Der Bundestag hat die Verbrechen der IS-Miliz an der Glaubensgruppe der Jesiden im Nordirak und in Syrien als Völkermord anerkannt.
IS-MilizBundestag stuft Verfolgung der Jesiden als Völkermord ein
Der Bundestag hat die systematische Verfolgung und Ermordung von Jesiden im Nordirak durch die Terrormiliz des „Islamischen Staates“ (IS) als Völkermord anerkannt. Mit den Stimmen aller Fraktionen forderte das Parlament die Bundesregierung am Donnerstag einstimmig auf, die historische und juristische Aufarbeitung der Verbrechen voranzubringen.
Tausende von Jesiden wurden ab August 2014 vom IS aus ihrer Heimat im Nordirak vertrieben, versklavt oder ermordet. Systematisch wurden Frauen und Kinder vergewaltigt. Die Entscheidung des Bundestages sei auch die Annahme des Auftrags, nach denen zu suchen, die weiterhin vermisst und verschleppt sind, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Beobachter gehen von etwa 3.000 Jesiden aus, die weiterhin in der Gewalt der IS-Kämpfer oder vermisst sind.
Annalena Baerbock: Jesidische Opfer sollen Gerechtigkeit erhalten
„Wir können den Völkermord nicht rückgängig machen, aber wir können dafür sorgen, dass die Opfer Gerechtigkeit erhalten, damit der Völkermord nicht vererbt wird“, sagte Baerbock.
Mit der Entscheidung des Bundestages werde „ein neues Kapitel in der Auseinandersetzung und Verarbeitung dieses Horrors“ eingeleitet, sagte der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand (CDU). Er forderte eine internationale Strafverfolgung: „Es darf für diese barbarischen Verbrecher keinen Winkel der Erde geben, an dem sie vor ihrer Strafe sicher sind“, so Brand. Die Anerkennung der Verbrechen als Völkermord sei überfällig, sagte Sevim Dagdelen (Linke).
Der Bundestag stimme fraktionsübergreifend dem Antrag der Ampelfraktionen und der Union zu, denn „das Thema ist größer als wir alle zusammen“, so Dagdelen. Redner aller Fraktionen sprachen sich dafür aus, Jesiden auch weiterhin in Deutschland Asyl-Schutz zu gewähren. Zugleich sollten die Rückkehr Geflüchteter in ihre Heimat ermöglicht und Familien zusammengeführt werden.
Bildungs- und Forschungsangebote zu fördern und ein Archiv- und Dokumentationszentrum einzurichten, sind demnach weitere Anliegen, um neben dem Gedenken auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung in Geschichte, Theologie und Kultur zu stärken. An der Debatte im Bundestag nahm als Gast auch das weltliche Oberhaupt der Jesiden, Hazim Tahsin Saied Beg, teil, der sich derzeit mit einer jesidischen Delegation zu Besuchen in Berlin aufhält. (kna)