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Interview mit Kirchenrechtler„In den nächsten Wochen fällt Entscheidung über Woelki“

Lesezeit 3 Minuten
Schüller Kritik am Gutachten

Thomas Schüller, Theologe und Kirchenrechtler 

  1. Prof. Thomas Schüller lehrt Kirchenrecht an der Universität Münster.
  2. Raimund Neuss hat mit ihm über die Entscheidung des Papstes zum Fall Heße gesprochen.

Was halten Sie von der Entscheidung des Papstes im Fall Heße?

Ich habe sie genauso erwartet. Ich weiß, Opfer werden es Schlag ins Gesicht empfinden, dass der Erzbischof im Amt bleibt. Der Papst hält sich an die katholische Systemlogik: Heße hat Fehler gemacht, sie aber demütig eingestanden. Der reuige Sünder bekommt eine zweite Chance. Einfach wird es für ihn nicht werden, in Hamburg wieder Fuß zu fassen, und mit der Zeugenaussage im Kölner Prozess gegen Pfarrer U. steht ihm ein unangenehmer Termin bevor.

Aber der Papst hat in der Vergangenheit doch reihenweise Bischöfe abgelöst!

Richtig. Der Papst hat auch strafrechtliche Bestimmungen eingeführt, nach denen Bischöfe, die sexualisierte Gewalt vertuschen, ihr Amt verlieren können. Aber Heße wird keine Vertuschung zur Last gelegt, und er hat seine Fehler ja nicht als Bischof begangen. Mir ist kein Fall bekannt, in dem er als Erzbischof von Hamburg im Umgang mit sexualisierter Gewalt etwas falsch gemacht haben soll. Im Wesentlichen waren es Fehler als Personalchef in Köln. Kirchenrechtlich ist die Entscheidung insofern nachvollziehbar. Viel interessanter ist, was in dem Gutachten über die Verhältnisse in Köln steht.

Also letzten Endes über das Agieren des verstorbenen Kardinals Joachim Meisner?

Die Erklärung des Vatikans verweist ja auf den Visitationsbericht, in dem offenbar ausführlich auf die Zustände im Kölner Generalvikariat eingegangen wird. Augenscheinlich wird den Kardinälen Organisationsversagen testiert. Im Fall Heße geht es wesentlich um die Amtszeit Meisners. Einzelne Betroffene berichten positiv über Heße in seiner Zeit als Personalchef, andere sehen sein Verhalten kritischer. Meisner sammelte zwar Akten über Brüder im Nebel, wollte aber nichts damit zu tun haben, der Offizial erwies sich in diesen Angelegenheiten als Totalausfall.

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Über Weihbischof Schwaderlapp und die Kardinal Woelki hat der Papst noch nicht entschieden …

Ich bin mir sicher, dass das jetzt bald passiert. Der Papst will noch im September entscheiden, nach meinen Informationen in den nächsten Wochen. Bei Schwaderlapp ist zu beachten, dass er seine Fehler als Ordinarius gemacht hat, als Stellvertreter des Bischofs, nicht wie Heße in den meisten Fällen als Hauptabteilungsleiter. Die Entscheidung über ihn könnte also anders ausfallen. Dagegen kann ich mir nicht vorstellen, dass Weihbischof Ansgar Puff sein Amt wegen eines einzelnen Fehlers in acht Monaten als Personalchef verliert.

Und Woelki?

Schwer zu sagen. Entscheidend sind hier ja nicht einzelne Fehler, die er ja eingeräumt hat. Der Papst muss hier eine ganz andere Frage prüfen, die pastorale Situation im Erzbistum. Kann ein Erzbischof, gegen den sich ein großer Teil der Geistlichen und Laien gewandt hat, noch zehn bis 15 Jahre lang gedeihlich arbeiten? Ich wage keine Prognose, wie der Papst hier entscheiden wird, aber er wird jetzt schnell handeln.