Ausgerechnet kurz vor dem Winter verbietet Israel die Tätigkeit des Palästinenserhilfswerks UNRWA. Was hat die große Mehrheit in der Knesset dazu bewegt? Und wie soll es ohne das Hilfswerk gelingen, eine Hungersnot zu verhindern?
Palästinenser-Hilfswerk blockiertWestliche Partner müssen Israel warnen
Wo soll das nur enden? Der von der Terrororganisation Hamas entfesselte und von Israel mit großer Härte geführte Gaza-Krieg hat zu einer humanitären Lage geführt, die der deutsche Botschafter Steffen Seibert – ein Freund Israels – zu Recht als desaströs bezeichnet. Der Winter steht vor der Tür, und ausgerechnet jetzt untersagt Israel dem Palästinenser-Hilfswerk UNRWA die Tätigkeit auf seinem Staatsgebiet. Würde dies vollzogen, dann wäre die Logistik gestoppt, die für UNRWA-Lieferungen in den Gazastreifen gebraucht wird.
Das ist verantwortungslos, so verständlich die Vorbehalte gegen die UNRWA auch sind. Die UN-Organisation hat Jahrzehnte lang nach dem Prinzip „Nichts sehen, nichts hören, nichts wissen“ agiert. Der Katalog der Verfehlungen beginnt mit der Duldung antisemitischer Lehrbücher an UNRWA-Schulen und führte bis hin zur der mutmaßlichen Teilnahme von UNRWA-Mitarbeitern am Hamas-Massaker. Die große Mehrheit für das Verbot in der Knesset zeigt: Die Ablehnung der UNRWA geht weit über das Lager des für seine Rücksichtslosigkeit bekannten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hinaus.
Kurzfristig geht es nicht ohne UNRWA
Nur: Unter den aktuellen Umständen ist schwer vorstellbar, wie es ohne die UNRWA gelingen soll, eine Hungersnot im Winter zu verhindern. Als Besatzungsmacht ist Israel verpflichtet, die Versorgung der Gaza-Bevölkerung zu sichern. Wie will Israel das ohne UNRWA-Infrastruktur schaffen? Mit eigenen Kräften unter den Bedingungen eines anhaltenden Häuserkampfes? Bisherige Versuche dieser Art hatten wenig Erfolg. Was um Himmels willen denken sich also die Abgeordneten, die für das Verbot gestimmt haben?
Die westlichen Partner können Israel hier nicht eindringlich genug warnen. Sie sollten dabei auch auf das Ermittlungsverfahren beim Internationalen Strafgerichtshof gegen Netanjahu hinweisen, in dem es ja maßgeblich um den Verdacht eines Aushungerns der Zivilbevölkerung geht. Langfristig ist sicher die Ablösung des UNRWA durch eine Organisation mit höherer Glaubwürdigkeit zu wünschen. Kurzfristig, jedenfalls in diesem Winter, wird das Hilfswerk trotz aller schweren Mängel gebraucht.