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Kommentar zum EU-GipfelKandidatur von der Leyens ist ein Tabubruch

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von der Leyen (1)

Ursula von der Leyen (CDU)

Diese Kandidatur ist ein Tabubruch. Das liegt nicht daran, dass Ursula von der Leyen die erste Frau an der Spitze der Europäischen Kommission und damit wichtigsten EU-Behörde werden könnte. Nein, der offene Affront dieser Kandidatur liegt in der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs, sich wissentlich gegen den Beschluss des Europäischen Parlamentes zu stellen, nur einen Spitzenkandidaten zu akzeptieren.

Das wird dieser Union einmal mehr den Vorwurf mangelnder Demokratie einbringen. Schließlich hatten die Parteienfamilien mit der Einführung dieses Modells doch versucht, den Bürgern mehr Einfluss auf die Besetzung der Topjobs in Brüssel zu gewähren. Aber die Staats- und Regierungschefs haben sich nicht einfach über diese Vorgabe hinweggesetzt, ihnen blieb keine andere Wahl. Weil eben jene Spitzenkandidaten ausnahmslos nicht mehrheitsfähig waren.

Dass dabei nationale Egoismen und sogar politische Rache eine Rolle spielten, ist schwer nachvollziehbar, aber Teil der Realität. Und es wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Union. Aber: Wenn es keine Mehrheiten gibt, müssen andere Lösung gefunden werden. Von der Leyen mag nicht die erste Wahl gewesen sein, aber sie muss den Vergleich mit früheren Kompromisskandidaten zweifellos nicht scheuen.

Richtig bleibt aber auch: Der Kampf der Institutionen hat gerade erst begonnen. Das EU-Parlament kann die Bewerberin ablehnen – gerade weil sie bei der EU-Wahl nicht als Topkandidatin gesetzt war. Doch der Preis wäre hoch. Einen Machtkampf der Institutionen darf sich die Gemeinschaft nicht leisten. Viel konstruktiver wäre es, wenn das Parlament vormachen würde, dass es letztlich auf von der Leyens Persönlichkeit und ihre Fähigkeiten für das Amt ankommt.

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