Russland überzieht Kiew mit Luftangriffen – sogar polnische Jets steigen auf. Die Ukraine trauert unterdessen um neun ermordete Kinder.
Polen lässt Kampfjets aufsteigenRussland greift Kiew an – Entsetzen nach „Massenmord“ auf Spielplatz

Neun Kinder starben am Freitag bei einem russischen Raketenangriff auf einen Kinderspielplatz in Krywyj Rih. (Archivbild)
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Das russische Militär hat die Ukraine in der Nacht erneut mit Raketen angegriffen und auch die Hauptstadt Kiew ins Visier genommen. Das Nachrichtenportal „Kyiv Independent“ berichtete am Morgen unter Berufung auf Bürgermeister Vitali Klitschko von mehreren Explosionen, drei Verletzten und einem teilweise zerstörten Bürogebäude.
In mehreren Bezirken der Millionenstadt seien Brände ausgebrochen, hieß es – Rettungskräfte seien im Einsatz. Auch in anderen Landesteilen herrschte dem Bericht zufolge Raketenalarm.
Heftige Angriffe auf Kiew: Polen lässt Kampfjets aufsteigen
Auch das Nachbarland Polen reagierte auf die heftigen Attacken in der Nacht. Am Morgen meldete das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte den Einsatz polnischer Flugzeuge. „Aufgrund der intensiven Aktivitäten der Langstreckenluftfahrt der Russischen Föderation, die unter anderem Angriffe auf Objekte in der Westukraine durchführte, begannen polnische und verbündete Flugzeuge, in unserem Luftraum zu operieren“, zitierten polnische Medien die Streitkräfte. Alle zur Verfügung stehenden Kräfte seien aktiviert worden, hieß es weiter.

Auf diesem vom ukrainischen Katastrophenschutz zur Verfügung gestellten Foto arbeiten Rettungskräfte daran, einen Brand nach einem russischen Raketenangriff zu löschen.
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„Die ergriffenen Maßnahmen zielen darauf ab, die Sicherheit in den an die bedrohten Gebiete angrenzenden Gebieten zu gewährleisten“, erklärte das Armee-Kommando und versicherte, dass die ihm unterstellten Kräfte „in voller Bereitschaft für eine sofortige Reaktion“ blieben würden. Später hieß es, die Operationen seien nach dem Ende der russischen Luftangriffe eingestellt worden. Der polnische Luftraum sei nicht verletzt worden.
Russland überzieht Ukraine immer wieder mit Luftangriffen
Am Vorabend hatte das russische Militär die Ukraine mit neuen Drohnenschwärmen überzogen, die Medienberichten zufolge von der Flugabwehr unter Beschuss genommen wurden. Aus der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes meldete die regionale Militärverwaltung Einschläge von Kampfdrohnen und mindestens zwei brennende Wohnhäuser.
Am Freitag hatte unterdessen bereits ein Raketenangriff auf die Heimstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für große Wut und Trauer in der Ukraine gesorgt, das Geschoss war dort nahe einem Kinderspielplatz eingeschlagen. Unbestätigten Berichten zufolge soll Russland bei dem Angriff die international geächtete Streumunition eingesetzt haben.
Ukraine: Wut und Trauer nach Raketenangriff auf Kinderspielplatz
Moskau leugnete einen Angriff auf zivile Ziele und behauptete, es seien Armee-Offiziere anvisiert worden. Einen Beleg für die Behauptung legte Moskau nicht vor. Die Aufnahmen von vor Ort stützen unterdessen die ukrainischen Angaben.
18 Menschen seien bei dem Angriff getötet worden, darunter neun Kinder, hieß es am Samstag. 72 weitere Menschen seien bei dem Angriff in Krywyj Rih verletzt worden, erklärte der örtliche Gouverneur Serhij Lysak. Der Chef der Militärverwaltung der Stadt, Oleksandr Wilkul, sprach von einem „Massenmord an Zivilisten“.
Wolodymyr Selenskyj kritisiert US-Botschafterin
Selenskyj kritisierte in der Folge eine „schwache Reaktion“ der US-Botschaft auf den Angriff. „So ein starkes Land, so starke Menschen – und so eine schwache Reaktion“, schrieb Selenskyj am Samstag in Onlinemedien.
Er kritisierte US-Botschafterin Bridget Brink insbesondere dafür, dass sie Russland nicht explizit als Verursacher des Angriffs mit 18 Toten genannt habe. „Sie haben sogar Angst davor, das Wort ‚russisch‘ zu benutzen, wenn sie über die Rakete sprechen, die die Kinder getötet hat“, kritisierte Selenskyj.
Rufe nach Konsequenzen für Putin: „Er muss gestoppt werden“
„Der Druck auf Russland darf nicht nachlassen“, forderte auch der Politikwissenschaftler Branislav Slantchev von der University of California in San Diego. „Putin hat nicht die Absicht, einen Waffenstillstand einzuhalten, und er glaubt immer noch, Gott habe ihn auf die Erde geschickt, um die Ukraine zu erobern. Er muss gestoppt werden.“
„Russland beschießt ein Restaurant und einen Kinderspielplatz mit einer Rakete und spricht dann zynisch von ‚militärischen Zielen‘“, schrieb unterdessen der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange auf der Plattform X, es handele sich um „Kriegsverbrechen mitten in Europa“, fügte Lange an. „Doch auch nach drei Jahren eiern die Europäer viel herum und hoffen, dass es irgendwie von allein aufhört.“