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EU fordertGesundheits-Fragebogen soll Pflicht für Autofahrer werden

Lesezeit 3 Minuten
Ein ´rosa Führerschein», ein Autoschlüssel, eine Geldbörse und ein Fahrzeugschein liegen auf dem Tisch.

Wer einen rosa Führerschein hat, sollte diesen umtauschen lassen. Ob Senioren fit genug sind, um weiterhin zu fahren, soll künftig bestätigt werden.

Jedes Jahr stirbt rechnerisch eine kleine Stadt auf den Straßen der EU: mehr als 20.000 Menschen. Das will die EU unter anderem durch neue Führerscheinvorgaben ändern. Für Millionen Menschen in Deutschland könnte es künftig neue Regeln geben.

Für eine Verlängerung des Führerscheins müssen Autofahrerinnen und Autofahrer dem Willen der EU-Staaten zufolge künftig bestätigen, dass sie fit genug zum Fahren sind.

Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister einigten sich am Montag zudem darauf, dass ältere Menschen dies nicht zwingend öfter machen müssen als jüngere Fahrer, wie die EU-Staaten mitteilten. Bevor neue Regeln endgültig in Kraft treten können, muss zu dem Vorhaben noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament gefunden werden.

Wissing wurde überstimmt

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Morgen bereits angekündigt, dass er dem Vorhaben nicht zustimmen werde, weil er entsprechende Selbstauskünfte ablehne. Eine Mehrheit für das Vorhaben kam dennoch zustande.

Die Überarbeitung der Regeln geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Die Behörde hatte im März vorgeschlagen, dass Menschen über 70 Jahre künftig alle fünf Jahre entweder eine Selbsteinschätzung zur Fahrtauglichkeit ausfüllen oder sich ärztlich untersuchen lassen sollen. Die EU-Staaten wollen hingegen, dass Führerscheine für Pkw und Motorräder nur alle 10 bis 15 Jahre verlängert werden müssen. Strengere Regelungen für ältere Menschen sind demnach aber möglich. In Deutschland sind solche Führerscheine bisher auf Lebenszeit gültig, während Lkw- und Busfahrer auch schon bisher ihre Lizenz regelmäßig unter Nachweis der gesundheitlichen Eignung verlängern lassen müssen. Künftig soll für die Erneuerung aller Führerscheinen geprüft werden, ob Inhaberinnen und Inhaber noch körperlich und geistig in der Lage sind, zu fahren. Dabei geht es etwa um Einschränkungen wie Sehschwächen, Herzerkrankungen, Epilepsie oder Alkoholismus, die auch für andere Menschen im Verkehr eine Gefahr darstellen. Ob die eigene Sehkraft oder das Trinkverhalten ein Risiko darstellen, muss aber keine Ärztin oder Arzt untersuchen. Jedes Land kann sich dafür entscheiden, lediglich eine Selbstauskunft zu verlangen.

Darüber hinaus wollen auch die EU-Staaten, dass eine Probezeit und begleitetes Fahren ab 17 Jahren EU-weit zum Standard werden. Auch einen digitalen Führerschein wollen die EU-Staaten.

Debatte über Risiken bei Senioren

Mit der Überarbeitung der EU-Führerscheinregeln gab es in Deutschland auch wieder eine große Debatte, ob ältere Menschen im Straßenverkehr ein Risiko darstellen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat lehnt eine mögliche verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senioren als unverhältnismäßig ab. Ältere Menschen hätten im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil eine unterproportionale Unfallbeteiligung. Diese Ansicht vertritt auch Wissing.

Diese Argumentationslinie geht nach Ansicht von Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, aber am Kern vorbei. Zwar stellten Seniorinnen und Senioren in absoluten Zahlen kein überhöhtes Unfallrisiko da. Diese würden aber viel weniger Auto fahren. Auf die Kilometerfahrleistung bezogen sei das Unfallrisiko von Menschen über 75 Jahren in bestimmten Aspekten vergleichbar mit der Hochrisikogruppe der sehr jungen Fahrerinnen und Fahrer.

Wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden von Montag hervorgeht, haben ältere Autofahrer häufiger die Hauptschuld als jüngere, wenn sie an Unfällen mit Personenschaden beteiligt sind. Der Statistik zufolge waren Menschen ab 65 Jahren vergangenes Jahr in mehr als zwei Dritteln dieser Fälle (69 Prozent) die Hauptverursachenden.

Brockmann schlägt als Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit verpflichtende Fahrten für ältere Menschen mit Profis aus. Diese könnten dann eine Rückmeldung zu deren Fahrverhalten geben, ohne aber die Möglichkeit zu haben, Menschen den Führerschein wegzunehmen.

Digitaler Führerschein in Sicht

Die EU-Staaten einigten sich auch darauf, dass es künftig auch einen digitalen Führerschein geben soll, den man auf dem Handy abspeichern kann. Dieser soll kostenlos abgerufen werden können. Laut Kommissionsvorschlag soll es aber weiterhin eine physische Version der Fahrerlaubnis geben.

Die Verhandlungen über die neue Richtlinie sollen noch vor den Europawahlen im kommenden Jahr abgeschlossen. Die EU-Staaten hätten dann drei Jahre Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. (dpa)