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Schwarzbuch NRWDie sechs ärgsten Fälle von Steuerverschwendung

Lesezeit 4 Minuten
„Ein einziges Trauerspiel“ ist aus der Sicht des Bundes der Steuerzahler NRW die Kostenexplosion bei der Sanierung der Kölner Oper.

„Ein einziges Trauerspiel“ ist aus der Sicht des Bundes der Steuerzahler NRW die Kostenexplosion bei der Sanierung der Kölner Oper.

Goldene Bänke, Selfie-Points im Ruhrgebiet und die Kölner Oper: Sie alle haben etwas gemeinsam und werden nun vom Steuerzahlerbund besonders hervorgehoben.

Einmal im Jahr nennt der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch“ 100 Fälle schwerster Steuerverschwendung in ganz Deutschland. NRW nimmt auch in diesem Jahr wieder viel Raum ein auf der berüchtigten Verschwender-Liste. Hier einige Beispiele.

1. Selfie-Points

Weltweit richten Städte Schriftskulpturen ein, vor denen sich Besucher selbst fotografieren. Bochum und Duisburg machen den Trend mit und haben für ihre „Selfie-Points“ je rund 100.000 Euro ausgegeben. Viel Geld für diese hoch verschuldeten Städte, finden die Steuerzahlerschützer. Zumal die Folgekosten hoch seien: Für die Duisburger Schriftskulptur „Duisburg ist echt“ zum Beispiel zusätzlich 11.280 Euro für eine „mobile Powerstation“ zur Beleuchtung. Reinigung und Reparaturen kosteten in Duisburg 3000 Euro im Jahr, und jeder der häufigen Standortwechsel der Skulptur schlage mit 3500 Euro zu Buche.

Bonn und Köln zeigten, dass „Selfie-Points“ die Stadtkasse nicht stark belasten müssten. In der Domstadt sei dafür das Festkomitee Kölner Karneval zuständig, in der Bundesstadt der von Sponsoren unterstützte Verein „City Marketing Bonn“.

2. Fotoinstitut

Essen und Düsseldorf liegen seit Jahren im Clinch um das Bundesfotoinstitut. Die Vergabe dieses Instituts in die Landeshauptstadt ist für den Steuerzahlerbund „in vielerlei Hinsicht kritikwürdig“. Rik Steinheuer, Verbands-Chef in NRW, moniert, dass der Streit auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgetragen worden sei und immer noch werde.

Rätselhaft sei, warum der Bund den Empfehlungen eines von ihm selbst in Auftrag gegebenen und 200.000 Euro teuren Expertengutachtens, das Essen favorisierte, nicht gefolgt sei. Essen ließ sich demnach ein eigenes Gutachten 27.500 Euro kosten, dessen Ergebnis der Haushaltsausschuss des Bundes erst gar nicht abgewartet habe.

Das teure Ringen ums Institut gehe trotz des Zuschlags für Düsseldorf weiter. In Essens Haushalt seien 500.000 Euro für die „Stärkung der Fotostadt Essen“ eingestellt worden. „Für Essen ist die Standortfrage nicht abschließend geklärt“, so der Steuerzahlerbund. Düsseldorf wiederum habe beschlossen, einem neu zu gründenden Förderverein des Instituts zusätzlich 76.000 Euro zu geben.

3. Goldene Bänke

Wuppertal zählt zu den am höchsten verschuldeten Städten in NRW, gönnt den Wuppertalern aber in der City zehn goldfarben beschichtete und in der Nacht leuchtende Bänke für insgesamt 400.000 Euro. „Für eine Stadt mit 1,6 Milliarden Euro Schulden ist das maßlos“, meint Steinheuer. Zur Wahrheit gehört aber dazu, dass Bund und Land die Kosten für die Luxus-Sitzgelegenheiten zu 80 Prozent gefördert haben.

Wuppertal: Passanten gehen an den goldglänzenden Bänken in der Fussgängerzone von Elberfeld vorbei.

Wuppertal: Passanten gehen an den goldglänzenden Bänken in der Fussgängerzone von Elberfeld vorbei.

4. Kölner Oper

„Ein einziges Trauerspiel“ ist aus der Sicht des Bundes der Steuerzahler NRW die Kostenexplosion bei der Sanierung der Kölner Oper. Von 350 Millionen Euro ging die Stadt einst aus, nun laufe es womöglich auf mehr als 700 Millionen Euro hinaus.

Köln hat übrigens gleich drei Kapitel im „Schwarzbuch“. So werde die Zentralbibliothek mehr und mehr zum „Sanierungsdesaster“. Aus den zunächst erwarteten 15,8 Millionen Euro Sanierungskosten könnten knapp 140 Millionen Euro werden. Eine „Posse“ sei fast jeden Tag auf dem Kölner Heinrich-Böll-Platz zu sehen. Etwa 1000-mal im Jahr wird dieser Platz gesperrt, weil sich darunter die Philharmonie befindet, und das Klackern von Rollkoffern, Absätzen oder Skateboards kaum gefiltert an die sensiblen Ohren der Musikerinnen und Musiker dringt. Die Kosten für die Bewachung der Absperrungen steigen stark: von 100.000 Euro im Jahr 2015 auf 271.000 Euro im vergangenen Jahr, so der Steuerzahlerbund.

5. Aqua-Zoo

Das „Aquazoo Löbbecke Museum“ in Düsseldorf wird nur sechs Jahre nach seiner Renovierung schon wieder zum Sanierungsfall, kritisieren die Steuerwächter. Grund sei Pfusch am Bau, in diesem Fall ein falscher Mörtel, der ausgerechnet in einem Wasserzoo Wasser nicht standhält. Kosten der Nachbesserung: geschätzt 770.000 Euro. Dabei schlug die erste Sanierung zwischen 2013 und 2017 mit 21 Millionen statt der zunächst erwarteten 13 Millionen Euro zu Buche.

6. Krösus

Monheim ist im Gegensatz zu Hagen, Duisburg und Bochum eine reiche Stadt und daher inzwischen offenbar dem Größenwahn verfallen, finden die Autoren des Schwarzbuches. Die Kommune baue für 127 Millionen Euro eine Veranstaltungshalle, in der theoretisch jeder zehnte Einwohner Platz hätte. Das sei „völlig überdimensioniert“. Darüber hinaus plane Monheim auch noch die größte Turnhalle Europas.


Teure Selbstdarstellung der Landesregierung

Bund und Länder erliegen nach Einschätzung des Steuerzahlerbundes immer häufiger der Versuchung, Steuereinnahmen für die Selbstdarstellung auszugeben. Die „Ampel“ in Berlin produziere zum Bespiel teure Podcasts für relativ wenige Zuschauerinnen und Zuschauer. Ein „Paradebeispiel für Steuerverschwendung“, so der Verband.

Auch die NRW-Landesregierung nehme viel Geld für die eigene PR in die Hand, moniert Rik Steinheuer. Im Jahr 2013 habe das Land im Haushalt noch 2,6 Millionen Euro für Werbung in eigener Sache veranschlagt, im vergangenen Jahr seien es 6,4 Millionen Euro gewesen. Den Höhepunkt hätten die Werbe-Aktivitäten der Landesregierung aber während der Pandemie erreicht: 8,5 Millionen Euro seien dafür im Jahr 2020 ausgegeben worden.