Interview mit Ministerpräsident Hans„Niemand darf aus der Krise Kapital schlagen“
- Die Pandemie kann die Union auf lange Sicht stärken, glaubt der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU).
- Im Interview erklärt der 43-Jährige, was er in der Maskenaffäre von seiner Parteiführung erwartet.
Herr Hans, Ihre Partei verliert in Umfragen kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen deutlich an Zustimmung. Was hat die CDU falsch gemacht?
Die Menschen sehen in der Bekämpfung der Pandemie die CDU in der Hauptverantwortung – mit der Kanzlerin an der Spitze, ihren Ministern, aber auch den Ministerpräsidenten der Union. Der lange Lockdown zermürbt die Menschen. Das hat natürlich Auswirkungen auf Umfragewerte. Diese sind aber immer nur eine Momentaufnahme, die positiven wie die negativen.
Inwiefern?
In den vergangenen Monaten war die Zustimmung in den Umfragewerten sehr hoch. Wenn mehr Menschen geimpft sind und wir weiter aus der Pandemie raus sind, werden sich auch wieder viele darauf besinnen, dass die Führung der Union in der Krise gut war.
Wird die persönliche Bereicherung einzelner Abgeordneter bei der Maskenbeschaffung die Union längerfristig Vertrauen kosten?
Der Schaden für die Union ist immens, und das Vertrauen in die Politik ist dadurch erheblich beschädigt worden. Und wir spüren: Ohne Vertrauen funktioniert Politik nicht. Wir kämpfen seit mehr als einem Jahr Tag für Tag gegen die Pandemie und werben Tag für Tag für das Vertrauen in unsere Maßnahmen. Wenn manche unserer Parlamentarier diese Situation dann für ihre persönliche Bereicherung nutzen, ist das absolut inakzeptabel und unmoralisch. Es geht im Kern darum, ob man tatsächlich ein ehrliches Gefühl für das Gemeinwohl hat oder ob es nur eine leere Phrase ist.
Was muss passieren, um solche Fälle zu verhindern?
Es ist richtig, dass Mandate zurückgegeben wurden. Aber wenn wir Vertrauen zurückgewinnen wollen, müssen wir aufklären und Konsequenzen ziehen. Der Verhaltenskodex für unsere Unionsabgeordneten ist richtig. Wir müssen deutlich machen: Niemand darf aus der Krise buchstäblich Kapital schlagen, selbst wenn es legal ist.
Geht es um ein strukturelles Problem in Ihrer Partei?
Es sind Einzelfälle, aber ich bin froh, dass der Parteivorsitzende Armin Laschet und Fraktionschef Ralph Brinkhaus klare Worte gefunden und das Thema zur Chefsache gemacht haben. Dem müssen jetzt auch Taten folgen. Die Betroffenen müssen nicht nur ihr Mandat zurückgeben, sondern sie müssen die Gelder, die sie in unmoralischer Weise entgegengenommen haben, auch zurückzahlen. Nur wenn jetzt dafür gesorgt wird, dass solche Fälle sich nicht mehr wiederholen, können wir damit als Partei auch abschließen. Es ist aber kein strukturelles Problem in der CDU oder der CSU. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind hellauf erzürnt. Es ist deswegen auch nicht vergleichbar mit der Spendenaffäre vor vielen Jahren, die damals strukturelle Probleme in der Union aufgezeigt hat. Trotzdem dürfen wir das nicht hinnehmen, sondern müssen handeln.
Braucht die Partei jetzt die zeitnahe Klärung der Frage, wer Kanzlerkandidat wird?
Die Partei braucht klare Führung, die durch Armin Laschet gegeben ist. Mit der Frage der Kanzlerkandidatur hat das nun wirklich gar nichts zu tun.
Warum ist der CDU-Chef nicht der natürliche Kanzlerkandidat der Union?
Ich glaube, dass weder Armin Laschet als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen noch Markus Söder als Ministerpräsident von Bayern im Moment sehr viele Gedanken an Wahlkampf verschwenden. Wir sind in der schwierigsten Phase der Pandemie und jeder muss jetzt schauen, die Covid-Pandemie möglichst rasch in den Griff zu bekommen. Das hat Priorität. Und im Frühjahr werden wir dann zügig die K-Frage angehen.
Wer ist Ihr Favorit? Armin Laschet oder Markus Söder?
Es muss im Lichte der aktuellen politischen Situation geklärt werden, wer die besten Chancen hat, die Wahl für die Union zu gewinnen. Die Beantwortung dieser Frage ist bei den beiden in guten Händen.
Wie muss sich die CDU für die Nach-Merkel-Zeit aufstellen?
Wir dürfen nicht alles der Pandemie unterordnen. Natürlich erwarten die Menschen, dass wir das Land jetzt gut durch die Krise bringen. Aber sie erwarten auch, dass wir eine Perspektive haben für den Neustart der Wirtschaft. Wir müssen in unserer Kernkompetenz, der Wirtschaftspolitik, zeigen, wo wir hinwollen. Deutschland muss aus der Pandemie die Konsequenz ziehen, überbordende Bürokratie und Zettelwirtschaft zu überwinden und sich innovationsfähig zeigen. Das können wir schaffen. Die Versöhnung von Industrie- und Umweltpolitik muss mit der Union verbunden sein. Das dürfen wir nicht anderen Parteien wie den Grünen überlassen.