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„Blaumachen spielt in der Praxis keine Rolle“Gesundheitsminister Lauterbach erteilt klare Absage an Debatte um Karenztage

Lesezeit 3 Minuten
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte ab, den Karenztag wieder einzuführen, würde bedeuten, dass Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen müssten.

„Ich soll Ihnen allen schöne Grüße von Olaf Scholz bestellen“, sagte der mit einiger Verspätung im Excelsior-Hotel Ernst erschienene Bundesgesundheitsminister zum Auftakt des Gesprächs mit Michael Wirtz vom Vorstand des Kölner Presseclubs. Lauterbach kam aus der Flora, wo er mit dem Kanzler Gast beim Neujahrsempfang der IHK war. „Wird Gesundheit unbezahlbar?“ lautete das Thema des Jahresauftaktgesprächs im Presseclub.

Lauterbach zu Karenztag: „Diese Idee geht zu Lasten der Arbeitnehmer“

Der SPD-Politiker lehnte den aktuellen Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte ab, den Karenztag wieder einzuführen. So müssten Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen. Bäte hatte damit eine Debatte über den Krankenstand in Deutschland angestoßen. „Diese Idee geht zu Lasten der Arbeitnehmer“, betonte der Bundesgesundheitsminister. Diejenigen, die den Lohnausfall nicht leisten könnten, schleppten sich dann zur Arbeit. Sie gefährdeten nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die der Kollegen. „Wenn man mit einer Covid-Erkrankung zur Arbeit geht, infiziert man andere Mitarbeitende. Damit ist doch niemandem geholfen.“ Blaumachen spiele in der Praxis keine Rolle. Der hohe Krankenstand in Deutschland komme nicht durch wenige Fehltage zustande, sondern durch Langzeiterkrankte mit psychischen Problemen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Grund sei, dass in Deutschland zehn bis fünfzehn Jahre lang die Vorbeugemedizin vernachlässigt worden sei. Deshalb habe man auch die geringste Lebenserwartung in Westeuropa und hohe Pflegekosten. „Wir brauchen hier mehr Präventionsgesetze wie das Gesunde-Herz-Gesetz, das durch den Ausstieg der FDP aus der Ampel nicht mehr verwirklicht werden konnte.“

Großes Potenzial der elektronischen Patientenakte

Lauterbach berichtete von einem Besuch in einer Kölner Arztpraxis am gleichen Tag, wo er die elektronische Patientenakte vorgestellt hatte. Ab dem 15. Januar soll sie in 250 Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken getestet werden. Danach soll sie bundesweit eingeführt werden. Mit der digitalen Innovation können Ärzte auf Befunde, Medikationslisten oder MRT-Aufnahmen zugreifen. Der Bundesgesundheitsminister sieht in der elektronischen Patientenakte deswegen große Potenziale. „So wird es für die Patienten auch komfortabler. Bei einer Erkältung, Grippe oder leichten Sportverletzung kann die Behandlung online erfolgen und Patienten sich den Weg in die Praxis sparen.“ Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, will Lauterbach die Kompetenzen von Pflegekräften stärker nutzen. Deshalb sollen Pflegekräfte – gemäß ihrer Qualifikation – mehr Befugnisse in der Versorgung erhalten. So sollen sie zum Beispiel bei der Versorgung von Diabetes oder Demenz mehr eigenständige Entscheidungen treffen können. Außerdem sollen sie eigenständig Pflegegrade für die Langzeitpflege vergeben können. „Wir müssen die Kompetenzen gezielt da einsetzen, wo sie vorhanden sind und gebraucht werden.“ Mit dem vom Kabinett Ende des Jahres beschlossenen Pflegekompetenzgesetz will Lauterbach auch neue Wohnformen fördern. Dazu zählen Wohnprojekte, die Alternativen zum betreuten Wohnen und zu den klassischen Pflegeheimen darstellen wie die sogenannten Senioren-WGs. Zum Abschluss ließ der Kölner klar erkennen, dass er nach der Wahl Bundesgesundheitsminister bleiben möchte.