Daten sollten so gespeichert werden können, dass etwa der Orthopäde nichts von psychischen Problemen erfährt. Das funktioniert nur begrenzt.
Elektronische PatientenaktePatientenschützer werfen Regierung bei der ePA Täuschung vor

Für die elektronische Patientenakte braucht es die passende App. Diese kann je nach Krankenkasse unterschiedlich aussehen.
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Kurz vor dem bundesweiten Start der elektronischen Patientenakte werfen Patientenschützer dem Bundesgesundheitsminister eine Irreführung der Öffentlichkeit vor. Anders als bislang vermittelt, hätten Versicherte keine Möglichkeit, einzelne Dokumente nur bestimmten Ärzten, Therapeuten oder Apotheken zur Verfügung zu stellen, so die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „So kann auch ein Orthopäde sehen, dass der Patient in jahrelanger psychotherapeutischer Behandlung ist, selbst wenn der Patient diese Information nur für neurologische Fachärzte zur Verfügung stellen will“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Dortmund.
„Wird diese Information aber für den Orthopäden gesperrt, wird sie für alle Ärzte gesperrt. Will der Versicherte jedoch den Orthopäden von einem bestimmten Dokument ausschließen, bleibt nur die Möglichkeit, diesem Facharzt den kompletten Zugriff zu verweigern“, erläuterte Brysch. Damit hätte der Orthopäde auch keine Chance, für ihn relevante Ergebnisse beispielsweise radiologischer Fachärzte einzusehen.
Patientenakte startet ab Dienstag schrittweise
Am Dienstag (29. April) startet der bundesweite Rollout der elektronischen Patientenakte (ePA). Nach einer Testphase in drei Modellregionen soll sie nun deutschlandweit für alle 75 Millionen gesetzlich Versicherten schrittweise genutzt werden können. Verpflichtend ist die Nutzung im Gesundheitssystem aber erst ab dem 1. Oktober. Ein Widerspruch gegen die Nutzung ist möglich.
Die Patientenschützer beklagten, für die Versicherten werde die Steuerung ihrer Daten eine schier unüberwindbare Aufgabe. „Die Gefahr ist groß, dass so die gesamte Gesundheitswirtschaft den kompletten Zugriff auf die eigenen Gesundheitsdaten erhält“, sagte Brysch. Grundsätzlich könnten Leistungsanbieter 90 Tage darauf zugreifen. Nur bei Rettungssanitätern und Werksärzten ist diese Möglichkeit auf drei Tage begrenzt. Auch die Apotheken hätten dann Einsicht in die kompletten Krankendaten.
Brysch kritisierte, die Verantwortlichen hätten die Chance verpasst, leicht verständliche Differenzierungsmöglichkeiten der Daten zu etablieren. Auch sei es nicht mehr möglich, aus der Medikationsliste einzelne Medikamente zu entfernen. Manche Medikamente erlaubten aber konkrete Rückschlüsse auf bestimmte Krankheiten. „Es gibt nur die Möglichkeit, diese Liste nicht zu nutzen.“ Der Patientenschützer forderte die zukünftige Bundesregierung auf, die elektronische Patientenakte so lange zu stoppen, bis eine Differenzierungsmöglichkeit sichergestellt sei. (kna)