In einem offenen Brief wenden sich Lehrer gegen die Praxis, dass Bezüge gekürzt werden, wenn das zweite Staatsexamen nicht bestanden wurde.
Lehrer in NRW wehren sichWer bei der Prüfung durchfällt, erhält weniger Geld
Angehende Lehrerinnen und Lehrer wehren sich gegen eine drastische Kürzung ihrer Bezüge, wenn sie die Prüfung zum zweiten Staatsexamen nicht bestanden haben. Nach dem Landesbesoldungsgesetz kann Lehramtsanwärtern in diesem Fall die Unterhaltsbeihilfe auf bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Das bedeutet, dass der Grundbetrag von gut 1500 Euro für sechs Monate auf etwa 450 Euro sinken kann.
Die Betroffenen arbeiten indes weiter an den Schulen und müssen sich zugleich auf die nur einmal mögliche Wiederholung der Prüfung vorbereiten. Die Personalräte melden in jüngster Zeit vermehrt Maßnahmen, Lehramtsanwärtern aufgrund nicht bestandener Prüfungsleistungen bei gleichzeitiger Verlängerung des Vorbereitungsdienstes die Bezüge zu kürzen.
Offener Brief ans Schulministerium
In einem offenen Brief an NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU), der unserer Redaktion vorliegt, protestiert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegen diese Praxis. „Grundsätzlich stellt sich die Frage, wieso Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung bei Nichtbestehen in Form einer Kürzung der Bezüge bestraft werden“, schreibt Ayla Celik, GEW-Vorsitzende in NRW. „Unserer Auffassung nach sollten sie sich vollumfänglich auf den zweiten Prüfungsversuch fokussieren können.“ Das Ziel, mehr Lehrkräfte zu gewinnen, werde mit solchen Maßnahmen konterkariert.
In jedem Prüfungsjahrgang seien 400 bis 600 Personen von der Regelung betroffen. Zahlen des Schulministeriums zeigen, dass bei den Prüfungen im Herbst 2021 und im Frühjahr 2022 über alle Schulformen hinweg 580 Personen nicht bestanden haben. Wie viele davon aufgrund gekürzter Bezüge ihr Referendariat vorzeitig aufgaben, ist nicht bekannt. Derzeit fehlen laut Landesregierung über 6700 Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in NRW.
Nach einer Studie des Stifterverbands brechen zudem knapp die Hälfte der Lehramts-Studierenden im Laufe des Studiums oder im Referendariat ihre Ausbildung ab. Vor diesem Hintergrund plädiert Celik dafür, die Kürzung der Bezüge bei Nichtbestehen zu streichen.
Dazu will sich das NRW-Schulministerium auf Anfrage nicht konkret äußern. Es handele sich bei den möglichen Kürzungen der Bezüge „stets um einzelfallbezogene Ermessensentscheidungen der Bezirksregierung“. Härtefallklauseln aus häuslichen, sozialen oder wirtschaftlichen Gründen seien vorgesehen. In jedem Einzelfall finde eine Anhörung der Betroffenen statt. Das Ministerium werde die Bezirksregierungen aber „dafür sensibilisieren, die insgesamt gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie den Lehrerbedarf bei der Abwägungsentscheidung im Blick zu haben“.