AboAbonnieren

Sprachtests vor der Einschulung?Schulleiter sieht Zukunftsfähigkeit der Kinder in Deutschland in Gefahr

Lesezeit 2 Minuten
Kinder lesen in einer Grundschule. Im Vordergrund liegt ein Stapel mit Büchern.

Ohne ausreichende Deutschkenntnisse wird es für Schüler schon ab der ersten Klasse schwierig. Foto: dpa

In Hamburg werden Kinder weit vor der Einschulung einer verpflichtenden Sprachuntersuchung unterzogen. Bei mangelnden Deutschkenntnissen erhalten sie frühzeitig Sprachunterricht.

Die Gräfenau-Grundschule in Ludwigshafen ist mittlerweile bundesweit bekannt. Als sich herumsprach, dass von 132 Erstklässlern 40 vermutlich nicht versetzt werden, wollten Medien und Bildungspolitiker wissen, was da wohl los sei. Die Rektorin verwies darauf, dass 98 Prozent der Schüler an ihrer Schule Migrationshintergrund hätten. Viele sprechen offenbar schlecht Deutsch oder verstehen es gar nicht. Von Brennpunkt-Schule wird seitdem häufig gesprochen. Die Landespolitik versprach, Hilfe zu schicken. Doch die Lehranstalt in Rheinland-Pfalz ist nicht allein mit derartigen Problemen.

Gudrun Wolters-Vogeler ist, vereinfacht gesagt, Deutschlands oberste Schulleiterin. Als Vorsitzende des Allgemeinen Schulleitungsverbandes ist sie Interessenvertreterin der Rektoren – und weiß um die Probleme in der Fläche. „Die Aufgabe der Schulen ist es, die Kinder zukunftsfähig und alltagstauglich aufzustellen“, sagt Wolters-Vogeler und schiebt hinterher: „Das können Lehrer aber nicht leisten, wenn sie die Kinder nicht verstehen und andersherum.“ Solche Sprachprobleme setzten sich auch bei älteren Kindern und Jugendlichen fort: „Wie soll man Fachbegriffe verstehen, wenn man die Wörter drumherum in einem Text nicht kennt“, fragt Wolters-Vogeler. Sie fordert daher, dass sich alle Bundesländer an Hamburg ein Vorbild nehmen sollten, hier leitet die Verbandschefin eine Grundschule.

Verpflichtenden Sprachuntersuchung vor der Einschulung

In der Hansestadt werden Kinder weit vor der Einschulung einer verpflichtenden Sprachuntersuchung unterzogen. Bei mangelnden Deutschkenntnissen erhalten sie schon vor dem Grundschulstart Sprachunterricht. Solche verpflichtenden Sprachtests müssten ausgeweitet werden, sagt Wolters-Vogeler, denn: „Es muss sichergestellt werden, dass Kinder mit einem ausreichenden Wortschatz ins Schulleben starten. Und wer ihn nicht hat, muss ihn möglichst vorher erwerben.“ Nur so hätten Kinder mit Migrationshintergrund eine Chance im deutschen Schulsystem.

Besonders im Fokus stehen dabei Schulen mit einem hohen Anteil solcher Schüler, auch wenn das nicht zwangsläufig etwas über die Deutschkenntnisse aussagt.

Wer gilt überhaupt als Kind mit Migrationshintergrund? Die Kultusminister der Bundesländer haben sich dazu auf eine Definition geeinigt: nicht in Deutschland geboren, keine deutsche Staatsangehörigkeit, eine Familie, in der nicht primär Deutsch gesprochen wird. Ein Kriterium reicht, um statistisch erfasst zu werden. Seit dem Schuljahr 2019/2020 werden dazu hierzulande auch entsprechende Statistiken geführt.