Berlin – Nach dem Ende der Sommerreisesaison wollen sich Bund und Länder bei den Corona-Tests verstärkt auf Krankenhäuser und Pflegeheime konzentrieren.
Kostenlose Tests für Urlauber und Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen dafür nach dem Willen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern wegfallen. Das vereinbarten sie am Montag in einer Schaltkonferenz. Zudem wird weiter über einheitlichere Corona-Regeln in Deutschland mit Blick auf Familienfeiern, Bußgelder und Masken diskutiert. Parallel dazu werden Kontrollmaßnahmen verschärft.
Es habe eine hohe Übereinstimmung gegeben, dass richtigerweise im Sommer die Tests für Reisende ausgeweitet worden seien, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach dem Gespräch. Man sei sich aber gleichzeitig einig, dass mit Ende der Rückreisewelle die Kapazitäten wieder stärker im Bereich Pflege und Krankenhäuser genutzt werden sollten. Kritik an der Neuregelung kam aus Bayern. „Die Diskussion zur Beendigung einer Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten ist verfrüht”, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montagabend in München.
ENDE VON KOSTENLOSEN TESTS
Seit Ende Juli können sich Urlaubsrückkehrer aus Nicht-Risikogebieten in Deutschland kostenlos auf Corona testen lassen. Das Angebot wurde gut angenommen. An Autobahnteststellen in Bayern etwa brauchten Reisende am vergangenen Wochenende teilweise viel Geduld und mussten rund zwei Stunden warten. „Die Möglichkeit für kostenlose Testungen für Reisende aus Nicht-Risikogebieten wird beendet”, hieß es am Montag in einer Mitteilung der Gesundheitsminister. Ein genaues Datum wurde nicht genannt. Das dürfte am Donnerstag bei der Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder besprochen werden. Beratungen der Länderchefs mit der Kanzlerin zum gemeinsamen Vorgehen in der Pandemie hatte es zuletzt im Juni gegeben.
PFLICHTTESTS UND QUARANTÄNE
Seit dem 8. August gilt: Reisende, die in Risikogebieten waren, müssen sich nach der Einreise kostenlos testen lassen, wenn sie keinen eigenen maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen können. Ein negatives Ergebnis hebt die vorgeschriebene Quarantänepflicht auf. Nun ist geplant, dass für diejenigen, die aus Risikogebieten einreisen, wieder ausschließlich die Quarantäneregelung gelten soll. Das heißt: Die Betroffenen müssen sich wie bisher beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese soll im Unterschied zur jetzigen Regelung aber erst dann verlassen werden dürfen, wenn mit einem frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachten Test ein negatives Ergebnis vorgewiesen wird. Auch hier ist noch unklar, wann die Neuregelung kommen soll. Im Gespräch sind der 15. September oder der 1. Oktober.
SCHLUSS MIT ZETTELN IM FLIEGER UND IM BUS
„Zur verbesserten Kontrolle soll ein digitales Meldeportal durch die Bundesregierung entwickelt und gemeinsam mit den Ländern umgesetzt werden”, hieß es am Montag von den Gesundheitsministern. Bisher müssen Reisende aus Risikogebieten im Flugzeug oder Reisebus Formulare mit Kontaktdaten und Angaben zum Gesundheitszustand ausfüllen. Die gehen an die Gesundheitsämter. „Kisten voller Papiere”, hatte der Deutsche Städtetag kritisiert. Geplant ist nun, dass sich Reisende künftig vorher auf einer speziellen Internet-Seite registrieren und ihre Daten dort eingeben können.
LABORE AN DER GRENZE DER BELASTBARKEIT
Die umfassenden Tests bei Urlaubern werden auch deshalb zurückgefahren, weil die Labore in Deutschland inzwischen an ihre Grenzen stoßen, sowohl beim Personal als auch bei der Verfügbarkeit von notwendigen Materialien für die Tests. Deshalb müsse man die Teststrategie entsprechend anpassen, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Montag. Pro Woche würden momentan rund 875 000 Corona-Tests gemacht. Die Labore hätten eine theoretische Kapazität von rund 1,2 Millionen.
DIE AKTUELLEN ZAHLEN
Erwartungsgemäß meldete das Robert Koch-Institut (RKI) am Montag vergleichsweise wenig neue Corona-Infektionen. Binnen 24 Stunden wurden 711 Fälle an das RKI übermittelt, wie das Institut am Morgen mitteilte. An Sonntagen und Montagen sind die Zahlen erfahrungsgemäß niedriger, weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI übermitteln. An den Tagen zuvor hatte die tägliche Zahl der Neuinfektionen noch weit höher gelegen. Am Samstag war mit 2034 neuen Fällen erstmals seit Ende April die 2000er-Marke überschritten worden.
FORDERUNGEN NACH MEHR EINHEITLICHKEIT
Diskutiert wurde zu Wochenbeginn mit Blick auf die Beratungen Merkels mit den Ministerpräsidenten der Länder weiter über ein einheitliches Vorgehen in der Corona-Pandemie. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte, dass man sich wenigstens auf gemeinsame Mindeststandards einigen sollte. Als Beispiele nannte er die Maskenpflicht, die Höhe von Bußgeldern und Personenzahlen für Veranstaltungen. „Es kann nicht sein, dass es einzelne Bundesländer gibt, die keine Bußgelder haben”, sagte Söder.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sprach sich dafür aus, die erlaubte Personenzahl bei privaten Feiern bundesweit zu vereinheitlichen. „Einheitlichkeit ist deshalb gut, weil es für die Bürgerinnen und Bürger schwierig genug ist, diese verschiedenen Regeln zu verstehen”, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin”.
MEHR KONTROLLEN UND HÖHERE BUßGELDER
Gleichzeitig wurden am Montag bereits weitere Schritte zur Verschärfung unternommen. Bayern kündigte mehr Kontrollen von Auflagen wie der Maskenpflicht und höhere Strafen gegen Verstöße an. In Regionalzügen und S-Bahnen in Nordrhein-Westfalen begann am Mittag in Zusammenarbeit mit Ordnungsämtern und Bundespolizei eine landesweite Kontrollaktion zur Einhaltung der Maskenpflicht. Die Deutsche Bahn kündigte ebenfalls an, härter durchzugreifen. So sollen wegen zahlreicher Verstöße gegen die Maskenpflicht auf Innenstadt-Bahnhöfen vor allem am Abend die Kontrollen verstärkt werden.
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