Seit vielen Jahren läuft ein erbittertes juristisches Tauziehen um Wikileaks-Gründer Julian Assange. Nun überschlagen sich die Ereignisse.
Wende im Fall des Wikileaks-Gründers„Julian Assange ist frei“ – Whistleblower handelt Deal aus und zahlt enorme Summe für Flug
Ende des jahrelangen juristischen Dramas um Wikileaks-Gründer Julian Assange: Der 52-Jährige hat sich mit der US-Justiz im Rahmen eines Deals auf ein Schuldbekenntnis für die Veröffentlichung von Militärgeheimnissen geeinigt, um seine Freiheit wiederzuerlangen. Wikileaks erklärte in der Nacht zum Dienstag, Assange sei frei und habe Großbritannien verlassen – dort saß der Australier seit 2019 in einem Hochsicherheitsgefängnis.
Wikileaks teilt mit: „Julian Assange ist frei“
„Julian Assange ist frei“, schrieb Wikileaks in der Nacht auf Dienstag bei X (vormals Twitter). „Er verließ das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh am Morgen des 24. Juni, nachdem er dort 1901 Tage verbracht hatte“, hieß es weiter. „Nach mehr als fünf Jahren in einer zwei mal drei Meter großen Zelle, in der er 23 Stunden am Tag isoliert war, wird er bald wieder mit seiner Frau Stella Assange und ihren Kindern vereint sein, die ihren Vater nur aus dem Gefängnis kennen.“
Der 52-Jährige habe das britische Gefängnis, in dem er seit 2019 inhaftiert war, bereits verlassen, teilte die Enthüllungsplattform mit. Sie veröffentlichte ein 13-sekündiges Video, in dem unter anderem zu sehen ist, wie Assange eine Treppe in ein Flugzeug hinaufsteigt.
Ein gechartertes Flugzeug mit Assange an Bord verließ demnach bereits am Montagabend den Flughafen Stansted und landete am Dienstag zum Auftanken in Bangkok, von dort reist Assange nun weiter. Seine Frau Stella Assange sagte einem Bericht des britischen „Standard“ zufolge gegenüber der englischen Nachrichtenagentur PA, ihr Mann habe 500.000 US-Dollar (rund 465.000 Euro) für den Charterflug nach Australien gezahlt.
Julian Assange soll auf den Marianen verurteilt werden – und dann freikommen
Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Militärangehörige.
In Gerichtsdokumenten, die in der Nacht zum Dienstag veröffentlicht wurden, hieß es, Assange werde sich in einem Fall der Verschwörung zur Erlangung und Verbreitung von Informationen zur Landesverteidigung schuldig bekennen.
Erleichterung bei Angehörigen von Whistleblower
Der Australier soll am Mittwoch um 09.00 Uhr (Ortszeit, 01.00 Uhr MESZ) vor einem Bundesgericht auf den Marianen erscheinen, einem US-Territorium im Pazifik. Assange könnte zu 62 Monaten Haft verurteilt werden, die er bereits in Großbritannien verbüßt hat. Damit könnte Assange in seine Heimat Australien zurückkehren.
Assanges Frau Stella schrieb im Onlinedienst X, „Julian ist frei!!!“ - und rief die Unterstützer ihres Mannes zur Hilfe auf. „Wir beabsichtigen, einen Notfallfonds einzurichten für Julians Gesundheit und Genesung“, sagt Stella Assange in einem Clip, der in der Nacht zum Dienstag auf YouTube veröffentlicht wurde.
„Es sieht so aus, als würde Julian ein normales Leben leben können“
„Ich bitte Euch, wenn Ihr könnt, einen Beitrag zu leisten und uns beim Übergang in diese neue Phase der Freiheit von Julian zu helfen.“ Das Video wurde den Angaben zufolge bereits am 19. Juni aufgezeichnet. „Wenn Ihr dies seht, heißt das, dass er draußen ist“, erklärte Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson.
Auch die Eltern von Assange zeigten sich erleichtert. „Es sieht so aus, als würde Julian ein normales Leben leben können, mit seiner Familie und seiner Frau Stella, so verstehe ich das“, sagte Assanges Vater John Shipton dem australischen Sender ABC.
Julian Assange: Einigung kommt drohender Auslieferung an USA zuvor
Mutter Christine Assange teilte mit: „Viele haben die Lage meines Sohnes für ihre persönliche Agenda ausgenutzt. Umso dankbarer bin ich jenen ungesehenen, hart arbeitenden Menschen, die Julians Wohlergehen an erster Stelle gehalten hätten.“ Nun wünsche sie sich eine Wahrung ihrer Privatsphäre, erklärte Christine Assange weiter.
Auch die australische Regierung begrüßte das Ergebnis, erklärte jedoch, der Fall habe sich zu lange hingezogen. Assange war zwölf Jahren lang eingesperrt. Sieben Jahre lang fand er Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London, weitere fünf Jahre verbrachte er im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.
Die Einigung erfolgt zwei Wochen vor einer wichtigen Anhörung vor der britischen Justiz ab dem 9. Juli. Bei dem Berufungsverfahren sollte es um die Auslieferung von Assange an die USA gehen. Nach einer Gerichtsentscheidung hatte die britische Regierung im Juni 2022 Assanges Auslieferung zugestimmt. In den Vereinigten Staaten drohten ihm nach dem Spionagegesetz bis zu 175 Jahre Haft. (mit afp)