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Theater mit Schwarzmeerflotten-Chef?Russland soll Video von Putins „totem“ Krim-Admiral inszeniert haben

Lesezeit 3 Minuten
Wiktor Sokolow bei einer Parade in Sewastopol im Mai. Die Ukraine hat den Tod des Admirals gemeldet. Russland hat mit Videos darauf reagiert.

Wiktor Sokolow bei einer Parade in Sewastopol im Mai. Die Ukraine hat den Tod des Admirals gemeldet. Russland hat mit Videos darauf reagiert.

Die Posse um Wiktor Sokolow bekommt ein weiteres Kapitel. Eine Meduza-Recherche deutet nun auf eine Inszenierung hin.

Die Siegerehrung des Fußballteams der russischen Schwarzmeerflotte soll wiederholt worden sein, um zu belegen, dass der Kommandeur der Flotte, Vizeadmiral Wiktor Sokolow, noch am Leben ist. Das berichtet das russische Exil-Medium Meduza und stützt sich dabei auf Recherchen des Investigativjournalisten Mark Krutov und auf Angaben aus lokalen Telegram-Kanälen in der Ukraine.

Russische Medien hatten am Mittwoch ein Video verbreitet, das Sokolow bei einer Zeremonie zu Ehren der Fußballmannschaft der Schwarzmeerflotte zeigte. Der TV-Sender des russischen Militärs, Zvezda, veröffentlichte zudem ein kurzes Interview mit dem angeblich toten Vizeadmiral.

Videos von Putins Vizeadmiral: Doppelte Siegerehrung in Sewastopol?

Den Recherchen zufolge wird in einem von der Zeremonie veröffentlichten Video erwähnt, dass die Ehrung der Fußballer eigentlich am 20. September hätte stattfinden sollen. Das stützt einen vorherigen Bericht des ukrainischen Senders Hromadske, der berichtet hatte, das Turnier sei bereits am 19. September zu Ende gegangen.

In dem kurzen Interview erklärte Sokolow: „Es wurde aus beruflichen Gründen abgesagt.“ Den Recherchen Krutovs zufolge stimmt das allerdings nicht. Bereits am 20. September habe es in russischen sozialen Netzwerken Aufnahmen der ersten Siegerehrung gegeben, die demnach sehr wohl stattgefunden habe, berichtete der Investigativjournalist.

Zweifel an Russlands Darstellung: „Details deuten darauf hin, dass es sich um zwei Zeremonien handelt“

In diesen früheren Aufnahmen sei Sokolow allerdings nicht zu sehen, obwohl die Zeremonie wie auch die am Mittwoch im Offiziershaus in Sewastopol stattgefunden habe. „Einige Details deuten darauf hin, dass es sich um zwei verschiedene Zeremonien handelt, von der eine nachgestellt wurde“, erklärte Krutov im Podcast von Radio Liberty.

Dafür gibt es laut Krutov noch einen deutlichen Hinweis: So sei ein Tisch mit Medaillen für die Sportler anders im Raum positioniert gewesen als bei der ursprünglichen Siegerehrung am 20. September.

Es bestehe zwar grundsätzlich die Möglichkeit, dass Russland Aufnahmen mit Sokolow, die bereits vor dem angeblich tödlichen Angriff auf das Flottenhauptquartier am 22. September entstanden sind, bewusst zurückgehalten habe. Dagegen spreche allerdings, dass in einer der am Mittwoch veröffentlichten Aufnahmen der Desktop eines Windows-PCs samt Datumsangabe vom 27. September zu sehen sei. Warum sich die russischen Streitkräfte zu der möglichen Inszenierung entschieden haben könnten, statt ein Video zu veröffentlichen, in dem Sokolow auf die Behauptung Kiews eingeht, bleibt unklar.

Chef der Schwarzmeerflotte: Wiktor Sokolow völlig regungslos zu sehen

Vor den am Mittwoch veröffentlichten Aufnahmen von Sokolow hatte Russland bereits am Dienstag auf Kiews Todesmeldung reagiert und zunächst ein Video und Fotos veröffentlicht, die Sokolow bei einer Videokonferenz des Verteidigungsministeriums am Dienstag zeigen sollten. Da der Krim-Admiral von Kremlchef Wladimir Putin darin völlig regungslos und nur als eingeblendetes Video auf einer Leinwand zu sehen war, gab es jedoch Zweifel an der Echtheit der Aufnahmen.

Vizeadmiral Wiktor Sokolow erscheint bei einer Videokonferenz auf der Videowand. Zuvor hatte die Ukraine den Tod des Militärs gemeldet.

Vizeadmiral Wiktor Sokolow erscheint bei einer Videokonferenz regungslos auf der Videowand. Zuvor hatte die Ukraine den Tod des Militärs gemeldet.

Am Mittwoch folgten dann die Aufnahmen von der Siegerehrung samt des Interviews mit Sokolow. Die Ukraine teilte angesichts der Auftritte Sokolows mit, die eigenen Angaben sollten noch einmal überprüft werden.

Ukraine prüft Quellen: Wurde Putins Admiral auf der Krim getötet oder nicht?

Die Streitkräfte betonten jedoch erneut, „verfügbare Quellen“ würden berichten, dass Sokolow bei dem massiven Angriff auf das Flottenhauptquartier auf der Krim am 22. September getötet worden sei. Zudem seien 34 weitere Offiziere ums Leben gekommen, hatte die Ukraine erklärt.

„Wenn der Kommandeur der Schwarzmeerflotte Russlands tot ist, dann ist das eine gute Nachricht für alle“, kommentierte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow die Videos aus Russland gegenüber CNN. Sokolow wird vorgeworfen, Raketenangriffe auf zivile Ziele in der Ukraine persönlich angeordnet zu haben. Auch bei Russlands brutalem Militäreinsatz 2016 in Syrien war der Vizeadmiral entscheidend beteiligt.