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Hacker trollen KremlchefPutin spricht von „Raketen-Menü“ und droht mit Oreschnik-Attacken

Lesezeit 4 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin bei seinem Besuch in der kasachischen Hauptstadt Astana.

Kremlchef Wladimir Putin bei seinem Besuch in der kasachischen Hauptstadt Astana.

Wladimir Putin droht bei einem Besuch in Kasachstan mit seinem Arsenal. Begrüßt wurde der Kremlchef derweil mit einer Hacker-Aktion.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit weiteren Einsätzen seiner neuen Mittelstreckenrakete gegen Ziele in der Ukraine gedroht, darunter auch Kiew. Derzeit sei Moskau dabei, die Ziele für weitere Schläge auszuwählen. „Das können Militärobjekte, Unternehmen der Rüstungswirtschaft oder Entscheidungszentren in Kiew sein“, sagte Putin auf einer Sitzung des von Moskau dominierten Militärbündnisses Organisation des Vertrags für kollektive Sicherheit (OVKS) in Kasachstans Hauptstadt Astana.

Putin bezeichnete dabei den Schlag gegen die ukrainische Industriestadt Dnipro mit der neuen Oreschnik genannten ballistischen Rakete in der vergangenen Woche als notgedrungene Maßnahme. „Wir waren gezwungen, die Erprobung unter Kriegsbedingungen durchzuführen, als Antwort auf die Schläge gegen die Gebiete Brjansk und Kursk mit westlichen Waffen, mit Raketen der Typen ATACMS und Storm Shadow“, sagte Putin.

Wladimir Putin droht mit Oreschnik-Angriff auf Kiew

Einmal mehr lobte der Kremlchef dabei das neue russische Waffensystem als weltweit einmalig. Bei einem gebündelten Einsatz sei die Zerstörungskraft mit der einer Atombombe vergleichbar. Der Kremlchef geriet regelrecht ins Schwärmen.

Die einschlagenden Elemente der Rakete erreichten viertausend Grad Celsius, erklärte Putin, auch stark geschützte Ziele in großer Tiefe seien vor Oreschnik nicht sicher, hieß es weiter. „Alles, was sich im Epizentrum der Explosion befindet, wird in Elementarteilchen zerlegt und zu Staub“, behauptete der Kremlchef.

Russland produziere bereits jetzt zehnmal mehr Raketen als alle Nato-Staaten zusammen, erklärte Putin. „Nächstes Jahr wird die Produktion um weitere 25 bis 30 Prozent steigen“, kündigte er nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen an.

Wladimir Putin präsentiert in Astana sein „Raketen-Menü“

Oreschnik sei jedoch nicht die einzige Möglichkeit „in unserem ‚Menü‘ in dieser Produktklasse“, erklärte der Kremlchef weiter und verwies auf die Raketen-Typen Kalibr, Kinschal und Zircon. Mit dem X-101-System verfüge Russland zudem über einen Marschflugkörper, der Storm Shadow und auch dem deutschen Taurus überlegen sei, behauptete Putin.

Auch die jüngsten massiven Angriffe mit Drohnen und Raketen anderer Bauart bezeichnete Putin, der selbst im Februar 2022 den Angriffskrieg gegen die Ukraine befohlen hatte, als Reaktion auf die westlichen Waffenlieferungen. Nach Angaben des Kremlchefs hat Russland allein in den letzten beiden Tagen 100 Raketen und 466 Kampfdrohnen auf die Ukraine abgefeuert.

„Das ist Psychoterror als Teil der bewussten Abnutzungsstrategie“

Erneut behauptete der Kremlchef außerdem, dass die ukrainische Regierung „ihre Legitimität verloren“ habe und nicht das Recht habe, ihrer Armee Befehle zu erteilen, da es keine Wahlen gegeben habe. Wie in vielen anderen Ländern auch, sind Wahlen in der Ukraine laut Verfassung im Verteidigungsfall nicht vorgesehen. Eine ähnliche Regelung gibt es auch in Deutschland.

„Das ist vor allem Psychoterror als Teil der bewussten Abnutzungsstrategie, der die Ukrainer auf Dauer erschöpfen soll“, ordnete Denis Trubetskoy ein, der als freier Journalist aus der Ukraine berichtet. „Die Russen würden sicher diesen Angriff im Voraus ankündigen, um bewusst Panik zu schüren. Ob der Angriff dann tatsächlich erfolgt, ist fast egal“, erklärte Trubetskoy auf der Plattform X. Die Hauptbedrohung seien weiterhin die „klassischen Raketen“, so der Korrespondent.

Russland-Experte: „Er wird die Ukraine weiter pulverisieren“

Der Historiker und Russland-Experte Ian Garner verwies angesichts der neuen Drohungen auf die Maßnahmen, die Moskau eigentlich stets für das Überschreiten der „roten Linie“ mit der Freigabe für westliche Raketen angedroht hatte. „Ganz gleich, wie sehr wir ‚eskalieren‘, er wird den Westen nicht angreifen“, schrieb Garner bei X. „Aber er wird die Ukraine weiter pulverisieren.“

Das gelte auch für jegliche „De-Eskalation“, so der Historiker, der sich mit dem russischen Faschismus befasst. Der Kremlchef habe immer wieder deutlich gemacht, dass seine strategischen Entscheidungen nicht vom Handeln des Westens abhängen. Seit 25 Jahren versuche Putin, die Ukraine unter seine Kontrolle zu bringen. „Warum sollte er jetzt damit aufhören, nur weil wir den Ukrainern, die sich selbst verteidigen wollen, ein paar mittelstarke Raketen liefern oder nicht?“

Hacker trollen Wladimir Putin offenbar bei Besuch in Kasachstan

Ganz ohne Zwischenfall verlief die Präsentation von Putins „Raketen-Menü“ in Astana unterdessen nicht. Das Bild einer wehenden blau-gelben Flagge erschien am Mittwochabend auf einem riesigen Bildschirm an einer belebten Straße im Zentrum der Hauptstadt Astana, wie auf Videos in Onlinenetzwerken zu sehen war. Kurz zuvor war der Kremlchef eingetroffen.

Die kasachischen Behörden haben nun Ermittlungen wegen eines mutmaßlichen Hackerangriffs eingeleitet. Auf dem Bildschirm sei „kurzzeitig das Bild einer Flagge“ gezeigt worden, teilten die Behörden mit. „Nach vorläufigen Informationen erfolgte der Angriff mit ausländischen IP-Adressen über Proxy-Server“, hieß es weiter. Nun werde geklärt, woher der Angriff gekommen sei und wie die Hacker vorgegangen seien. (mit dpa/afp)