- Donald Trump will die tägliche Debatte bestimmen, mit welcher Geschichte auch immer, ob sie nun wahr oder frei erfunden ist.
- Frank Herrmann kommentiert die neusten Eskapaden des US-Präsidenten.
Donald Trump hat erneut rote Linien überschritten, nur diesmal eben in aller Öffentlichkeit. Während die Opposition noch dabei ist, das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn zu organisieren, bestätigt er den Kern des Verdachts, der diesem Verfahren zugrunde liegt. Während die Demokraten noch damit beschäftigt sind, die Puzzleteile der Ukraineaffäre zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen, schreibt er schon am nächsten Kapitel der Impeachment-Saga.
Als wäre es völlig selbstverständlich, fordert er nunmehr China auf, gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu ermitteln. Das tut er vor laufenden Kameras auf dem Rasen vorm Weißen Haus, nicht wie im Falle Kiews während eines vertraulichen Telefonats, dessen Inhalt nur bekannt wurde, weil ein Whistleblower Alarm schlug.
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Der Präsident der Vereinigten Staaten wendet sich live, vor den Augen der Welt, an ein Land, das nicht gerade bekannt ist für seine Rechtsstaatlichkeit, um Munition gegen einen Rivalen im eigenen Land zu sammeln. So absurd das auf den ersten Blick anmutet, zumal er sich damit nur selbst zu schaden scheint, so offenbart es doch auch ein klares Handlungsmuster. Ein Muster, das sich bewährt hat für Trump. Schon als Immobilienunternehmer handelte er nach der Devise, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Umso härter zurückschlagen, wenn man einstecken muss, das war seit jeher seine Maxime.
Fakten zählen nicht für den Mann, der seriösen Medien nahezu täglich das Verbreiten von „Fake News“ vorwirft. Er will die Debatte bestimmen, mit welcher Erzählung auch immer, ob sie nun einen wahren Kern hat oder frei erfunden ist. Eine Inflation von immer neuen Gerüchten, Verästelungen, Randnotizen in der Causa Impeachment soll das Publikum ermüden, es den Überblick wie das Interesse verlieren lassen. Dass Trump bei alledem die Hemmschwelle im politischen Diskurs noch weiter senkt, stört ihn nicht. Es hat ihn noch nie gestört.
Indem er sich live im Fernsehen an Peking wendet, versucht er zu suggerieren, dass nichts dabei ist, jene Grenze zu ignorieren, die seine Vorgänger im Oval Office noch respektiert haben. Die Gesetze seines Landes verbieten ihm ausdrücklich, im Zusammenhang mit einer amerikanischen Wahl um ausländische Hilfe zu bitten oder sie anzunehmen, falls sie denn angeboten wird. Und dass Trump Joe Bidens Sohn Hunter ins Visier nimmt, dass er Kiew und Peking anstachelt, Verstrickungen des Juniors in ukrainische oder auch chinesische Korruptionsgeflechte zu untersuchen, hat nun mal allein mit dem Votum des Jahres 2020 zu tun. Es waren die Wutausbrüche, die paranoiden Verdächtigungen, die in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen sorgten. Entscheidend ist eine zentrale Erkenntnis: Dieser Präsident hat keinerlei Achtung vor dem rechtlichen Sockel, auf dem die amerikanische Republik steht. Ergo hat er auch keine Hemmungen, fremde Mächte einzuspannen, damit er sich in einer Schlammschlacht von vielleicht noch nie erlebter Härte seine Wiederwahl sichern kann.