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KommentarDie Beliebtheit der AfD mit Protest zu erklären, greift zu kurz

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Thüringen, Sonneberg: Ein Wahlplakat der AfD hängt an der Bundesstraße 89 im Landkreis Sonneberg.

Ein Wahlplakat der AfD hängt an der Bundesstraße 89 im Landkreis Sonneberg.

Jeder, der mit der AfD sympathisiert, sollte ganz genau hinschauen, wofür diese Partei steht.

Die Anhänger der Partei sind wie im Rausch, ihre Kritiker wähnen sich in einem Albtraum. Mit einem Wahlsieg im thüringischen Landkreis Sonneberg könnte der Höhenflug der AfD am Sonntag seinen vorläufigen Höhepunkt erreichen; zehn Jahre nach ihrer Gründung würde die Partei erstmals einen Landkreis regieren – und einen weiteren Schritt hin zur Normalität machen. Das heißt aber nicht, dass man zur Tagesordnung übergehen sollte.

Denn die Beliebtheit der mindestens in Teilen rechtsextremen AfD immer nur mit angeblichen „Protestwählern“ zu erklären, die den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen wollten, ist nicht länger zielführend, ja verharmlost gar die Entwicklung. Tatsächlich sehen wir nämlich, dass autoritäres und illiberales Gedankengut in der Breite der Gesellschaft anschlussfähig geworden ist.

In Sonneberg schwadronieren einfache Bürger ganz unverhohlen von „Ausländer raus“ und führen gar Hitlers NSDAP im Mund, wenn es darum geht, Deutschland vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen. Das ist beängstigend. Wenn die Unionsparteien nun behaupten, der Aufstieg der AfD sei allein eine Folge der miserablen Ampel-Regierung in Berlin, machen sie es sich zu einfach. CDU/CSU müssen sich als größte Opposition durchaus fragen, ob denn ihr Auftritt den Erwartungen der Bürger entspricht.

Lange haben vor allem die einstigen großen Volksparteien sich eingeredet, das mit der AfD werde sich schon erledigen. Inzwischen zeigt sich: nein, wird es nicht, zumindest nicht von allein. Der Rückbau offener Gesellschaften vollzieht sich schleichend. Deshalb sollte jeder, der mit der AfD sympathisiert, ganz genau hinschauen, wofür diese Partei steht – und sich dann fragen: Will ich das wirklich? Damit es nicht plötzlich ein böses Erwachen gibt.