Asow-Kommandeure wieder freiGrößter Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn
Moskau/Kiew – Die Ukraine hat am Mittwoch den größten Gefangenenaustausch mit Russland seit Beginn des Krieges Ende Februar verkündet. „Wir haben es geschafft, 215 Menschen zu befreien“, sagte der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, im Fernsehen.
Wie Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Ansprache mitteilte, habe Russland im Austausch 55 Gefangene erhalten, darunter Wiktor Medwedtschuk, ein ehemaliger ukrainischer Abgeordneter und Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Gefangenenaustausch: Führende Köpfe des Regiment Asow frei
Laut Selenskyj waren unter den Freigelassenen auch Militärbefehlshaber, die an der Verteidigung des Asow-Stahlwerks in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol beteiligt waren. Sie seien in einer lange vorbereiteten Aktion in die Türkei gebracht worden. Die Freigelassenen würden „in vollständiger Sicherheit“ bis zum Ende des Krieges dort bleiben, erläuterte Selenskyj.
Welche Bedeutung die Nachricht des Austausches für viele Menschen in der Ukraine hat, macht ein Tweet der ukrainischen First Lady, Olena Selenska, klar: „Der Tag, auf den die ganze Ukraine gewartet hat. Der Tag, der 215 Familien unserer Helden das Glück zurückbrachte. Die Gedanken und die Freude von Millionen Ukrainern sind heute bei ihnen. Wir sind dankbar. Dankbar für die Leistung, für die Unbezwingbarkeit, für die Ukraine!“
Diskussionen im Netz nach Freilassung von Asow-Soldaten
In den sozialen Netzwerken wird der Deal heiß diskutiert. Vor allem der Austausch der führenden Asow-Soldaten, gegen die Schauprozesse in Russland geplant waren, sorgt für Überraschung und Spekulationen um Putins Motive bei dem Austausch.
„Auf der einen Seite werden die Scheinreferenden in den besetzten Gebieten organisiert, auf der anderen werden die verhassten Asow-Kommandeure befreit... für mich ergibt die russische Vorgehensweise wenig Sinn“, twittert ein Nutzer.
Ein anderer Nutzer mutmaßt, dass unter den ausgetauschten Personen russische Piloten sein sollen, die Putin dringend brauche. Ein offizielles Statement zum Austausch gab es von russischer Seite nicht.
Kriegsgefangene nach Saudi-Arabien und in die Türkei gebracht
Im Rahmen des Gefangenenaustausches wurden neben den in die Türkei gebrachten Kriegsgefangenen insgesamt zehn weitere aus fünf Ländern aus Russland nach Saudi-Arabien gebracht. Fünf der Freigelassenen stammen aus Großbritannien, zwei aus den USA und jeweils einer aus Schweden, Kroatien und Marokko.
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Die britische Premierministerin Liz Truss nannte die Nachricht auf Twitter „sehr willkommen“. Zu den Freigelassenen soll ein 28-jähriger Brite gehören, der in einem Schauprozess wegen Söldnertums zum Tode verurteilt worden war. Auch gegen die weiteren Briten sollen Schauprozesse geplant gewesen sein.
Erdogan bezeichnete die Gefangenen als „Geiseln“, nannte sonst aber keine Einzelheiten. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hatte sich laut Berichten der Staatsmedien am Dienstag mit einem Sondergesandten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. (pst mit afp)