Nach dem Rückzug des ehemaligen SPD-Generalsekretärs war viel spekuliert worden. Nun meldet sich Kevin Kühnert selbst zu Wort.
„Mann mit FDP-Parteibuch“Kevin Kühnert nennt erstmals Gründe für Rücktritt – und spricht über Partner

Kevin Kühnert habe sich vor einigen Jahren in einen „Mann mit FDP-Parteibuch“ verliebt, schreibt „Die Zeit“. (Archivbild)
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Der frühere SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat seinen Rückzug aus der Politik auch mit wachsender Sorge um seine persönliche Sicherheit begründet. „Meine rote Linie ist da, wo Gewalt in der Luft liegt. Ich bin nur 1,70 Meter groß“, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Berliner war im Oktober 2024 überraschend als Generalsekretär zurückgetreten und hatte bei der Bundestagswahl nicht erneut kandidiert. Als Grund nannte er damals gesundheitliche Probleme.
Drohungen und Übergriffe
Mit der „Zeit“ sprach Kühnert nun über diverse Bedrohungen und Übergriffe, die er bei Auftritten als Politiker und auch in seinem Privatleben erlebt habe. Und anderem in einer Straßenbahn mit drei Männern: „Sie haben darüber geredet, wie sie mir die Fresse polieren.“
Besorgt zeigte sich Kühnert laut „Zeit“ auch über die gesellschaftliche Gleichgültigkeit gegenüber wachsender Gewalt gegen Politiker. „Ich bin nicht aus der Politik ausgestiegen, weil ich Angst vor ein paar Neonazis habe. Sondern weil ich zunehmend Zweifel habe, was das Thema Wehrhaftigkeit betrifft.“
„Die Zeit“: Kühnert hat sich in FDP-Mitglied verliebt
Früher sei er noch als Teil der Mehrheitsgesellschaft in Dresden gegen Rechtsextreme auf die Straße gegangen, sagte Kühnert. „Heute ist es anders. Heute gibt es einen parlamentarischen Arm für all das, der enorm viel Zuspruch bekommt.“
Die „Zeit“ schreibt auch, dass Kühnert sich vor einigen Jahren in einen „Mann mit FDP-Parteibuch“ verliebt habe und durch die Beziehung neu erkannt habe, wie wichtig der respektvolle Umgang mit politisch Andersdenkenden sei. „Es braucht das ständige Bewusstsein, dass der politische Gegner auch recht haben könnte“, sagte Kühnert. Diese Fähigkeit habe die Gesellschaft verlernt.
Kevin Kühnert schließt Rückkehr in Politik nicht aus
Eine Rückkehr in die Politik schließt Kühnert nicht aus: „Ich bin nicht ausgestiegen, weil ich das alles lächerlich oder überflüssig fände“, betonte der ehemalige SPD-Generalsekretär.
In den sozialen Netzwerken sammelten sich nach Kühnerts Gang an die Öffentlichkeit erneut teilweise auch negative Kommentare. Das sei symptomatisch und eine Bestätigung für Kühnerts Worte, kommentierte der Kriminologe Martin Thüne die Wortmeldungen auf der Plattform X.
„Ein Teil der Kommentare unter diesem Post spricht Bände und bestätigt das, was Kühnert sagt“, schrieb Thüne zu einem Beitrag der „Tagesschau“ auf der Plattform. „Bedrohung, Hass und Verächtlichmachung sind insbesondere online zur Regel geworden.“
Kriminologe: „Bedrohung und Hass sind online zur Regel geworden“
Zustimmung bekam Kühnert derweil vom Berliner Grünen-Politiker Johannes Mihram. Auch der ehemalige Verkehrsminister Volker Wissing habe kürzlich erklärt, dass er in der FDP-Fraktion nicht mehr damit durchgedrungen sei, „einen Kompromiss anzustreben und den positiv nach außen zu vertreten“, erinnerte der Grünen-Politiker.
„Wir müssen als politisch Interessierte, als Parteimitglieder, als Gesellschaft sehr aufpassen, dass Kompromisse möglich bleiben“, fügte Mihram an. Sonst drohe man „diejenigen, die sie wollen, in den Parlamenten“ zu verlieren. Zudem profitiere „nur der rechte Rand, wenn sich die demokratischen Parteien bei allem notwendigen Streit nicht schlussendlich in der Mitte einigen können“, fügte Mihram an. (das/dpa)