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Auftrittsverbot kurz vor WahlKrah-Skandal stürzt AfD in die Krise – aber „Schampus Max“ kassiert weiter

Lesezeit 4 Minuten
Die AfD hat ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah kurz vor der Europawahl ein Auftrittsverbot erteilt. (Archivbild)

Die AfD hat ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah kurz vor der Europawahl ein Auftrittsverbot erteilt. (Archivbild)

Nach dem Auftrittsverbot für Maximilian Krah befindet sich die Parteispitze in einer heiklen Lage. Krah selbst fällt derweil weich.

Gut zwei Wochen vor der Europawahl steckt die AfD in schweren Turbulenzen. Die Parteispitze erteilte ihrem eigenen Spitzenkandidaten Maximilian Krah am Mittwoch ein Auftrittsverbot. Krah selbst bestätigte seinen Rückzug aus dem Wahlkampf und aus dem Bundesvorstand. Konkreter Anlass waren umstrittene Äußerungen Krahs zur SS. Doch stand der 47-jährige Sachse ohnehin unter Druck wegen der Spionageaffäre um einen Mitarbeiter und wegen seiner Nähe zu Russland und China. Auch die Nummer zwei der AfD-Europaliste, Petr Bystron, wird nach Korruptionsermittlungen vorerst keinen Wahlkampf mehr machen.

Ein Wahlkampf ohne Spitzenkandidaten, sinkende Umfragewerte, Niederlagen vor Gericht, Konkurrenz durch das Bündnis Sahra Wagenknecht – für die AfD ist es eine schwarze Serie. Alle seien total angefressen, hieß es am Mittwoch. Gleichwohl lag die Rechtsaußenpartei in Umfragen zur Europawahl am 9. Juni zuletzt mit 15 bis 16 Prozent immer noch deutlich über ihrem Ergebnis von 2019, als sie 11,0 Prozent der Stimmen und elf Mandate gewann. Wie und ob Anhängerinnen und Anhänger der AfD auf das interne Durcheinander reagieren, ist offen.

AfD: Maximilian Krah wird wohl erneut ins EU-Parlament einziehen

Nützt oder schadet es der Partei, jetzt mit Krah zu brechen? Und was bedeutet das überhaupt? Die Briefwahl läuft schon, Krah ist von der AfD-Liste praktisch nicht mehr zu tilgen. Stand jetzt dürfte er erneut in das Europaparlament einziehen – und dann auch weiter entsprechende Bezüge kassieren. Einem Bericht der „Bild“-Zeitung zufolge fällt der ehemalige Spitzenkandidat nach seiner Demission weich. Sollte Krah erneut ins EU-Parlament einziehen, kann er für fünf Jahre mit Diäten von derzeit 10.075,18 Euro im Monat brutto rechnen.

Durch die sogenannte „allgemeine Kostenvergütung“ für EU-Abgeordnete und Tagegeld für Sitzungsteilnahmen könnten sich Krahs Bezüge in den nächsten Jahren auf mehr als 989.000 Euro summieren, berichtete die Boulevardzeitung. Auch die EU-Rente Krahs, der bereits seit 2019 im EU-Parlament sitzt, würde bei einer Wiederwahl weiterwachsen. Nach Ende der neuen Wahlperiode könne der AfD-Politiker mit 3526 Euro Monatspension planen, berichtete die „Bild“.

AfD-Kandidat Krah: Parteifreunde nennen ihn „Schampus Max“

Dass Krah, dem Parteifreunde den Spitznamen „Schampus Max“ verpasst haben, nach dem Skandal um Aussagen über SS-Soldaten in einem Interview und der Entscheidung der Parteispitze recht unbeschadet davon kommen könnte, scheint auch in seiner Partei bekannt zu sein. „Er muss jetzt einfach nur die Klappe halten, abtauchen und eine ruhige Kugel schieben“, zitierte „Bild“ ein Mitglied des Bundesvorstands der rechtspopulistischen Partei.

Auf Krahs bevorstehenden erneuten Einzug ins EU-Parlament zielt nun auch die politische Konkurrenz. CSU-Generalsekretär Martin Huber forderte, Krah müsse seinen Sitz im Europaparlament aufgeben. Ähnlich äußerte sich der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Grünen-Chef Omid Nouripour nannte es ein fadenscheiniges Manöver, den Kandidaten bis zum Wahltag zu verstecken. Krah selbst reagierte auf eine Anfrage zum Mandatsverzicht zunächst nicht.

Auftrittsverbot für Maximilian Krah nach Aussagen über SS-Soldaten

Auslöser der akuten Krise ist ein Interview Krahs mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ und der „Financial Times“. Krah wurde nach der nationalsozialistischen SS gefragt. Die sogenannte Schutzstaffel Adolf Hitlers bewachte und verwaltete unter anderem die Konzentrationslager und war maßgeblich für Kriegsverbrechen verantwortlich.

Bei den Nürnberger Prozessen nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie zu einer verbrecherischen Organisation erklärt. Krah sagte in dem Interview: „Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war.“ Auf die Frage, ob die SS Kriegsverbrecher seien, antwortete er: „Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell.“

Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla (l.) und Alice Weidel (r.) zusammen mit Maximilian Krah auf dem Podium. Die Partei hat ein Auftrittsverbot gegen den Spitzenkandidaten für die Europawahl verhängt. (Archivbild)

Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla (l.) und Alice Weidel (r.) zusammen mit Maximilian Krah auf dem Podium. Die Partei hat ein Auftrittsverbot gegen den Spitzenkandidaten für die Europawahl verhängt. (Archivbild)

Daraufhin signalisierte zuerst der französische Rassemblement National von Marine Le Pen: Es reicht. Der RN sitzt bisher mit der AfD im Europaparlament in der Fraktion ID, kündigt nun aber die Zusammenarbeit auf. Es folgten am Mittwoch AfD-Krisensitzungen. Erst besprach sich der Bundesvorstand telefonisch, dann wurden auch die Landesvorsitzenden einbezogen.

Schon während der Sitzung des Bundesvorstands meldete „Bild“, die Parteispitze habe gegen Krah ein Auftrittsverbot im Wahlkampf verhängt. Krah konterte kurz darauf auf der Plattform X mit seiner eigenen Lesart: Er verzichte selbst auf weitere Wahlkampfauftritte und trete als Mitglied des Bundesvorstands zurück.

AfD in der Krise: Tino Chrupalla und Alice Weidel in heikler Lage

Die Parteivorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel bringt der ganze Vorgang in eine heikle Lage. Krah galt schon bei seiner Nominierung in Magdeburg im vergangenen Jahr eher als Wunschkandidat des Thüringer Landeschefs Björn Höcke. Chrupalla und Weidel arrangierten sich. Kritik an Krahs Russland- und China-Nähe gab es von Anfang an, Streit mit dem RN in Straßburg und Brüssel ebenfalls.

Für die AfD könnte der Eklat mit dem Rassemblement National unterdessen einen Machtverlust auf europäischer Ebene bedeuten. Auch der italienische Partner Lega scheint auf Distanz. Die ultrarechten Fratelli d'Italia von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sind auf die AfD ohnehin nicht gut zu sprechen. Die österreichische FPÖ ließ mitteilen, die Frage nach Kooperationen stelle sich erst nach der Wahl. Doch wo die AfD künftig Partner findet, ist unklar. (das/dpa)