Paus hätte an anderer Stelle sparen können, so Lindner. Einen Tag vor der Verabschiedung des Haushalts kocht die Debatte um das Elterngeld weiter hoch.
Kritik an SparplänenLindner legt im Streit um Elterngeld nach und schiebt Paus Schuld zu
Christian Lindner will beim Bundeshaushalt sparen, zum Abspecken aufgefordert sind deswegen auch die Ministerien. Der Vorschlag aus dem Familienministerium, ab 2024 die Einkommensgrenze, bis zu der es Anspruch auf das Elterngeld gibt, deutlich zu senken, sorgte am Montag für einen Aufschrei – vor allem unter besserverdienenden Eltern, die künftig kein Elterngeld mehr bekommen könnten.
Am Dienstag hat sich nun er Finanzminister selbst zu Wort gemeldet und einen entsprechenden Artikel des „Spiegel“ zur geplanten Kürzung des Elterngeldes geteilt. Dazu schreibt Christian Lindner: „Wenn die zuständige Kollegin selbst von der Änderung beim Elterngeld nicht überzeugt ist, dann kann und sollte sie ihren Konsolidierungsbeitrag in anderer Weise erbringen.“
Christian Lindner legt im Haushaltsstreit mit Kollegin Paus nach
Gemeint ist mit der zuständigen Kollegin die Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Diese hatte laut dem Bericht „bedauert“, dass ihr Ministerium „zu den Einschnitten gezwungen sei“ – und vor negativen Auswirkungen gewarnt. Am Mittwoch soll der Entwurf des Haushalts 2024 – um den seit Monaten gerungen wurde – das Kabinett passieren. Vorausgegangen war eine monatelange Debatte um die Ausgaben für die von Paus angepeilte Kindergrundsicherung. Allein durch die Umstellung bei der Einkommensgrenze zum Elterngeld sollen 500 Millionen Euro Ersparnis bringen.
So richtig glücklich, das macht Lindners jüngste Aussage deutlich, scheint mit dem Kompromiss jedoch keine Seite. Dass der Finanzminister so kurz vor der Verabschiedung des Haushalts seiner Ampel-Kollegin vorwirft, sie hätte ja an anderer Stelle sparen können, und damit die Diskussion erneut anheizen dürfte, überrascht. Schließlich handelte es sich bei dem Schritt dem Vernehmen nach um einen von Paus ausgehandelten Kompromiss, der verhindert, dass das Elterngeld flächendeckend – also auch für einkommensschwache Familien – gesenkt wird.
Kritik am Einsparungen bei Elterngeld – Besserverdiener könnten auf Elternzeit verzichten
Die Grenze für den Erhalt des Elterngeldes liegt derzeit bei 300.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen bei Paaren und 250.000 Euro bei Alleinerziehenden. Der Entwurf sieht vor, dass künftig nur noch Eltern mit einem Jahreseinkommen von bis zu 150.000 Euro Anspruch auf das Elterngeld haben. Das Elterngeld gleicht fehlendes Einkommen aus, wenn Eltern ihr Kind nach der Geburt betreuen.
Die geplante Änderung fördere bei sehr unterschiedlichen Einkommen innerhalb einer Partnerschaft finanzielle Abhängigkeit, kritisieren die Gegner. „Wenn die Entscheidung, ob überhaupt #Elterngeld gezahlt wird, sich am Einkommen eines Paares bemisst, nicht am Einkommen der Person, die in Elternzeit geht, ist diese Person im Zweifel finanziell abhängig. Ein Umstand, den Gleichstellungspolitik eigentlich beheben will“, schreibt etwa SZ-Journalistin Teresa Bücker auf Twitter.
Ähnlich sieht das auch Sebastian Fischer, Leiter des „Spiegel“-Hauptstadtbüros. Wie viele andere fürchtet auch er, dass besonders gutverdienende Männer keine Elternzeit mehr nehmen könnten – und Frauen die Leidtragenden der neuen Regelung sein könnten.
Haushaltsentwurf samt Änderung zum Kindergeld soll am Mittwoch verabschiedet werden
Beschlossen ist die Änderung beim Elterngeld noch nicht, das soll am Mittwoch mit der Verabschiedung des Haushaltsentwurfes geschehen. Daran, den über Monate mit der Ampel erstrittenen Entwurf kurz vor Torschluss zu gefährden, kann Lindner kein Interesse haben. Der Streit in der Ampel geht aber offenbar auch nach der Einigung auf einen Haushalt weiter – anders ist der Fingerzeig auf die Familienministerin kaum zu verstehen.
Der Bundesetat soll 2024 von rund 476 Milliarden Euro (2023) auf rund 446 Milliarden sinken. Auch die Neuverschuldung soll im kommenden Jahr deutlich sinken – von 45,6 (2023) auf 16,6 Milliarden Euro.