Kommentar zu Corona-BeschlüssenWer soll das alles eigentlich noch verstehen?
Wenn es bei der Pandemie-Bekämpfung einen Punkt gibt, über den Einigkeit herrscht unter allen Experten und über alle Lager hinweg, dann dieser: Die Maßnahmen müssen nachvollziehbar sein. Nachvollziehbar für die, die all das akzeptieren, befolgen, umsetzen sollen, was eine ziemlich zersplitterte Corona-Runde in Berlin als kleinsten gemeinsamen Nenner auf den Verordnungsweg bringt. Und das wird immer unübersichtlicher.
Eingezwängt zwischen der Sorge vor einer gefährlichen Mutanten-Welle und dem beständigen Druck, endlich wieder zu lockern, haben Kanzlerin und Länderchefs gestern um ein Paket aus minimalen Lockerungen und neuen Auflagen gerungen.
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In Aussicht stehen schon in Kürze ein wenig mehr Privatkontakte, Pflanzenverkauf, Sport im Freien, endlich wieder legale Fußpflege und überraschenderweise Flugstunden. Aber wer Kinderschuhe kaufen oder im Biergarten sitzen möchte, muss wohl erstmal abwarten. Am Ende soll es auf die Infektionslage ankommen.
Gibt es in den Video-Runden mit Länderchefs und Kanzlerin eigentlich niemanden, der fragt: Wer soll das eigentlich noch verstehen, was wir hier machen? Das jetzt angedachte Konstrukt aus Öffnungen, Inzidenz-Hürden, Test-Anmelde-Systemen und Notbremsen jedenfalls ist zunächst schwer nachvollziehbar. Es wirkt eher wie ein Ablenkungsmanöver von den Planungsfehlern – die angekündigten kostenlosen Schnelltests für alle lassen noch immer auf sich warten – und von der Ratlosigkeit, die offenbar mitregiert.
Nachvollziehbar kann nur sein, was auch begründet wird. Und da tut sich eine ziemlich große Leere auf. Es fehlen Untersuchungen zum Infektionsgeschehen beim Einkaufen, im Theater, beim Friseur. Warum sollte das Virus im Zoo gefährlicher sein als im Gartencenter? Gibt es Belege dafür, dass die Inzidenz-Grenzlinien bei 50 oder 100 richtig gezogen sind? Wie berechtigt ist überhaupt der hohe Stellenwert der Inzidenz? Und wie sinnvoll können massenhaft Tests wirken, wenn die Zeit verschlafen wurde, Strategien für einen Einsatz kombiniert mit einer App etwa im Einzelhandel vorzubereiten?
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Mit einem System aus Lockern und Schließen werden wir noch eine ganze Weile leben müssen, trotz des positiven Signals gestern Abend, dass nun beim Impfen Tempo gemacht wird und die Hausärzte schon bald mit einbezogen werden sollen.
Aber so lange keine belastbaren Daten zur Begründung der Einschränkungen herangezogen werden – was nach einem Jahr Pandemie eigentlich unvorstellbar ist –, haftet den Maßnahmen ein Stück Willkür an.