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Asyl in RusslandPutin nach Assads Sturz in der Defensive – Kreml deutet Flucht des Diktators um

Lesezeit 3 Minuten
FILE - Russian President Vladimir Putin, right, and Syrian President Bashar Assad watch troops marching at the Hemeimeem air base in Syria, on Dec. 11, 2017. (Mikhail Klimentyev, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP, File)

Wladimir Putin (r.) und Baschar al-Assad im Dezember 2017 auf dem russischen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in Syrien

Wladimir Putin hat Baschar al-Assad fallengelassen. Zum Sturz des Diktators gibt Moskau aber eine eigene Sprachregelung aus.

Der syrische Diktator Baschar al-Assad konnte fast zehn Jahre auf die Unterstützung durch Wladimir Putin setzen. Im Kampf gegen seine eigene Bevölkerung erhielt Assad militärische Hilfe. Der syrische Diktator schlug den Arabischen Frühling seit 2011 mit aller Härte zurück. Putin unterstützte die syrischen Regierungstruppen im darauf folgenden Bürgerkrieg mit Luftangriffen. Assad erlangte 2015 mit russischer Hilfe die Kontrolle über weite Teile des Landes zurück. Auch Aleppo eroberten die Regierungstruppen 2016 mit Unterstützung der russischen Luftwaffe und unter Einsatz massiver Bombenangriffe zurück.

Russland seinerseits profitierte von seinem Einfluss im strategisch günstig gelegenen Syrien. Es gibt mehrere russischen Militärstützpunkte in dem Mittelmeer-Land. Von hier aus werden die russischen Söldner in vier afrikanischen Staaten versorgt.

Innerhalb kürzester Zeit hat sich nun aber die Lage komplett geändert: Den Vormarsch der Aufständischen konnten die syrischen Regierungstruppen nicht aufhalten. Weder der Iran noch Russland gaben militärische Unterstützung. Russland flog Ende November einige Luftangriffe auf Aleppo, das sich bereits in der Hand der syrischen oppositionellen Allianz befand. Dies konnte deren schnelles Vorrücken aber nicht stoppen.

Wladimir Putin lässt Baschar al-Assad fallen

Russland ließ Assad trotz der jahrelangen engen Bande fallen – einen weiteren Kriegsschauplatz neben der Ukraine konnte oder wollte sich Putin nicht leisten. Internationale Beobachter deuten Assads Sturz nun auch als Misserfolg Russlands. So erschüttern die Vorgänge in Syrien nach Ansicht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) auch die Glaubwürdigkeit des Kremlchefs bei dessen Verbündeten und zeugen von einer „strategischen Niederlage“. Putin habe autoritäre Machthaber in verschiedenen Ländern vor Protesten gegen ihre Herrschaft geschützt, um sein Ziel einer multipolaren Weltordnung mithilfe ausländischer Partner zu befördern und die Vormachtstellung der USA zu untergraben, schreibt das Institut in einer aktuellen Lageeinschätzung.

„Russlands Unfähigkeit oder bewusster Verzicht darauf, Assads Regime trotz des schnellen Vorrückens der Oppositionskräfte im ganzen Land zu stärken, wird auch Russlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher und effektiver Sicherheitspartner in der ganzen Welt beschädigen“, heißt es in der Analyse. Putin konnte Assads Überleben selbst zwar sicherstellen, doch sein Hauptziel, Assads Regime zu stärken und seinen Machtverlust zu verhindern, erreichte der Kreml nicht, so das ISW.

Kreml: Assad hat selbst über Rücktritt entschieden

Assad und seine Familie flohen nach Russland, als die Rebellen Damaskus einnahmen. Putin persönlich habe der ehemaligen syrischen Diktatorenfamilie politisches Asyl gewährt, betonte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut russischen Medien am Montag. „Solche Entscheidungen können natürlich nicht ohne das Staatsoberhaupt getroffen werden. Es ist seine Entscheidung“, sagte Peskow und versuchte so offenbar, die Großzügigkeit seines Chefs herauszustellen. Dass es sich dabei um die kleinstmögliche Hilfe handelte, blieb unerwähnt. Ein Treffen mit Assad sei nicht geplant, sagte Peskow weiter. Wo genau dieser sich aufhält, teilte Peskow nicht mit. Klar ist: Mit dem gestürzten Syrer ist kein Staat mehr zu machen.

Dennoch versuchte der Kreml, die Deutungshoheit über die Vorgänge in Syrien nicht komplett zu verlieren. Assad habe selbst beschlossen, von seinem Amt zurückzutreten, lautet die offizielle Sprachregelung in Moskau. „Es war Assads persönliche Entscheidung, vom Amt des Staatsoberhaupts zurückzutreten. Keine weiteren Kommentare zu dieser Angelegenheit“, sagte Peskow am Dienstag. (cme, mit dpa)