Probleme mit der Corona-Warn-AppReichen die Neuerungen aus?
Berlin – Nun also doch: Die Corona-Warn-App erhält weitere Funktionen. Nach einem Update sollen ab Montag die Nutzer die Möglichkeit haben, nach einem positiven Test freiwillig eine Art Symptom-Tagebuch zu führen. Dies soll dabei helfen, die Risikoberechnung zu verbessern. Außerdem soll die App auch in etlichen anderen europäischen Ländern funktionieren. Gerade rechtzeitig, könnte man angesichts der Infektionszahlen sagen. Oder auch: endlich.
App war zuletzt zunehmend in Kritik geraten
Die zu Beginn so hoffnungsvoll gestartete Corona-Warn-App war zuletzt zunehmend in die Kritik geraten angesichts der hohen Kosten von mehr als 60 Millionen Euro, der eingeschränkten Funktionalität und einiger technischer Mängel. Anfangs traten immer wieder Fehlermeldungen auf, zuletzt war es die Benachrichtigung von Getesteten durch die Labore, die über die App noch immer nicht zu 100 Prozent zuverlässig funktionierte.
Datenschutzstandard mit dezentraler Lösung
Die Euphorie, die den Start der App im Juni begleitet hatte, war groß. Nach langem Ringen hatte sich eine dezentrale Lösung mit hohem Datenschutzstandard durchgesetzt. Fast 20 Millionen Menschen luden sich die App bis heute herunter, Datenschützer lobten das Konzept. Denn statt GPS-Daten zu sammeln setzt die App auf den drahtlosen Standard Bluetooth, mit dem Geräte kommunizieren können, die sich in nächster Nähe zueinander befinden.
Die App verfolgt nicht jeden Schritt des Nutzers, sondern ermittelt lediglich Kontakte in unmittelbarer Nähe, die dann auch noch dezentral auf dem Smartphone anonymisiert gespeichert werden. So können Kontakte bei einem positiven Testergebnis bei maximalem Schutz der Privatsphäre gewarnt werden. Denn die Kontaktpersonen erfahren nur von der Gefahr, nicht aber, von wem sie ausgegangen ist.
Zahl der Warnungen über App nicht bekannt
In der Praxis führt das allerdings zu einer skurrilen Situation. Fragt man beim Bundesgesundheitsministerium nach, wie viele Infektionen über die App gemeldet wurden, so muss ein Sprecher die Antwort schuldig bleiben: „Da die App auf einem dezentralen Ansatz beruht, wissen wir nicht, wie viele positive beziehungsweise negative Ergebnisse übermittelt wurden. Auch die Zahl derer, die über die App gewarnt wurden, ist aus diesem Grund nicht bekannt.“
Nida-Rümelin wünscht sichTracing-App
Das ist gut aus Sicht des Datenschutzes, aber schlecht für Gesundheitsämter, denen die App im Alltag dadurch gar nicht hilft bei ihrer Aufgabe, Infektionsketten nachzuvollziehen. Manch einer, wie der Philosoph Julian Nida-Rümelin, wünschte sich daher zuletzt eine sogenannte Tracing-App nach dem Vorbild Südkoreas, bei der – zulasten von Datenschutz und Privatsphäre – die Bewegungen der Menschen nachvollzogen werden können. Dafür kam das Land bislang ohne Lockdown durch die Krise, während dieses Szenario in Deutschland aktuell ein zweites Mal droht. „Wenn sich die Lage zuspitzt, sollten wir unbedingt ins 21. Jahrhundert kommen und diese digitalen Möglichkeiten nutzen“, sagte Nida-Rümelin zuletzt in den „Tagesthemen“.
Informatiker schlägt freiwillige Zusatzinfos vor
Der Informatiker Henning Tillmann, Co-Vorsitzender des SPD-nahen Thinktanks D21, hat einige Vorschläge gemacht, wie man die App um sinnvolle Funktionen erweitern könnte, ohne die grundlegenden Eigenschaften von Datenschutz und Dezentralität aufzugeben. So könnten etwa freiwillig mehr Informationen im Falle eines positiven Testergebnisses an die anderen Kontakte übermittelt werden, etwa das Datum. Dies würde Betroffenen mehr Informationen geben, um ihrerseits Kontakte zu warnen – auch solche, die vielleicht nicht die App haben.