Zuschauen oder abschalten? Diese Gewissensfrage muss jeder für sich entscheiden. Die Medien sind in der Verantwortung, über den Stadionrand hinaus zu blicken und die Schattenseiten der WM zu beleuchten.
Kommentar zu Katar 2022Die Schattenseiten der Skandal-WM gehören ans Licht
Gemischte Gefühle – das ist fast schon die positivste Beschreibung der Stimmungslage vor dieser Fußball-WM. Ungetrübte Freude in der Erwartung eines spannenden sportlichen Wettkampfs, wie wir sie aus früheren Jahre kennen, ist nirgendwo auszumachen. Keine Spur von glühendem WM-Fieber.
Die dubiosen Umstände der Vergabe durch die Fifa, die Menschenrechtslage im Gastgeberland, die Ressourcen-Verschwendung in den Wüsten-Stadien – das alles dämpft die Begeisterung gewaltig. Und führt zu der Gewissensfrage: Sollten wir diese WM als internationales Event und TV-Ereignis überhaupt wahrnehmen? Oder wäre ein Zuschauer-Boykott die richtige Reaktion auf die Skandal-WM 2022?
Zuschauen oder abschalten oder im Zwiespalt und mit eingerollter Fahne ab und zu mal hingucken? Das kann nur jeder für sich privat entscheiden. Im öffentlichen Raum hingegen steht die Frage: Wie gehen die Medien, also auch die Rundschau-Redaktion, mit dieser Weltmeisterschaft um?
Wir sehen uns vor allem in der Pflicht zu informieren, umfassend, seriös und unabhängig. Das gilt auch für das Turnier in Katar, für die Spielberichte und die Ergebnisse. Ein journalistischer Boykott des Sportgeschehens ginge an unserem Auftrag vorbei.
Genauso sind wir aber in der Verantwortung, über den Stadionrand hinauszublicken und über die Hintergründe dieses Turniers, über die Zustände auf den Sportstätten-Baustellen und die staatlich verordneten Menschenrechts-Verstöße zu berichten, was wir seit vielen Wochen bereits tun. Auch das ist Katar 2022. Eine WM, deren Schattenseiten ans Licht gehören.