KommentarDer Angriff auf Abe ist ein Angriff auf die Demokratie
Das Attentat auf Japans Ex-Regierungschef Shinzo Abe macht traurig, wütend, fassungslos. Sollte sich bewahrheiten, was sich derzeit abzeichnet, hat ein Japaner Abe aus Frust getötet. Aus Frust, aus Unzufriedenheit hat also jemand einem anderen das Leben genommen?
Es ist nicht übertrieben, hier von einem Angriff auf die Demokratie zu sprechen. Solche Taten erschüttern ein Land, manchmal verändern sie es auch tiefgreifend. Man erinnere sich nur an die Attentate auf Martin Luther King und John F. Kennedy in den USA oder Angriffe auf deutsche Politiker wie Wolfgang Schäuble und Henriette Reker. Von der Dimension her lässt sich das Ansehen des japanischen Politikers mit dem Angela Merkels vergleichen. Abe war der am längsten amtierende Premier Japans, hat das Land dabei entscheidend geprägt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Es stellt sich die Frage, was dieser Mord über die japanische Gesellschaft aussagt. Klar ist: So groß die Konsequenzen der Tat sein werden, so klein ist das Individuum, das beschlossen hat, das Leben eines anderen zu beenden. Die Aufarbeitung der Tat wird zeigen, ob es darüber hinaus noch weitere Erkenntnisse geben kann. Japan gilt als ein Land, in dem sich Hunderttausende Menschen im Alter des mutmaßlichen Attentäters vollständig aus der Gesellschaft zurückziehen. Vor allem japanische Männer neigen zu Einsamkeit. Das Attentat kann ein Anlass sein, sich diesem Problem verstärkt zu widmen, das entschuldigt aber gar nichts. Denn sollte der mutmaßliche Täter nicht unter Wahnvorstellungen gelitten haben, war es seine eigene Entscheidung, das Leben von Shinzo Abe mit 67 Jahren zu beenden.