Washington – Während das US-Repräsentantenhaus wegen der Ukraine-Affäre auf eine Amtsenthebungsanklage gegen Präsident Donald Trump zusteuert, treibt das US-Justizministerium eine andere Untersuchung von politischer Brisanz voran: Laut US-Medien hat das Ministerium ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren zu den Methoden der Russland-Untersuchungen gegen Trump und sein Wahlkampfteam eingeleitet. Trump verspricht sich von dem Verfahren offenkundig politische Vorteile.
Trump nannte Mueller-Untersuchungen wiederholt „Hexenjagd“
Der Präsident hat die von der Bundespolizei FBI und dem früheren Sonderermittler Robert Mueller geführten Untersuchungen zu den mutmaßlichen verdeckten russischen Einmischungen zu seinen Gunsten in die Wahl 2016 immer wieder als „Hexenjagd“ und Verschwörung eines sogenannten tiefen Staates - ihm feindlich gesonnener Akteure im Regierungsapparat - angeprangert. Bereits im Mai ließ Justizminister Bill Barr Nachforschungen zu möglichen Gesetzesverstößen bei den Russland-Untersuchungen starten. Sie hatten zunächst aber nur den Status einer verwaltungstechnischen Überprüfung.
Durch die jetzt erfolgte Aufwertung zu einem Ermittlungsverfahren werden die Vollmachten des federführenden Bundesanwalts John Durham erheblich ausgeweitet. Er kann etwa sogenannte Subpoenas - also rechtsverbindliche Aufforderungen - für Zeugenaussagen und zur Herausgabe von Dokumenten erlassen. Auch kann er strafrechtliche Anklageerhebungen erwirken. Damit sei die „ungewöhnliche Situation“ entstanden, dass das Justizministerium gegen sich selbst ermittelt, konstatierte die „New York Times“. Das FBI ist dem Ministerium untergeordnet.
„Tiefe neue Besorgnisse“ nach Mueller-Bericht
Der Sonderermittler war im Mai 2017 vom damaligen Vizejustizminister Rod Rosenstein eingesetzt worden. Muellers fast zweijährige Nachforschungen wurden vom Justizministerium beaufsichtigt. Die oppositionellen Demokraten reagierten alarmiert auf die Berichte über das Ermittlungsverfahren. Sie lösten „tiefe neue Besorgnisse“ aus, dass das Justizministerium unter dem seit Februar amtierenden Barr „seine Unabhängigkeit verloren“ habe, erklärten die Ausschussvorsitzenden Adam Schiff und Jerry Nadler. Wenn das Ministerium von Trump „für politische Vergeltung“ genutzt und ihm Stoff für die Wahl 2020 liefern solle, werde die Rechtsordnung „neuen und irreparablen Schaden“ erleiden, warnten sie.
Die 17 US-Geheimdienstbehörden waren bereits vor der Wahl 2016 zur einhelligen Erkenntnis gelangt, dass sich Russland zum Schaden von Trumps damaliger Kontrahentin Hillary Clinton eingemischt hatte. Mueller bestätigte dies dann in seinem Ermittlungsbericht vom vergangenen März. Keine stichhaltigen Belege fand er für illegale Geheimabsprachen des Trump-Teams mit Russland. Mueller lieferte aber konkrete Indizien für den Verdacht, dass Trump die Russland-Untersuchungen gesetzwidrig zu behindern versucht habe. Die jetzigen Untersuchungen des Justizministeriums fokussieren sich auf mögliche Gesetzesverstöße der Russland-Ermittler. Barr sagte im April, es gehe darum, ob es bei der „Spionage“ gegen Trump-Mitarbeiter mit rechten Dingen zugegangen sei.
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Barr ist zugleich selber eine Figur der Ukraine-Affäre, welcher das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus nachspürt. In dem Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj, das im Zentrum der Affäre steht, bat der US-Präsident um ukrainische Kooperation mit seinem Privatanwalt Rudy Giuliani sowie dem US-Justizminister. Dabei ging es um von Trump gewünschte ukrainische Ermittlungen unter anderem gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen früher für eine ukrainische Gasfirma tätigen Sohn.
Trump beschuldigt Biden ohne irgendwelche Belege, in seinem früheren Amt als US-Vizepräsident seinen Sohn Hunter vor ukrainischen Korruptionsermittlungen geschützt zu haben. Die Demokraten wiederum werfen Trump deshalb Amtsmissbrauch vor. Aus ihrer Sicht versuchte der Präsident, sich in illegaler Weise ausländisches Material gegen seinen potenziellen Herausforderer bei der Wahl 2020 zu beschaffen. Der Druck auf Trump in der Ukraine-Affäre ist zuletzt durch diverse Zeugenaussagen weiter gewachsen. Sollte das Repräsentantenhaus wie erwartet Anklage - das sogenannte Impeachment - gegen Trump erheben, hätte daraufhin der Senat über seine mögliche Amtsenthebung zu entscheiden. In dieser Kongresskammer sind allerdings Trumps Republikaner in der Mehrheit. (afp)