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Begegnungen mit dem VolkSpitzenpolitiker touren während der parlamentarischen Sommerpause durchs Land

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Robert Habeck und Annalena Baerbock, gekleidet in hellblaue Schutzanzüge, die nur noch die Augen freilassen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) im Infineon-Reinraum in Dresden

Viele Politiker verlassen in der parlamentarischen Sommerpause ihre Schreibtische, um normale Menschen zu treffen. Das klappt nicht immer gut.

Hubertus Heil und Robert Habeck waren bereits auf Tour. Wenn die parlamentarische Sommerpause beginnt, gehen auch in diesem Jahr viele Spitzenpolitiker auf Reisen. Die politische Sommerreise führt sie dann in Fabrikhallen, Naturschutzgebiete, zu Schützenvereinen und Polizeistationen. Nach Monaten an Schreibtischen, in Pressekonferenzen und Plenarsälen ist dann mal wieder Zeit für die Begegnung mit ganz normalen Menschen im Land.

Nicht so glücklich in Gummistiefeln

Mitunter entstehen dabei auch komische Bilder. Bundesarbeitsminister Heil ist in Gummistiefeln auf dem Feld erkennbar nicht in seinem Element, als er den Spaten in den Acker wuchtet, bei über 30 Grad in der prallen Sonne. Auch beim Lenken eines Lastenrads wirkt der SPD-Mann nicht so, als könnte er sich nichts Schöneres vorstellen. Eine politische Sommerreise kann, anders als das Wort vermuten lässt, harte Arbeit sein. Auch mit lockerer Spontaneität ist es dabei nicht weit her.

Die Reisen werden von den PR-Teams der Minister lange im Vorfeld minutiös geplant. Dabei wird auch die politische Botschaft der Reiseziele mitgedacht. Grünen-Chef Omid Nouripour zum Beispiel stellte seine Tour unter das Motto „Stärken, die uns schützen“. Wie der Titel schon vermuten lässt, besuchte er Polizisten, Freiwillige Feuerwehren, Technisches Hilfswerk und absolvierte auch eine Podiumsdiskussion mit dem Chef des Bundeskriminalamtes.

Minutiös geplantes Programm

Später traf er noch den Generalbundesanwalt zum Gespräch unter vier Augen. Ein vier Tage langer Termin-Marathon durch die Sicherheitspolitik. Dass ihn die Reise vor allem nach Hessen und Bayern führte, ist natürlich kein Zufall. Dort stehen im Herbst für die Grünen wichtige Landtagswahlen an. Außerdem gehört die innere Sicherheit eher nicht zur Kernkompetenz der Grünen. Der Parteichef, so ganz offensichtlich die Idee, wollte hier auch eine offene Flanke schließen.

Völlig unverkrampft und spontan verlaufen solche Reisen aber auch nicht allein, weil sie zeitlich durchgetaktet sind, sondern weil die Politiker in der Regel mindestens ein Dutzend Journalisten im Schlepptau haben. Sie werden eingeladen, damit berichtet, fotografiert und gefilmt wird. Schließlich sollen ja auch alle mitkriegen, dass sich hier ein Politiker interessiert, dass er zuhört – und am besten noch eine Botschaft für die „tagesschau“ loslässt. Daneben bleibt viel Zeit, um den Politiker im Bus oder abends beim Essen mal ausführlich zu befragen.

Habeck gibt sich "robertkritisch"

Legendär ist der Wutausbruch des früheren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und kurzzeitigen SPD-Chefs Kurt Beck in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten – auf einer Sommerreise. Beck fühlte sich damals als Parteichef ungerecht behandelt, und teilte das offen mit. Seine Tirade wurde zwar nicht gefilmt, geriet aber trotzdem an die Öffentlichkeit. Kurze Zeit später trat er als Parteichef zurück.

Politiker in Bedrängnis machen besonders gerne Sommerreisen. Die Aufmerksamkeit für die Reise von Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck war diesmal erwartungsgemäß besonders groß. Der gab sich bei einer Veranstaltung in Heidelberg „robertkritisch“, wie er selbst es nannte. Er habe zu wenig mitbedacht, dass beim Klimaschutz Zumutungen auf die Menschen zukommen.

In der Grünen-Hochburg in Baden-Württemberg muss er sich aber wenig kritische Fragen anhören. Ein 19-jähriger Student von der Grünen Jugend will wissen, wie man Menschen wieder mehr von Klimaschutz überzeugen könnte? Schelte wegen des verkorksten Heizungsgesetzes kriegt er hier kaum zu hören.

Abgekühltes Duo im Partnerlook

Kurze Zeit später entsteht beim Halbleiter-Hersteller Infineon in Dresden ein Foto, das ganz sicher auch nicht zufällig zustande kam. Außenministerin Annalena Baerbock gesellt sich kurzzeitig zu Habecks Sommerreise dazu. Im Partnerlook, beide mit weißen T-Shirts und dunkler Hose, stehen sie strahlend beieinander, auch den Reinraum besuchen sie. Das Verhältnis des einstigen Erfolgs-Duos der Grünen gilt seit der Kanzlerkandidatur Baerbocks als abgekühlt.

Sommerreisen sind also auch Gelegenheiten, versöhnliche Botschaften zu senden. Wie viel davon Inszenierung ist und was Wirklichkeit, ist selbst für mitreisende Journalisten schwer zu durchschauen. Es gibt übrigens auch Politiker, die prinzipiell keine Sommerreise machen. Bundeskanzler Olaf Scholz zum Beispiel, denn er ist auch ohne diese Extratour genug unterwegs. Bildungsreise oder Politshow? Auch Finanzminister Christian Lindner macht keine, wie im vergangenen Jahr. Die beiden AfD-Sprecher Tino Chrupalla und Alice Weidel haben in dieser Hinsicht ebenfalls nichts vor.

Ein Stück Showgeschäft in der Politik

Über Sinn und Unsinn der Reisen gehen die Meinungen ohnehin auseinander. Manche Politiker betrachten den Besuch bei innovativen Unternehmen und Bürgern sehr ernsthaft als Bildungsreise, die nicht selten prägenden Eindruck hinterlässt. Andere halten es für eine Show-Veranstaltung und sehen ihre Zeit anderswo besser investiert.

Die Menschen indes reagieren nicht selten freudig überrascht, wenn sie plötzlich einen Politiker vor sich haben und mit ihm sprechen können. Der später von seiner SPD geschasste Kurt Beck beherrschte den kurzen Plausch mit jedermann am Gartenzaun wie kein Zweiter.