diesem Schluss kam am Dienstag die 7. Kammer des Kölner Verwaltungsgerichts.
Einer der Kläger ist der 49 Jahre alte Harald Mayer aus Rammstein in Rheinland-Pfalz. Er begehrt, wie auch die anderen Kläger, vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung. Sein Antrag wurde aber, wie auch die Übrigen, vom BfArM abgelehnt.
„Den letzten Akt selbst in der Hand haben“
„Ich habe alle Anforderungen erfüllt. Jetzt liegt es am Gericht, ob ich der Regisseur meines Lebens sein darf“, sagte Mayer. Der 49-Jährige ist an Multipler Sklerose erkrankt, vom Schultergürtel abwärts bewegungsunfähig und sitzt in einem Rollstuhl, den er über einen Computer mit seiner Mimik steuert. „Ich kann nichts mehr selbst tun“, erklärte Mayer. Acht Assistenten betreuen den 49-Jährigen, der seine Tage mit Fernsehgucken verbringt. Seine größte Angst ist es, aufgrund einer im Endstadium seiner Krankheit möglichen Lähmung der Atemwege qualvoll zu ersticken. „Die Angst, dass ich einen qualvollen Tod sterben muss, gibt mir die Kraft das alles durchzustehen“, sagte Mayer.
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Die größte Erleichterung für ihn wäre es zu wissen, „dass ich meinen letzten Akt selbst in der Hand hätte“, so Mayer.
Bei seinem Antrag auf eine tödliche Dosis des Mittels an das Bundesinstitut stützte Mayer sich auf ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2017. Darin war der Verkauf von entsprechenden Medikamenten in gewissen Fällen erlaubt worden. Voraussetzung sei, dass sich der Suizidwillige wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden in einer extremen Notlage befinde.
Schutzpflicht könnte hinter Selbstbestimmungsrecht treten
Ferner müsse der Patient entscheidungsfähig sein und andere zumutbare Möglichkeiten zur Verwirklichung seines Sterbewunsches nicht zur Verfügung stehen. Eine Order des Gesundheitsministeriums wies das Amt dennoch an, alle eingehenden Anträge abzulehnen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechtfertigte die Entscheidung mit einem vom Bundestag beschlossenen Verbot der Sterbehilfe.
Die 7. Kammer des Kölner Verwaltungsgerichts zeigte sich gestern überzeugt, dass ein generelles Verbot des Erwerbs einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital für Schwerkranke in einer existenziellen Notlage nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die staatliche Schutzpflicht für das Leben könne in begründeten Einzelfällen hinter das Recht des Einzelnen auf einen frei verantworteten Suizid zurücktreten.
Prof. Robert Roßbruch, Vize-Präsident des Vereins „Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben“ und Anwalt dreier Kläger, sagte im Anschluss an die mündliche Verhandlung: „Ich bin zufrieden mit der Entscheidung.“ Mit der Verweisung an das BVG würden die Verfahren erheblich beschleunigt. Ein Gang durch alle Instanzen würden die meisten Kläger wohl nicht erleben. Dennoch wird auch mit einer Entscheidung des BVG frühestens in anderthalb bis zwei Jahren gerechnet.