Sechs Verdächtige, ein Boot und eine Basis an der idyllischen Ostseeküste: Die neuen Vermutungen zum Anschlag auf die Ostsee-Pipelines reißen mehr Fragen auf, als sie beantworten.
Spuren führen in die UkraineNord-Stream-Attentat – Was Berlin und Kiew jetzt erklären müssen
Pro-ukrainische Akteure oder auch russische Putin-Gegner als Urheber der Explosionen an den beiden Ostsee-Pipelines? Die neue These wirft vor allem Fragen auf.
Wieso bekommen Behörden nichts mit?
Anders als bisher stellt sich die alte Kriminalisten-Frage nach dem Interesse an der Tat. Freischärler mögen da anders denken als Staatsführungen. Denn die Idee, Washington, Kiew oder gar Oslo hätten Russland so aus dem europäischen Gasmarkt drängen wollen, ist doch absurd. Das hatte Wladimir Putin mit dem Überfall auf die Ukraine und dem anschließenden Gas-Erpressungsversuch selbst erledigt. Auch nach einem russischen Abzug aus der Ukraine wird es keine Gaskäufe durch EU-Staaten im alten Umfang mehr geben, so große Pipeline-Kapazitäten werden nicht mehr gebraucht. Aber auch Russland hatte eigentlich kein Interesse an der Sprengung, denn bei deutschen Putin-Fans funktioniert die Illusion vom billigen Nord-Stream-Gas wunderbar. Eine Operation unter falscher Flagge wäre denkbar, aber dafür gibt es offenbar keinen Beleg.
Allerdings: Das gemietete Boot wurde gefunden und laut Bundesanwaltschaft durchsucht, aber warum hatten die Täter nicht mal versucht, die Sprengstoffspuren zu beseitigen? Und: Sie mögen hochprofessionelle Taucher und Navigatoren gewesen sein, aber wie kamen sie an Hunderte Kilo Sprengstoff? Unvorstellbar, was man damit hätte anrichten können. Wieso bekommen unsere Behörden davon nichts mit? Welche Leute duldet die Ukraine, wenn die Spuren denn dorthin führen, in ihren Grenzen? Das Agieren des aus Deutschland ausgewiesenen russischen Extremisten Nikitin auf ukrainischem Boden ist alarmierend genug. Kiew und Berlin müssen viele Fragen beantworten.